31. März 2009

Der Klingelbeutel: Plaxico muss rein, Vick kommt raus

Mr. Plaxico Burress hat eine Frist bekommen, in der er die frische Luft da draußen in New Jersey noch ein bisschen genießen kann. Der Wide Receiver der New York Giants, der sich neulich mit einer illegal herumtransportierten Schusswaffe in einer Kneipe ins eigene Fleisch schoß, muss mit Gefängnis rechnen. Alles sieht nach einem Geständnis und einer Vereinbarung mir der Staatsanwaltschaft aus (plea bargaining). Einen Prozess will der Footballprofi wohl nicht riskieren.

• Mr. Michael Vick wird demnächst (im Mai) das Gefängnis verlassen können, weil er seine Strafe wegen Tierqäulerei abgesessen hat. Heute lief die Meldung über eine Einigung zwischen ihm und seinem alten Team, den Atlanta Falcons, über den Ticker. Der Club erhält Geld von ihm. Viel Geld: 6,5 Millionen Dollar. Auf diese Weise kommt der Quarterback aus seinem alten Vertrag heraus und kann seine Dienste anderen Mannschaften in der NFL anbieten. Für diese Dienste rechnet er mit einem Salär von 10 Millionen Dollar pro Jahr. Davon müsste er allerdings einen erheblichen Teil bei seinen Schuldnern abliefern. Er hatte vor einer Weile privat Konkurs angemeldet, weil er zahlungsunfähig wurde.

• Es gab den Pferdeflüsterer in Buchform und dann mit Robert Redford im Kino (nicht zu vergessen mit einer gewissen Scarlett Johansson, deren riesiger Schmollmund quasi über allem schwebte). Dann kam der Dog Whisperer, der Hundebesitzern hilft und auf einem Kabelkanal tief hinten im Sendergestrüpp einen Köter nach dem anderen an die Kandarre nimmt. Die nächste Flüstertüte ist ein ehemaliger Anwalt ohne brauchbare sportliche Erfahrung, dem einige NBA-Profis trauen, wenn sie ihr Spiel verbessern wollen. Ihn nennt man den Hoops Whisperer. Seine Methoden sind noch unkonventioneller als die des Nowitzki-Mentors Holger Geschwindner. Und das will was heißen. Ausgegraben hat ihn das Wall Street Journal. Zu seinen Kunden gehören: Carmelo Anthony (Denver Nuggets), Jason Richardson (Phoenix Suns) und Gilbert Arenas (Washington Wizards), um den es zuletzt etwas sehr still geworden ist. Idan Ravin heißt der Zauberer.

• Im Internet sind noch Stellen frei. Auch für Sportschreiber, die bei den Printerzeugnissen keine Zukunft mehr sehen. AOL Fanhouse hat gerade sechs Leute angestellt.

Kaum zu glauben, aber wahr

Wenn es die Abteilung "Zeichen und Wunder" hier gäbe, wäre dies ein guter Beitrag: Ein rumänischer Stürmer erklärt dem Schiedsrichter, dass sein Sturz im Strafraum kein Foul war und überzeugt ihn, den verhängten Strafstoß wieder zurückzunehmen.
(via The Offside)

29. März 2009

Auf Socken rocken

Für Leute, die schon die erste Lip-Sync-Version des Bob-Seeger-Songs aus dem Tom-Cruise-Film Risky Business daneben fanden, mit dem die Firma Guitar Hero sich vor ein paar Monaten viral in Szene setzte, gibt es jetzt die Steigerung: Noch mehr daneben (oder sagt man da vielleicht sogar: danebener?). Coach K (Duke und US-Nationalmannschaft) sowie Basketball-Zampanos aus dem College wie Bob Knight (zuletzt bei Texas Tech, jetzt bei ESPN), Rick Pitino (Louisville, heute als hoher Favorit vorgeführt worden und ausgeschieden) und Roy Williams (North Carolina, ziemlich sicher nächste Woche der Titelgewinner) alle in kurzen Hosen und auf Socken und mit unbewegten Mienen. Der Witz besteht angeblich darin, dass sie Metallica-Songs spielen sollen, was natürlich bei Leuten aus dieser Generation eine konsternierte Reaktion hervorruft. Worauf man besonders achten sollte, sind die Frisuren der vier, die auch sonst so etwas wie Teil ihres Images sind. Zusätzlich zu den schlecht gelaunten Gesichtern.

Echo aus der Ferne

In American Arena stand am 26. März die Geschichte über einen NFL-Profi, der in Texas von einem Polizisten daran gehindert wurde, ein letztes Mal seine sterbende Schwiegermutter im Krankenhaus zu sehen. Einen Tag später hatten dann auch stern.de und die Schweizer 20 Minuten das Thema entdeckt. Mit dieser Reaktion konnte man aber trotzdem nicht rechnen. Die Webseite von CBS News berichtet:
"Though the police chief and the department apologized Thursday, indignant calls keep pouring in. Hundreds of complaints have come in from across America and even one reportedly from Germany."
Ein erboster Anrufer sogar aus Deutschland.... Die Globalisierung schreitet voran.
Der Polizist scheint um seinen Job zu fürchten und hat deshalb einen Anwalt eingesetzt, der seine Entschuldigungsarie in die Medien trägt.

Das wird aber auch allerhöchste Eisenbahn. Denn interessanterweise hat sich die Frau eines anderen NFL-Profis gemeldet und erzählt, wie sie im letzten Jahr vom selben Ordnungshüter behandelt wurde, als sie an einer Stelle mit ihrem Auto wendete, an der das nicht erlaubt war. Fünf Knöllchen und drei Stunden im Gefängnis in Handschellen war die Behandlung, die ihr zuteil wurde.

28. März 2009

Nicht ganz ohne?

Wir sollten davon ausgehen, dass die Diskussionen um die Tennisspielerin Sarah Gronert erst angefangen haben. Erstens, weil sie noch sehr weit unten in der Weltrangliste steht. Und zweitens, weil sie noch nicht so stark von internationalen Medien wahrgenommen wurde. Obwohl: Das scheint sich in diesen Tagen gerade zu ändern. Da war neulich diese Geschichte in der New Yorker Boulevardzeitung Daily News, in der solche Wörter die Überschrift bestimmten: "embroiled" (verwickelt), "controversy" (Kontroverse) und "German" (Deutsch) – wie aus einem Rezept aus dem Kochbuch des schlechten und anrüchigen Geschmacks. Dabei hat die WTA, die den Profitennissport der Frauen organisiert, ganz offensichtlich bereits die Frage beantworten können und sinngemäß gesagt, dass Gronert in die einst von Nina Hagen benannte Kategorie gehört: "unbeschreiblich weiblich". Übrigens so und so und so sehen Frauen im Tennis aus, bei denen niemand auf die Idee käme, den Chromosomensatz in Frage zu stellen.

Kampf um jeden Soundbite

March Madness hat ein erstes prominentes Opfer: den Trainer der University of Kentucky, der seinen Job verlor, nachdem die Mannschaft nicht nur die 65 Plätze im K.O.-Turnier um die NCAA-Mannschaft verpasste, sondern auch noch früh im Trostprogramm namens NIT ausschied. Billy Gillispie hatte keine Lust, mit den Fernsehjournalisten zu reden und lief ihnen davon. Solch ein Manöver sieht manchmal sehr bizarr aus. Zum Video selbst: Es wird mit einem Kommentar zweier anderer Fernsehvögel eingeleitet, die offensichtlich das Gefühl hatten, dass es ihre Kollegen ein wenig übertrieben hatten. Nun sollte man aber über Kentucky und seine Beziehung zum Basketball wissen: Es ist seit Jahrzehnten eine Hochburg des Sports. Dort hat man Ansprüche. Innerhalb des Bundesstaats hat Louisville der Konkurrenz so deutlich den Rang abgelaufen, dass der Sportdirektor nicht länger tatenlos bleiben konnte. Louisville ist hoher Favorit auf den Titel. Und drittens: Kentucky hat abgesehen von der Pferdezucht und dem Derby nicht viel zu bieten, worauf sich die übersteigerte Neugier der örtlichen Sportfans fixieren könnte. Enjoy.

(via Online Sports Guy)

Nachtrag: Inzwischen hat sich Gillispie in einer Pressekonferenz zu Wort gemeldet. Im Hintergrund brodelt ein anderes Thema: Stehen ihm die 6 Millionen Dollar für den Rest aus seinem Vertrag zu? Oder kann die Universität ihn dazu zwingen, auf einen Teil des Geldes zu verzichten?

Was hatte unser Ur-Kentuckyianer Kige Ramsey zu dem Vorgang zu sagen? Er war nicht überrascht. Und er hat schon drei Namen für die Nachfolge ins Gespräch gebracht.

Weinreich vs. DFB: So weit, so gut

Jens Weinreich hat es bereits vor einer Weile vermeldet, und einige Online-Medien haben nachgezogen: Der Rechtsstreit zwischen ihm und Theo Zwanziger und dem DFB ist beendet. Die unmittelbare Reaktion bei vielen Interessierten war, sich zu fragen: Wer hat gewonnen und wer hat verloren? Oder werten wir das Ganze als Remis?

Das ist die typische Betrachtungsweise von Kommentatoren vor allem im Fernsehen, wo man gerne gleich nach Ereignissen wie Wahlen alles auf einen einfachen Nenner zuspitzen will. Ich verstehe den Reflex, und doch finde ich ihn nicht besonders hilfreich. Schon gar nicht in diesem Fall, bei dem man sich Zeit nehmen sollte und mit den Details beschäftigen. Was ziemlich einfach ist. Denn Jens Weinreich hat sie ausführlich und mit der ihm eigenen konsequenten Transparenz auf seiner Webseite dargestellt.

Wer sich diese Details genauer anschaut, wird feststellen, dass Metaphern aus dem Fußball nicht annähernd wiedergeben, was im Rahmen der Auseinandersetzung passiert ist.

Ich darf also noch einmal daran erinnern, was Jens Weinreich erlebt hat (und wir durch ihn dank seiner Bloggeraktivitäten herausgefunden haben). Manches daran wird nicht neu klingen, weil ich es so oder so ähnlich schon einmal formuliert habe. Aber das bedeutet nicht, dass man bei dieser Gelegenheit darüber hinwegsehen sollte.

Zu den Kernerfahrungen gehört:

1. Man kann sich gegen ungerechtfertigte Angriffe eines mächtigen Verbandes sehr wohl zur Wehr setzen. Selbst gegen eine so massive Maschine im Machtkomplex des Sportgeschäfts wie den DFB, der offensichtlich zum ersten Mal ziemlich konsequent testen wollte, ob man und wie man einen einzelnen (freien) Journalisten effektiv platt machen kann. (Ich sehe deshalb gerade in dieser Passage der gemeinsamen Presseerklärung eine besondere Ironie. Wenn der DFB ausdrücklich erklärt, dass er "zu keinem Zeitpunkt [Weinreich] in seiner Arbeit als kritischer Sportjournalist behindern wollte", dann heißt das zumindest, das dieser Verdacht legitim war.)

2. Die Blogger-Öffentlichkeit spielt eine wachsende Rolle im Medienalltag, wozu auch die Setzung und das Durchsetzen von Themen gehört, die die Etablierten sonst ignorieren würden. Dieser Fall hat diesen Tatbestand ganz deutlich gemacht.

3. Kritische Haltung im Sportjournalismus gegenüber dem Gegenstand (und die dazugehörigen Informationen) sind Teil einer Dienstleistungsethik, die von einem ständig größer werdenden Publikum honoriert wird. Also wie beim sogenannten Kartoffeltheorem, das da lautet: „Nun sind die Kartoffeln da, nun werden sie auch gegessen“. So gibt der nicht ganz zuverlässige, aber zu Orientierungszwecken durchaus nützliche Zähler beim Blog-Sucher auf google.de mehrere tausend Fundstellen an, wenn man den Namen "Jens Weinreich" eingibt. Das sind Fundstellen, die dokumentieren, wie viele Menschen die Auseinandersetzung nicht nur wahrgenommen, sondern aufgegriffen und sich mit ihrem Publikum darüber ausgetauscht haben. Ich hoffe doch sehr, dass demnächst eine Doktorarbeit geschrieben wird, die diesen in die Tiefe und die Breite gegangenen Vorgang erfasst, beschreibt und auszählt.

4. Dieses Echo entspricht jener Stimmung, die Weinreichs Spendenaufruf produzierte: Fast tausend Spender und eine Summe, die zumindest seine Anwalts- und Gerichtskosten zu decken in der Lage war. Dieses Maß an ganz praktischer Solidarität gehört zu den neuen Stärken dieses ganz besonderen und sehr geschätzten Publikums. Da werden Umrisse einer funktionierenden Gegenöffentlichkeit erkennbar.

5. Aber auch das gehört zu den Erfahrungen: Als größte Überraschung empfinde ich die Reaktion (oder besser Nicht-Reaktion) auf den Vorgang aus dem Verband Deutscher Sportjournalisten (VDS), der offensichtlich einen solchen Musterfall weder zum Anlass nimmt, intern die Lage der Berufsgruppe zu reflektieren noch weitergehende Lehren zieht. Zu den weitergehenden Lehren gehört nach meiner Ansicht unter anderem der Bedarf für einen Solidaritätsfonds, der in einer Organisation mit so vielen Mitgliedern aus Beiträgen finanziert werden könnte. Niemand erwartet, dass mit einem Fonds auch Nichtmitglieder (wie Weinreich oder ich – er ist ausgetreten, ich war nie drin) unterstützt werden. Aber was ist, wenn ein muckraker aus dem eigenen Verein in die Bredouille kommt? Sollte dem nicht ganz praktisch unter die Arme gegriffen werden? Wo doch die Stellenstreichungen grassieren und bald noch mehr Freie um ihre Existenz kämpfen...

6. So wie es in diesem Fall nie nur um Jens Weinreich und seine ganz persönliche Meinungsfreiheit gegangen ist, so geht es auch in anderen zukünftigen Auseinandersetzungen mit dem Machtkomplex Sport nie nur um den Einzelfall. So kann man bei der Attacke gegen die Hartplatzhelden eine ähnliche Tendenz erkennen. Diesmal argumentiert eine Nebenstelle des Kartells, das offiziell als steuerbefreiter eingetragener Verein daherkommt, mit dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Eine geschickte Zangenbewegung, die von zwei Gerichten akzeptiert wurde. Ich konnte inzwischen die OLG-Urteilsbegründung lesen und muss sagen: scary. Darin bezeichnet das Oberlandesgericht Stuttgart die Videoausschnitte von Amateurspielen, wie sie die Hartplatzhelden in ihrem Portal zeigen als "rechtswidrig entstandene Aufnahmen" und sieht keinen tiefgreifenden Unterschied zwischen Wettbewerb und unlauterem Wettbewerb.

Noch eine etwas persönlicher gefärbte Anmerkung: Ich habe eine Einigung zwischen Jens Weinreich und dem DFB schon vor mehreren Monaten für sinnvoll gehalten (und das im privaten Rahmen auch gesagt) und bin deshalb auch froh, dass es sie nun gibt (unabhängig von den Details der tatsächlichen Übereinkunft, denn es gibt immer das eine, was man will, und das andere, was man kann). Unsere Rolle als kritische Berichterstatter und unser Erfolg in der Sensibilisierung anderer für eine kritische Haltung gegenüber den Oligarchen im Sport zeigt sich vor allem in der Breite und nicht in der Spitze. Wenn ein einzelner Fall drei Jahre die Gerichte und die Öffentlichkeit beschäftigt, wirkt das mit ihm verbundene Thema im Laufe der Zeit nur noch kleinkariert. Leider. Aber wer wollte bezweifeln, dass es im auf schön und allgemeinwohlig machenden organisierten Fußball (und im Rest vom Sport) nicht noch mehr aufzuzeigen und zu kritisieren gibt.

Das wäre alles ganz anders, wenn die vorhandenen formaldemokratischen Strukturen das leisten würden, was sie leisten sollen: eine Kontrolle jener Leute, die sich bis ganz nach oben gehangelt haben und dort ihre persönlichen Interessen und den pompösen Gestus ihres Lebensstils durchsetzen. Aber das tun sie nicht.

26. März 2009

Schwägerinnen sind gefährlich

In diesem Land sagt man oft: You win some, you lose some. Den Spruch kennt auch Martin Brodeur, der Eishockeytorwart, über den wir vor ein paar Tagen berichtet haben. Er besagt nichts anderes als: Man kann nicht alles haben. In seinem Fall heißt das: Man kann nicht eine Frau haben und zur gleichen Zeit mit deren Schwester ein Verhältnis. Oder zumindest nicht, wenn die Frau etwas dagegegen hat und die Scheidung einreicht. Die Rechnung hat Brodeur jetzt bekommen. Sie lautet auf: 500.000 Dollar Unterhalt jedes Jahr bis 2020 für die Ex. Dazu 132.000 Dollar Unterhalt pro Jahr für das gemeinsame Kind, plus 9 Millionen Dollar an Werten aus dem Zugewinntopf. Der Goalie hätte gerne weniger geblutet. Nun muss er vielleicht doch noch etwas länger zwischen den Pfosten stehen als geplant. Was jene Statistik, in der er den ersten Platz übernommen hat, hinterher auf ewig sein machen wird.

Ansonsten: Nun muss aber bald mit den Beiträgen über NHL-Goalies Schluss sein. Sie sind zwar sicher die interessanteren Persönlichkeiten in diesem wilden Spiel. Aber es gibt ja auch noch andere. Die Playoffs fangen in ein paar Tagen an. Leider ohne Marco Sturm, der einst nach Boston getradet wurde und eine hundsmiserable Leistungsebene vorfand. Inzwischen ist das Team die Nummer eins im Osten. Aber er wurde neulich so schwer verletzt, dass er den Rest der Saison ausfällt. Allerdings: Sollten die Bruins den Pott holen, ist das auch sein Verdienst. Und so wäre es nur gerecht, wenn der Stanley Cup Bayern Station macht (getreu der Tradition, dass jeder Spieler ihn für kurze Zeit mit nach Hause nehmen darf).

Beschwerden werden nicht entgegengenommen

Der Schweizer Nationaltorhüter Martin Gerber, der vor einer Weile von den Ottawa Senators an die Toronto Maple Leafs abgegeben wurde, kommt mit seiner NHL-Karriere nicht so richtig weiter. Bei seinem ersten Club in Anaheim saß er meistens auf der Bank. Bei seinem zweiten nahm ihm ein jüngerer Kollege den Stammplatz weg – ausgerechnet in dem Jahr, in dem die Carolina Hurricanes den Stanley Cup gewannen. Der Wechsel nach Ottawa lohnte sich zumindest finanziell. Aber sportlich ging es immer wieder rauf und runter. Die Senators entließen ihn in diesem Frühjahr aus dem Anstellungsverhältnis (über einen sogenannten Waiver). Und so landete er in Toronto. Jetzt hat er dort einen Schiedsrichter angemacht. Und auch das wirkt nicht wie heilende Medizin. Im Gegenteil. Die ehrpusseligen Kanadier betrachten so etwas eher als schlechtes Benehmen. Man beschwert sich nicht über Fehlentscheidungen. Man nimmt sie hin.

Die Maple Leafs haben übrigens kaum noch eine Chance auf die Playoffs und können sich allenfalls über eines freuen: Sie stehen derzeit einen Punkt besser als Ottawa, wo es rund um die Trade-Deadline neulich einige Geräusche um den Münchner Christoph Schubert gab. Er wurde jedoch nicht abgegeben. Sein Gehalt ist so niedrig, dass man ihn lieber behalten wollte. Der Verzicht auf Gerber war hingegen eine erhebliche Sparmaßnahme.

Die Ampel war rot

In dieser Geschichte über einen Polizisten aus Texas, der einen Autofahrer vor einem Krankenhaus anhält und so verhindert, dass er seine Mutter Schwiegermutter noch einmal sieht, ehe sie stirbt, steht nichts über die Hautfarbe des Autofahrers. Weshalb ich mal bei Google die Bilder durchgegangen bin. Dachte ich es mir doch. Da nützt es dann auch nichts, dass man NFL-Profi ist und relativ bekannt.

Nachtrag: Der Polizist wurde von seinen Chefs beurlaubt. Er ist 25 und seit drei Jahren dabei. Es gibt Videoaufzeichnungen von der Geschichte, die mit der Kamera aufgenommen wurde, die in den Polizeiautos eingebaut ist. Sie zeigen, dass Moats außerordentlich geduldig blieb, trotz der extremen Drohungen.

25. März 2009

Schwarz vor den Augen

...und dann war da noch die Verantwortliche für Volleyball von der University of Southern California, die am Strand in Panama City in Florida plötzlich während eines Live-Fernsehinterviews bewusstlos wurde und umfiel. Zur Zeit ist Spring Break in Amerika. Und Panama City gehört traditionell zu den Hochburgen, in denen extrem getrunken und extrem lange gefeiert wird. Ob dass der Grund war, haben die Fernsehleute nicht ermittelt. So sind sie eben: In Winnenden stürmen sie eine ganze Stadt auf der Suche nach Informationen, die es nicht gibt. Aber wenn jemand neben ihnen umkippt, schalten sie weg. Das muss so sein wie bei Leuten, die nicht hinschauen können, wenn ihnen jemand eine Spritze in die Vene sticht, aber im Kino nicht nahe genug an der Leinwand sitzen können, wenn geballert und gemordet wird.

(via Deadspin)

NFL-Saison: Demnächst mehr Spiele?

Die NFL hat sich im Laufe der Jahre zu einer ziemlich aufgeblähten Liga entwickelt. Bei ihrer Gründung 1933 hatte man zehn Clubs:

New York Giants
Chicago Bears
Green Bay Packers
Pittsburgh Steelers
Chicago Cardinals
Philadelphia Eagles
Boston Redskins
Brooklyn Dodgers
Cincinnati Reds
Portsmouth (Ohio) Spartans
Und das war's. Heute hat man 32. Die letzte Aufstockung brachte mit den Texans ein Team nach Houston, wo zuvor die Oilers abgewandert waren und sich in Nashville als Tennessee Titans rekonstituierten.

Nach der Zusammenlegung von National Football League und American Football League anno 1966 sah die Liste so aus:
NFC

New York Giants
Chicago Bears
Green Bay Packers
Detroit Lions
Dallas Cowboys
Washington Redskins
Los Angeles Rams
Sa Francisco 49ers
Minnesota Vikings
St. Louis Cardinals
Philadelphia Eagles
Atlanta Falcons
AFC

Cleveland Browns
Pittsburgh Steelers
Baltimore Colts
Miami Dolphins
Kansas City Chiefs
New York Jets
Oakland Raiders
San Diego Chargers
Denver Broncos
Houston Oilers
Boston Patriots
Buffalo Bills

Das waren insgesamt 24 Clubs.

Der Spielplan konnte mit der Entwicklung nicht annähernd Schritt halten. Zuletzt wurde auf 16 reguläre Begegnungen erhöht, was bedeutet, das sich manche Teams jahrelang nicht über den Weg laufen. Denn von den 16 Partien trägt jede Mannschaft in jeder Saison jeweils zwei gegen die Gegner in der eigenen Division aus. Das ist gut für das Konzept einer gewachsenen Dauerrivalität, aber mehr auch nicht. Eine vernünftige Tabelle ermittelt man anders: Etwa so wie im europäischen Fußball, wo eine 18-Club-Liga wie die deutsche auf 34 Spieltage kommt.

Sollte die NFL dem Wunsch von Commissioner Roger Goodell folgen und auf 17 oder sogar 18 Spieltage aufstocken, wäre man davon noch immer meilenweit entfernt, aber man hätte etwas anderes erreicht. Man würde mehr Spiele im Fernsehen zeigen können und so die kommenden Vertragsverhandlungen mit den Networks mit einem Programmangebot unterfüttern können. Der Commish will übrigens nicht das Pensum der Spieler erhöhen, sondern im Ausgleich die Zahl der Vorbereitungsspiele reduziert sehen. Das kann man verstehen. Denn dafür interessiert sich kaum ein Mensch.

Natürlich bleibt die – rein theoretische – Frage interessant: Weshalb wird die Saison nicht einfach noch mehr in die Länge gezogen? Zumindest im Frühjahr, ehe die Playoffs in der NBA und der NHL stattfinden und im College-Basketball die March Madness ausbricht, gibt es noch Luft. Die Antwort kenne ich nicht, aber ich denke mal, sie wird auch etwas damit zu tun haben, dass amerikanische Liga-Manager instinktiv verstehen, dass es gar nicht unbedingt darum geht, die Zuschauer mit etwas zu überfüttern, was ihnen gefällt. Verknappung und lange Pausen zwiaschendurch haben durchaus etwas für sich. Sie erhöhen die Vorfreude der Fans auf eine neue Saison.

Der Klingelbeutel: Schluck aus der Pulle

• Der Schlüsselbeinbruch von Lance Armstrong, den er sich am Montag bei einem Sturz in Spanien zugezogen hatte, ist etwas komplizierter als zunächst diagnostiziert und muss operiert werden. Trotzdem will der Amerikaner den Giro fahren.

• Kai Pahl von allesaussersport twittert schon wieder mit einer Energiestufe, als wäre ihm im Krankenhaus in Hamburg ziemlich langweilig. Der Mann, der unter dem Aliasnamen dogfood bloggt, hat zwar bisher nur angedeutet, wie massiv der Eingriff war, dem er sich unterziehen musste. Aber aus den Andeutungen lässt sich schlussfolgern, dass es keine simple laparoskopische Operation gewesen ist, wie sie bei schlichteren Gallenproblemen vorgenommen wird. Der Mann, dessen Blog-Motto lautet "Gepinkelt wird nur in der Halbzeit", hat im Hospital eine neue Erfahrung gesammelt. Gepinkelt wird da nach Operationen vor allem im Bett – in eine sogenannte Urin-Ente. Und zwar auch dann, wenn plötzlich Besucher ins Zimmer kommen. Abgesehen von solchen Situationen: Weiterhin gute Besserung von dieser Stelle aus.

• Die Parallele, die Klaus Höltzenbein in der Süddeutschen Zeitung zwischen den Problemen im Profisport und denen in der Finanzindustrie skizziert hat ("...beide Geschäftsmodelle wucherten über viele Jahre hinweg nahezu unkontrolliert: das Modell der Banker, das niemand mehr verstand, und das der Sportfürsten, die das obskure Privileg genossen, sich untereinander kontrollieren zu dürfen - ohne Furcht vor Prüfung von außen"), hat mehr Aufmerksamkeit verdient. Vielleicht nicht sofort, denn Wall Street und seine Satelliten weltweit absorbieren momentan ein erhebliches Maß an Energie und Aufmerksamkeit (und Geld). Aber möglichst bald. Vermutlich befindet sich der Sport in einem weit schlimmeren Zustand als AIG und Konsorten, deren Fehlleistungen allmählich immer klarer werden (ich habe just zu dem Thema einen Beitrag für das Magazin FELDHommes geschrieben, das in ein paar Tagen an die Kioske kommen wird). Denn es mangelt an einem Minimum an Aufsicht. Pleitegeier sind bereits im Anflug. Hübsch die Nachricht aus Arizona von den Phoenix Coyotes, die (noch) in der NHL spielen. Da gibt man inzwischen auf die kurioseste Art und Weise Eintrittskarten ab. Zum Beispiel an Leute, die eine Flasche Wodka kaufen.

• Japan hat das Länderturnier namens World Baseball Classic gewonnen, das ein paar Trends andeutete: Kuba hat nachgelassen. Und die Niederlande sind in der Lage, eine Mannschaft wie die aus der Baseball-Hochburg Dominikanische Republik zu schlagen. Sogar zweimal. Über die amerikanische Mannschaft muss man nicht viele Worte verlieren. So kurz vor Beginn der Saison in der MLB nimmt kaum jemand den Wettbewerb ernst. Nicht die guten Spieler. Und auch nicht das Publikum. Ja, wenn A-Roid gespielt hätte....

• Witali Klitschko hat sich mit seinem Sieg vom Wochenende wieder in den USA ins Gespräch gebracht. Das müde Box-Business braucht dringend Buzz. Aber eine solche Diskussion wird solche Geräusche wohl nicht provozieren.

23. März 2009

Wer schreibt, der bleibt

Ehrlich wehrt am längsten? Die Washington Post hat einen neuen Baseball-Schreiber angeheuert, dessen Aufgabe es ist, tagtäglich über eine der schlechtesten Mannschaften in Major League Baseball zu schreiben. Eine Mannschaft, die einen extrem niedrigen Fan-Pegel hat. Und was erzählt der Journalist im Rahmen eines Interviews den Leuten? Dass er "nichts für Sport übrig" hat und sich schämt, über das Team zu schreiben. Hunderte von Sportbloggern müssen mit den Hufen gescharrt haben, als sie das gelesen haben (via Deadspin). Denn die würden sich vermutlich trotz alledem mit Begeisterung auf den gut bezahlten und sicheren Job einlassen und eine positive Einstellung an den Tag legen.

Aber womöglich läuft Chico Harlan in seiner naserümpfenden Stimmung noch zu Hochform auf. Die Washington Post gehört nicht von ungefähr zu den angesehenen Zeitungen des Landes. Auch ihr Sportteil hat viele Talente hervorgebracht. Wozu auch der Top-Journo-Blogger Dan Steinberg gehört.

Geschichten vom Waschlappen

Vor ein paar Tagen stand eine ziemliche brave Geschichte in der New York Times aus Vail, wo ein Reporter der Zeitung Baseballprofi Alex Rodriguez kurz nach seiner Hüftoperation in einem Restaurant abgepasst hatte. Der höchstbezahlte Sportler Amerikas war nicht erfreut, dem Medienmann über den Weg zu laufen. Vail, das Skisportmekka in Colorado, in dem die Stadtplaner gezielt für ein Alpen-Styling gesorgt haben, liegt weit vom Schuss. Er muss gehofft haben, endlich mal seine Ruhe zu haben.

Aber das wird dem Third Baseman der New York Yankees auch weiterhin nicht vergönnt sein. Nachdem er vor ein paar Wochen zu Beginn des Spring Training in Florida eingestehen musste, dass er mehrere Jahre lang Anabolika genommen hatte, wurde jetzt bekannt, dass er lange Kunde eines Prostituiertenrings war. Eine Firma, die vor einem Jahr in den Schlagzeilen war, als bekannt wurde, das auch der Gouverneur des Staates New York sich dort mit jungen Frauen versorgte. Elliot Spitzer trat von seinem Amt zurück.

Die Verwicklung in Prostitution ist gewöhnlich nicht mehr als ein PR-Dilemma, auch wenn sie im Staat New York theoretisch strafbar ist. Denn die Staatsanwälte jagen gewöhlich nur hinter den Frauen her. Es genügt ihnen, wenn sie die männlichen Kunden auf andere Art bestrafen: zum Beispiel durch öffentliche Bloßstellung. Wozu unter anderem auch der simple Sachverhalt gehört: ein Mann, der für Sex bezahlen muss, wirkt immer gleich wie jemand, der auf andere Art bei Frauen nicht zum Zug kommt. Also wie ein Waschlappen.

A-Rod, inzwischen zu A-Roid umgetauft, kann offensichtlich gar nichts richtig machen. Denn ebenfalls dieser Tage kam die Männerzeitschrift Details mit einer Bildstrecke heraus, die Rodriguez als extrem eitlen Gockel zeigt. Okay eitel für das Publikum des Magazins, zu dem jede Menge schwule Männer gehören. Aber nicht okay für die traditionelle Baseballanhängerschaft, die ihre Bewusstseinsspaltungen und ihre romantischen Vorstellungen von den traditionellen Werten und dem Image der Matadoren des Spiels nicht überwinden kann. Schon gar nicht bei einem Spieler, der so viel Geld verdient und dafür trotz zahlreicher guter Nebenleute so wenige World-Series-Erfolge vorweisen kann, nämlich zero. Eine Verarsche in der neuen Late Night Show with Jimmy Fallon folgte auf dem Fuße.

Wie sich das alles auf seine Produktivität und sein Arbeitsverhältnis bei den New York Yankees auswirkt, lässt sich nicht prophezeien. Rund um die Sportart Baseball herrschte schon immer ein erstaunliches Maß an Toleranz, anders etwa als beim Basketball, so schon ein kürzeres folgenloses Handgemenge auf dem Platz zwischen Spielern oder auch mit Zuschauern im Publikum für dramatische Reaktionen sorgt. Eine der Gründe für den Unterschied in der Rezeption dürfte sein, dass im Basketball vor allem Schwarze spielen. Im Baseball hingegen sind die Profis fast allesamt Weiße.

Zu Siggis Geburtstag

Ehe Chris Kaman eingebürgert wurde, gab es schon mal einen NBA-Profi mit ähnlich dubiosem Background. Das war Shawn Bradley, der sich für die deutschen Nationalmannschaft anwerben ließ, die 2001 Vierter bei der Europameisterschaft wurde. Bradley, Spitzname Siggi (so sagt es die englischsprachige Wikipedia) , der am Sonntag 37 Jahre alt wurde, hat sich schon vor einer Weile vom aktiven Sport zurückgezogen. Aber er ist unvergesslich. Als Darsteller in einer ganzen Reihe von Highlight-Zusammenstellungen aus dem Profibasketball. Nicht als aktiver Gestalter wohlgemerkt, sondern als der Mann, den man trotz seiner 2,29 Meter unterm Korb immer so schön schlecht aussehen lassen konnte. Das Thema gefunden und ausgearbeitet hat Blogger Tom Green von 4th and Fail, der am Ende seines Beitrags die selbstironische Feststellung an die Adresse des Verspotteten richtet: "Du bist der Millionär, nicht ich." Bradley gehörte tatsächlich zu seiner Zeit zu den am besten bezahlten NBA-Spielern.

22. März 2009

Der Klingelbeutel: Väter und Söhne

• Entweder hat die Firma kein Vertrauen in ihren Werbepartner oder sie hat zuviel Geld: Golfausrüster TaylorMade will allen Amateuren, die in den nächsten Tagen in den USA einen neuen Driver ihrer Marke kaufen, den Kaufpreis erstatten, falls Sergio Garcia das Masters in Augusta gewinnt. Die Maßnahme sorgt immerhin für ein Aufsehen. Also hat sie wenigstens einen Zweck erfüllt.

• Wenn Pelé etwas sagt, hören immer noch viele Leute zu. Auch wenn es nicht um Fußball geht, sondern um Drogen wie Kokain. Er hat die Namen Ronaldo und Robinho ins Gespräch gebracht. Sei eigener Sohn besitzt ähnliche Probleme (via The Big Lead).

• Der zweite Jordan-Sohn spielt auch Basketball. Und Vater Michael schaut lieber ihm zu, anstatt sich um dein Team in der NBA zu kümmern. Tränen lügen eben nicht.

• Mixed Martial Arts (oft auch Ultimate Fighting genannt) weiß, was die Leute sehen wollen: Blut und Blumenkohlohren und Männer mit ganz kurzen Extremitäten.

Geht auf die Galle

Kai Pahl von allesaussersport, der unter dem Namen dogfood bloggt, hat notgedrungen seinen Laden schließen müssen, weil ihm die Ärzte dringend eine Operation an der Galle nahegelegt haben. Von den Untersuchungen im Krankenhaus hat er noch fleißig Twitter-Meldungen abgesetzt. Die bislang letzte von gestern lautete: "In den nächsten Minuten geht es unters Messer. Good-Bye Samstag, Gold-bye Galle." Nun warten wir auf die nächste – hoffentlich gute – Nachricht. Und das nicht nur, weil damit die Aussicht auf eine schnelle Gesundung verbunden ist. Wenn Kai nicht bloggt, fehlt im deutschen Medienwald eine wichtige Stimme. Das betrifft zuerst einmal die pure Qualität seiner Arbeit, aber ebenso die enormen Quantitäten, die er fast täglich bewältigt. So wickelte er zuletzt ein riesiges Pensum zum College-Basketball ab, für das sich in Deutschland eine erstaunliche Menge an Sportkonsumenten interessieren.

Eine solche Leistung nötigt mir jedes Mal sehr viel Bewunderung ab, weil ich abschätzen kann, wieviel Wissen und Energie man braucht, um so etwas auf die Beine zu stellen. In der Kommentarspalte von allesaussersport hat sich aber zuletzt eine Diskussion entwickelt, die den Eindruck erzeugt, dass selbst intensive Leser des Blogs kaum zu schätzen wissen, was ihnen da mit steter Regelmäßigkeit serviert wird. Kostenlos serviert wird, wohlgemerkt. Da wurden lautstark und in einem seltsam kessen Ton Bemühungen von anderen Informationsdienstleistern schlecht gemacht, nur weil sie womöglich eines Tages durch ihre Arbeit ein bisschen Geld verdienen könnten.

Das Internet verdirbt demnach nicht nur die Preise, sondern womöglich auch die Sitten. Der Anspruch, den eine lautstarke Gruppe von Konsumenten vor sich her trägt: dass sie nur lupenreine Idealisten unterstützen wollen. Der Rest wird als "kommerziell" eingestuft und geschmäht.

Mich erinnert diese Haltung an Debatten aus der Zeit, als die ersten Stadtillustrierten aufkamen und einigermaßen Auflagen erzielten. Es ist die elende Diskussion aus dem Umfeld der taz, deren Mitarbeiter sich für die gute Sache jahrelang extrem selbst ausgebeutet haben. Damals wurde von den Lesern am Ende zwar dann doch der jeweilige Copy-Preis bezahlt (was blieb den Usern auch anders übrig, wenn sie die Infos haben wollten?). Aber das Gegrummel über Anzeigenpreise und angebliche und tatsächliche Profite war nicht zu überhören. Und die Leute, die mit viel Engagement und so manchem Risiko die Blätter auf die Beine gestellt hatten und Arbeitsplätze für junge Journalisten und andere Kreative schufen, befanden sich in einem ständigen Rechtfertigungsnotstand. Man nahm ihnen übel, dass sie mit ihren Projekten Geld verdienen wollten.

Die Crux an der Sache ist gar nicht mal, dass es Menschen mit hohen Ansprüchen an den Rest der Welt gibt (hoffentlich lösen sie den auch immer ein, wenn sie selbst an der Reihe sind). Sondern dass da viel zu vieles durcheinander geht. So gehört zu den beliebten unterschwelligen Schmähworten der Begriff des "Geschäftsmodells". Das klingt gut, führt aber im Fall der Medien auf eine völlig falsche Fährte. Medien sind nicht von ungefähr Teil des Grundrechtskonzepts in der Verfassung und werden nicht von ungefähr in eigenen Gesetzen (Pressegesetze, Telemediengesetz, nicht zu vergessen das Urheberrecht) besonders definiert und gesellschaftlich eingeordnet. Sie sind nämlich zuerst einmal überhaupt kein Geschäft, weil Information (und Meinung), genauso wie Wasser und Luft, zu den unerlässlichen Lebensmitteln gehört. Wer an der Arbeit der Medien zuerst einmal nur den wirtschaftlichen Aspekt sieht und nicht deren Aufgabe und Rolle im gesellschaftlichen Kräftespiel, ist ganz bestimmt kein Idealist, sondern entweder ein rettungsloser Zyniker oder ein Wirrkopf.

Kai Pahl, der für seine imposante Bloggerarbeit keinen Pfennig bekommt, war übrigens angesichts des Niveaus der Kommentare zu diesem Thema reichlich ungehalten, was nicht nur an dem Zustand seiner Galle gelegen haben kann. Er deutete an, dass er angesichts solcher Meinungen in einer Situation, in dem womöglich er selbst wegen der von ihm publizierten Informationen oder Ansichten von Machtkartell-Typen aus Verbänden oder Industrie juristisch unter Druck käme, seinen Blog einfach schließen würde. In den nächsten Tagen haben seine Leser Zeit, sich schon mal auszumalen, was ihnen fehlt, wenn es allesaussersport nicht mehr gibt.

20. März 2009

Eine Ode an die hässlichen Sportler

Matt Taibbi ist ein Name, den man sich merken sollte, wenn man sich für Politik und Gesellschaft in den USA interessiert. Seine ohnehin schon ziemlich scharfen geistigen Waffen schärft er gewöhnlich beim Rolling Stone, der sich überwiegend mit Rockmusik und den Überbleibseln der in den sechziger Jahren entstandenen Popkultur beschäftigt. Hier ein Eindruck von der Macht seiner Worte: eine Einschätzung der Kandidatin Sarah Palin, die beinahe Vize-Präsidentin der USA geworden wäre, und des Landes, in dem es solche Figuren so weit bringen können:

"Here's the thing about Americans. You can send their kids off by the thousands to get their balls blown off in foreign lands for no reason at all, saddle them with billions in debt year after congressional year while they spend their winters cheerfully watching game shows and football, pull the rug out from under their mortgages, and leave them living off their credit cards and their Wal-Mart salaries while you move their jobs to China and Bangalore.

And none of it matters, so long as you remember a few months before Election Day to offer them a two-bit caricature culled from some cutting-room-floor episode of Roseanne as part of your presidential ticket. And if she's a good enough likeness of a loudmouthed Middle American archetype, as Sarah Palin is, John Q. Public will drop his giant-size bag of Doritos in gratitude, wipe the Sizzlin' Picante dust from his lips and rush to the booth to vote for her. Not because it makes sense, or because it has a chance of improving his life or anyone else's, but simply because it appeals to the low-humming narcissism that substitutes for his personality, because the image on TV reminds him of the mean, brainless slob he sees in the mirror every morning."


Neulich hat er einen Ausflug in den Sport gewagt, beim Schwestermagazin im gleichen Verlag, das den Titel Men's Journal trägt. Das Wort "gewagt" darf man durchaus mehrdeutig nehmen. Denn sein Thema sind die hässlichen Sportler. Also jene Typen mit verbogenen Visagen und anderen schrägen Körpermerkmalen, die in anderen Teilen der Gesellschaft wirklich keine Schnitte kriegen würden. Taibbi will den fraglichen Jungs wirklich nicht noch mehr in die Fresse geben. Im Gegenteil: Er bürstet gegen den Strich und sieht hauptsächlich "The Upside of Ugly" – die Vorteile von hässlich (via With Leather).

Mehr über Taibbi und seine Arbeitsweise findet man in diesem Interview.

Zur Nachahmung nicht empfohlen: Das Urteil gegen die Hartplatzhelden

Es ist traurig genug, dass die Hartplatzhelden vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart in zweiter Instanz den Prozess gegen den Württembergischen Fußballverband verloren haben. Und dass die Sache nur dann weiter ausgefochten werden kann, wenn das von viel Enthusiasmus getragene Portal eine große Zahl an Menschen findet, die es mit Spenden unterstützen. Aber was noch viel trauriger ist, ist die Art und Weise, wie nun bereits ein zweites Gericht in Deutschland ein Gesetz auslegt, das bereits in seiner Überschrift klar macht, dass es im Wirtschaftsgeschehen ein Rechtsgut gibt, dass es zu schützen gibt: den Wettbewerb. Wo kein Wettbewerb ist, da ist kein Markt. Und wo kein Markt ist, da regieren die Monopolisten. Und wo die Monopolisten regieren, ist das schöne Grundgesetz und der ganze Rechtsrahmen nicht viel wert, der auf dem Papier immer so attraktiv aussieht.

Sicher, das Kompendium, über das wir hier reden, trägt den vollständigen Titel "Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb". Und das wollen wir auch gar nicht unterschlagen. Aber die Zuspitzung ist philosophisch betrachtet eher unbedeutend. Dabei handelt es sich um einen Sonderfall des nicht funktionierenden Wettbewerbs. Einen, in dem sich jemand einen Vorteil verschafft, der ihm nach unserem Rechtsverständnis nicht zusteht, Denn, so sagt es das Gesetz: Es gibt "geschäftliche Handlungen", die dazu geeignet sind, die "Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen". Und das wird – gut so! – durch das UWG untersagt. Und warum wird das untersagt? Damit der Wettbewerb so fair wie möglich funktioniert.

Das Wort "spürbar" steht da ganz bestimmt nicht zufällig. Denn es geht im Streitfall auch darum, das Ausmaß der Beeinträchtigung ziemlich genau abzuprüfen. Im konkreten Fall hätte der WFV also beweisen müssen, dass seine Geschäfte durch die Videos der Hartplatzhelden "spürbar" betroffen gewesen wären. Er hätte eine überzeugende Antwort auf die Frage geben müssen: Auf welche Weise haben die Hartplatzhelden dem Verband die Möglichkeit genommen oder diese auch nur eingeschränkt, seine eigenen Videos zu drehen und ins Netz zu stellen und dafür Geld zu bekommen? Die Antwort wurde nicht erbracht. Aber das war auch nicht nötig.

Denn das Oberlandesgericht ist auf eine andere Idee verfallen, um den monopolistischen Interessen des Verbandes nachzukommen, die nichts anderes beabsichtigen, als den Wettbewerb auszuschalten, den das Gesetz im Prinzip schützen und ermöglichen soll. Es hat sich eine Auslegung von Paragraph 4, Absatz 9 zu eigen gemacht, die ein neues Rechtskonstrukt schaffen musste, um eine Entscheidung zu Gunsten des Verbandes überhaupt mit einem Anstrich von Logik auszustatten. In dem fraglichen Absatz des Gesetzes heißt es: Es handelt unlauter (und beinträchtigt mithin "spürbar" und auf unfaire Weise den Mitbewerber), wer
"Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a) eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b) die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder c) die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat..."

Das neue Rechtskontrukt lautet: Bei einem Amateurvideo vom Fußballplatz handelt es sich um eine "Nachahmung" einer Ware oder Dienstleistung (in diesem Fall einer oder mehrerer beliebiger Fußballszenen von einem irgendeinem Platz irgendwo in der Provinz). In den Zitaten aus der Berichterstattung über das Urteil ließ sich nicht genau erkennen, wie das Gericht auf diesen Rösselsprung gekommen ist. Das hätte ich deshalb wirklich mal gerne erklärt.

Nachahmung? Von was? Ein Video im vorliegenden Fall *) ist zuerst einmal ein Original. Im Sinne des Urheberrechts handelt es sich um ein Werk, dem ein Schöpfungsgang zu Grunde liegt. Es ahmt nichts nach, es stellt dar. Es stellt etwas her, was andernfalls gar nicht existieren würde: die Abbildung einer Szene. Als solche unterliegt diese Abbildung sogar einem besonderen Schutz. Nämlich dem des Urheberrechts. Das schließt ein: Der Urheber kann dieses Recht verwerten, und zwar egal ob kommerziell oder nicht. Und kein Verband (oder Gericht) kann ihm dieses Recht streitig machen. Wenn aber ein Oberlandesgericht erklärt, dass dieses Video nur auf eine Weise ausgewertet werden kann, nämlich über den Fußballverband, hebt es genau an dieser Stelle das Urheberrecht auf. Und den Wettbewerb um Videos vom Fußballplatz dazu.

Das Interessante an der Entscheidung des OLG ist tatsächlich, dass die Richter dieses Recht der Videobesitzer auf die Auswertung ihrer eigenen, ihnen gehörenden Aufnahmen offensichtlich einfach elegant ignoriert haben, in dem sie munter ihr Konstrukt erfanden, wonach Videoaufnahmen, die die Wirklichkeit abbilden, eine "Nachahmung" seien. Das ist der eigentliche Skandal, der leider untergeht, wenn man den anhängigen Streit nur als Auseinandersetzung zwischen den Hartplatzhelden und dem WFV definiert. Es geht hier nämlich tatsächlich um etwas anderes und um viel mehr: um das Recht eines ganz normalen Bürgers mit einer ganz normalen Videokamera auf einem ganz normalen Fußballplatz ganz normale Bilder zu drehen. Wenn das nicht verboten ist (und wie könnte das Wettbewerbsrecht das auch untersagen?), dann ist auch die Verwertung nicht verboten. Und dann kann ich auch weiterhin auf den Fußballplätzen im Südwesten Deutschland Videos drehen und entscheiden, auf welcher Plattform sie veröffentlicht werden.

Weshalb es in diesem Zusammenhang auch gar nicht nur um eine Solidarität mit den Hartplatzhelden geht, sondern um mehr. Es geht um die ureigenen Rechte von uns allen. Und deshalb sollten so viele Menschen wie möglich die Hartplatzhelden unterstützen. Sie sind die einzigen, die momentan bereit sind, diesen Kampf zu führen. Sie brauchen dafür Geld. Mehr Informationen gibt es hier.

*) Es wäre eine ganz anderes Thema, wenn wir über Duplikate reden würden, also über Videos, deren Originalversion dem WFV gehören, und die dann jemand als nachgeahmte "Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt". In einem solchen Fall wäre der Nachahmungsbegriff sinnvoll eingesetzt. Aber es gibt diese WFV-Videos nicht. Und die Hartplatzhelden haben die nicht existierenden Videos auch nicht kopiert (oder nachgeahmt). Obendrein hat der WFV nicht mal behauptet, dass ihm urheberrechtlich irgendetwas an den Fußballspielen gehört. Eine Streitfrage, die übrigens in den USA bereits höchstrichterlich entschieden wurde. Nein, sagte der Supreme Court, den Ablauf eines Ballspiels kann der Betreiber nicht urheberrechtlich schützen. Das mag das Bundesverfassungsgericht anders sehen. Aber auf eine solche Begründung wäre ich sehr gespannt.

Blick zurück: Die Attacke auf die Hartplatzhelden, Teil 1

19. März 2009

Gold, Silber, Bronze und das alte Eisen

Mir dräut schon länger, dass die "Olympischen Spiele der Neuzeit", wie sie immer gerne genannt werden, mit ihrem Gold-, Silber- und Bronzekram demnächst zum alten Eisen gehören werden. Die Prognose von dieser Stelle lautet: Nach 2016 Chicago wird das Licht ausgemacht.

Klingt gewagt, wird aber immer wahrscheinlicher. Erstens weil dieser Sportarten-Mix hundert Jahre nach der Erfindung der Mischung nur noch sehr wenig mit der Interessenlage des Publikums zu tun hat. Man kann zwar so tun, als ließe sich an Turnen oder Leichtathletik oder Eiskunstlauf im Vier-Jahres-Turnus hinreichend Interesse erzeugen. Aber dabei handelt es sich um Selbstbetrug. Würden die Olympischen Spiele über Eintrittsgelder im Stadion oder in der Halle finanziert, wäre diese Traumvorstellung vielleicht noch eine Weile länger gestattet. Aber die Spiele werden von Sponsoren und Fernsehgeldern getragen (und refinanziert durch Werbeinnahmen, die aus den Kassen der gleichen Sponsoren kommen). Und diese Firmen wollen einen ROI, einen return on investment. Und was bekommen sie statt dessen? Einen Wasserkopf plus zahllose von Verbänden organisierte quasiindustrielle Trainingskomplexe, die alle immer teurer werden, aber weder den olympischen Gedanken noch das Interesse an sportlichen Wettkämpfen fördern.

Das liegt zum einen daran, dass in den Gewölbekellern dieser Strukturen die Termiten hausen: die Manipulateure, die mit Geld (Stichwort: Korruption) und mit Chemie (Stichwort Doping) den Ausgang der Ereignisse beeinflussen. Und es liegt zum anderen daran, dass die olympische Idee aus einem Vielnationen-Europa stammt, in dem es eine jingoistische Rivalität der großen Länder gab, die im Sport ein Ventil für ihre kriegslüsterne, menschenverachtende, politische Grundeinstellung sah.

In der Zeit des Kalten Kriegs wurde diese Rivalität ein letztes Mal zum Spannungsfaktor für Sport, als zuerst die Sowjetunion die Hegemonie der Altmächte in Frage stellte und dann die DDR mit einer effizienten Leistungsfabrik, wie es sie noch nie gegeben hatten, den alten Amateurbegriff endgültig aushebelte. Die hohe Zeit wurde übrigens von Leichtathletikländerkämpfen markiert, die zwei Tage lang dauerten und riesige Stadien füllten. Sport als Symbol und Identifikationsszenario für den Wettstreit der Systeme — ja, das hatte noch was. Das machte Lust auf mehr.

(Empfehlenswert: dieser Ausschnitt aus der amerikanischen Wochenschau von 1962 zum Wettkampf zwischen den USA und der UdSSR in Stanford, der an zwei Tagen zusammen 150.000 Zuschauer auf die Beine brachte. Ab 2:18 Min.)


Schauen wir nach vorne und malen wir uns aus, was uns wohl in der Zukunft Lust auf mehr machen wird, kommt man ganz bestimmt nicht auf Leichtathletik oder Schwimmen, die beiden Kernelemente der Sommerspiele. Man kommt eigentlich auf gar nichts. Was nicht weiter schlimm sein sollte. Das hat es schon immer gegeben, dass Strukturen und Organisationsweisen verschwinden, die eine Zeitlang überhaupt nicht wegzudenken waren. Der Adel, der vor hundert Jahren noch das Heft in der Hand hatte, ist heute nur noch so eine Art Deko. Der real existierende Sozialismus, der einst unverrückbar und machtvoll schien, ist zerkrümelt. Kolonien wurden in die Unabhängigkeit entlassen und könnten, wie etwa im Falle Indiens, noch eines Tages ziemlich groß raus kommen. Und dass die neue Generation der Oligarchen (egal aus welchem Land) am Ruder bleibt, darf man bezweifeln. Denn bei denen handelt es sich nicht um nützliche Mitglieder des Sozialverbands, sondern um Parasiten, die notfalls mit purer Brutalität ihre Machtstellung behaupten.

Warum dieses Traktat heute und an dieser Stelle? Weil im IOC der Verteilungskampf um ein knappes Gut begonnen hat – das liebe Geld – und weil die wichtigen Leute auf beiden Seiten schon mal die Schienbeinschoner angezogen haben. Dieser Kampf markiert den Anfang vom Ende.

Verlängerung in der NFL: Regel bleibt

An den Regeln für die Verlängerung bei Spielen in der NFL wird sich nichts ändern. Auch wenn die Mannschaft, die das Glücksspiel am Anfang der fünften Spielzeit gewinnt, statistisch gesehen stark im Vorteil ist. Wer richtig rät, welche Seite der vom Schiedsrichter geworfenen Münze oben liegt, gewinnt in 63 Prozent der Fälle das Match. Ein solcher Ausgang hat natürlich vor allem mit einer anderen Facette der Overtime zu tun: mit der Sudden-Death-Regel. Weshalb in 43 Prozent der Fälle die Begegnung bereits mit dem ersten Ballbesitz entschieden ist. Nun könnte man an dieser Stelle philosophisch werden und fragen: Was ist mit der in Amerika so gerne gepflegten Fairness? Die Antwort: Offensichtlich wird die bei diesem Problem nicht tangiert. Denn theoretisch haben beide Mannschaften ja die gleiche Chance. Wie im Casino. Oder so.
Foto: flickr/creative commons license/Jeffrey Beall

Madness und Anwälte: Die NCAA fährt einen harten Kurs

Das kommt dabei heraus, wenn eine Institution, die dem Allgemeinwohl verpflichtet ist, sich geistig zu einer Cash-Maschine entwickelt. Nein, wir reden diesmal nicht vom IOC und nicht vom Württembergischen Fußballverband, sondern von der NCAA und jenem Theater, das heute offiziell beginnt und ein paar Wochen lang die meisten Sportfans in den USA in Bann schlagen wird. Die National Collegiate Athletic Association ist derart angetan von der Begeisterung, dass sie jetzt die Anwälte losschickt, um jene Leute zu Schadensersatzzahlungen heranzuziehen, die einfach warenzeichenrechtlich geschützten Begriffe wie "March Madness," "Elite Eight" oder "Final Four" benutzen. Angeblich bringt die schwierige wirtschaftliche Lage immer mehr Leute auf die Idee, sich per Huckepack-Marketing an der Euphorie zu beteiligen.

18. März 2009

Frauen-Liga startet auf Sparflamme

In den USA beginnt in diesen Tagen die Wiederbeatmung des Ligafußballs der Frauen. Das alte Projekt – genannt WUSA – hatte ruckizucki ganz viel Geld verbrannt und wurde eingestellt. Das Geld reichte immerhin für ein paar Sommeraufenthalte von mehreren deutschen Spielerinnen wie Doris Fitschen und Birgit Prinz. Die neue Version auf Sparflamme – Women's Professional Soccer – kommt ohne solche hochkarätigen Gastarbeiterinnen aus. Die Ausländerinen kommen diesmal hauptsächlich aus Brasilien. Die Frau, die uns hier vor einer Weile beschäftigte, nämlich die amerikanische Nationaltorhüterin Hope Solo, spielt in St. Louis. Einer der Investoren ist der NBA-Profi Steve Nash (Phoenix Suns), der privat am liebsten dem Fußball hinterherläuft.

Übrigens: die Amerikaner haben noch größere Pläne. Sie haben sich offiziell für die Ausrichtung der WM 2018 oder alternativ 2022 beworben. Dass es bereits 2018 klappen wird, ist mehr als unwahrscheinlich. Erstens weil 2014 Brasilien Ausrichter sein wird, was von der Zeitzonen-Dimension her (und damit fürs Fernsehen relevant) in der gleichen Achse liegt wie die Vereinigten Staaten. Außerdem ist England Kandidat und damit auf jeden Fall der Favorit für alle Romantiker. 2022 wiederum sieht die Sache schon viel besser aus.

NFL: Botschafter in Dublin

Dan Rooney, der Eigentümer der Pittsburgh Steelers, hat einen neuen Job. Er wird Botschafter der Vereingten Staaten in Dublin. Es handelt sich um das Dankeschön von Barack Obama an einen Mann, der ihn schon früh im Wahlkampf unterstützt hat. Man fragt sich: Warum gibt es so etwas nicht in Deutschland? Franz Beckenbauer wäre doch ein idealer Diplomat und könnte seine Heimat doch in der Ferne viel besser vertreten und gleichzeitig der Welt erklären, wieso man in Deutschland immer noch so hervorragend Fußball spielt. Andere Figuren aus dem Sport hätten doch sicher ebenfalls das Format. Und man könnte auf diese Weise deren dann frei gewordenen Stühle wieder neu besetzen und müsste nicht warten, bis sie irgendwann im hohen Alter das Zepter abgeben.

17. März 2009

NFL: Junge Cheftrainer

Nicht jede Anhäufung von singularen artverwandten Sachverhalten ist gleich ein Trend. Denn das würde voraussetzen, das sich in den Köpfen der Entscheidungsträger jeweils ähnliche Gedanken abspielen. Was wiederum zwingend voraussetzen würde, dass sich in diesen Köpfen überhaupt etwas abspielt.

Aber auffällig ist das schon, dass man in der NFL neuerdings ganz gerne ziemlich junge Leute auf die Position des Head Coach beruft. Josh McDaniels in Denver und Raheem Morris in Tampa sind 32 Jahre alt. Lane Kiffin, der neulich ein unerfreuliches Intermezzo bei den Oakland Raiders erlebte und jetzt das Traditionsfootballprogramm an der University of Tennessee leitet, war 31, als er den Zuschlag bekam. Zur Jugendbewegung gehören fraglos Mike Tomlin von den Pittsburgh Steelers, der mit 34 den Job übernahm und ziemlich rasch danach einen Super-Bowl-Gewinner produzierte, und auch Eric Mangini, der ebenfalls mit 34 auf den Chef-Posten der New York Jets berufen wurde (inzwischen nach dem Misserfolg mit Brett Favre und dem Rauswurf in Cleveland unter Vertrag).

Die Sache ist deshalb interessant, weil wir gerade im Football und dort viel stärker als in anderen Mannschaftssportarten noch ziemlich alte Trainer in Lohn und Brot sehen. Da wurde zwischendurch Joe Gibbs in Washington wieder aus der Rente geholt (ein Mann in den Sechzigern). Da durfte Marv Levy bis in die Siebziger bei den Buffalo Bills arbeiten. Dick Vermeil hatte ein halbes Altersheim an Assistenten um sich versammelt, als mit den St. Louis Rams den Super Bowl gewann. Er selbst war damals 63. Don Shula war fast Mitte 60, als ich ihn nach einem Spiel der Miami Dolphins in New York fragte, ob er nicht bald ans Aufhören denkt. Er hat mich strafend angeschaut und erklärt: "Über so etwas denke ich nicht nach. "

Alter an und für sich ist irrelevant. Die Frage ist immer: Was bringen Head Coaches auf die Waagschale? Aber genau das lässt sich angesichts ständig wachsender Bataillone von Assistenten gar nicht mehr so genau sagen. Wir sehen sie zwar immer an der Seitenlinie herumhampeln, in ihre Mikrofone murmeln und auf die Referees einreden. Aber das ist nicht mal die Spitze des Eisbergs. Das sind nur jene kurzen Momentaufnahmen, in denen sich eine Spur der Persönlichkeitsstruktur der jeweiligen Person offenbart. Und die sagt sehr wenig über die Football-Intelligenz und den Erfolg der Managementleistung dieser Herren. Denn so viel ist klar: Es führen viele Wege nach Rom, nicht nur die, die die aggressiven Schreihälse so gerne beschreiten, wenn sie ihre Spieler herunterputzen und immer so tun, als säße die Macht, die sie ausüben, in ihren Stimmbändern und nicht zwei Handbreiten höher.

Profi-Football hat immer auch den Stil der stilleren Typen akzeptiert, die sich nicht als Zampanos inszenieren, sondern in Gesprächen vor und nach dem Spiel ihre Erkenntnisse vermitteln und die ihren Stab zu motivieren verstehen. Das liegt daran, dass die im Football ausentwickelte extreme Arbeitsteiligkeit – sowohl was die Spieler auf dem Platz betrifft als auch die die Arbeit der Trainer – einen Führungsstil verlangt, der einem modernen Unternehmen ähnelt. Die vielen Rädchen greifen nur dann synchron in einander, wenn konsequent kommuniziert wird. Profi-Football hat allerdings auch immer eine mönchische und asketische Hingabe der Trainer ans Analytische gefördert. Man schaut sich in diesem Job jeden Tag stundenlang auf Video aufgezeichnete Spielzüge von Gegnern und eigenen Formationen an, um darin Ansätze für neue Ideen zu finden. Das ist kein gesundes Arbeiten. Denn es befreit nicht, sondern blockiert die Synapsen mit tausenden von vorgefundenen Details. Und es lenkt ab von anderen Aufgaben.

Jüngere Trainer sind besonders in diesem Bereich im Vorteil, weil sie noch ohne viel Gepäck reisen und offener sind, wenn es ums Ausprobieren geht. Das heißt nicht, dass ihre Entscheidungen in kritischen Momenten profunder sind. Aber es bedeutet, dass die besseren unter ihnen der Spielkultur Impulse geben werden. Nehmen wir Bill Belichick, dem besten und prägendsten Coach der letzten Jahre. Der war mit Ende 30 noch zu feucht hinter den Ohren, um bei den damaligen Cleveland Browns (heute Baltimore Ravens) als Hauptveranwortlicher viel auszurichten. Aber wenige Jahre später hatte er in New England die Puzzlestückchen zusammen und zeigte in der entscheidenden Phase der Saison mit seinem Votum für den jungen Quarterback Tom Brady und gegen den erfahrenen Drew Bledsoe, dass er solchen Aspekten wie Alter und Erfahrung nur wenig beimisst.

Bei den Denver Broncos geht Belichick-Zögling Josh McDaniels zur Zeit offensichtlich einen anderen Weg. Er verunsichert erst mal seinen Quarterback Jay Cutler, der als Erstrunden-Pick anno 2006 vermutlich eher uneinsichtig auf Kritik an seinen Leistungen reagiert. In jenem Jahr wurden Matt Leinart und Vince Young vor ihm ausgewählt, die seitdem auf unterschiedliche Weise dokumentiert haben, dass es blendend auch ohne sie geht. Cutler auf der anderen Seite hat in den letzten beiden Spielzeiten hinreichend bewiesen, dass es mit ihm nicht geht. Kein Wunder, dass man ihm abgeben wollte. Die ersten Trade-Gespräche im Februar führten zu keinem Resultat. Jetzt ist Cutler sauer und will nicht mehr in Denver bleiben. Wir werden sehen, aus welchem Holz der junge McDaniels gebaut ist.

16. März 2009

Was kostet der Name einer U-Bahn-Station?

New York bekommt in diesem Frühjahr gleich zwei neue Baseball-Stadien. Die beiden Kessel wurden gleich neben den alten Betontöpfen errichtet. Für Unsummen von Geld. Zu den Mets, die ihr städtisches Shea Stadium zurückließen, das derzeit ebgetragen wird, führt ebenso die U-Bahn wie zu den Yankees (dort sind es sogar zwei Linien). Die Station der Linie 7 hieß bislang Willets Point/Shea Stadium. Aber das konnte man nicht so stehen lassen. Denn der neue Baseball-Schuppen (Gesamtkosten 800 Millionen Dollar) nennt sich CitiField, wofür eine der größten und fast-pleitesten amerikanischen Banken 20 Millionen Dollar pro Jahr über 20 Jahre zusicherte. Ein Teil der Werbestrategie ist nicht aufgegangen. Die Verkehrsbetriebe von New York (genannt Metropolitan Transportation Authority weigern sich>, neue Schilder mit dem werbeträchtigen Namen aufzuhängen oder die U-Bahn-Pläne entsprechen umzutexten. Sie hatten erwartet, dass sich die Bank vielleicht an solchen Umbenennungskosten beteiligt und vielleicht einen Anteil leistet, um den ziemlich heruntergekommen Bahnhof aufzufrischen. Daraus wurde nichts. Die Bank hängt derzeit am Tropf der Steuerzahler (45 Milliarden Dollar aus dem großen Rettungspaket). Und also sprach die MTA: "Wir sind schon bereit, eine Station mit einem Firmennamen zu versehen, aber nur gegen eine Entschädigung." Der Stopp heißt nun erst einmal einfach "Mets/Willets Point".

(Foto: Joe Shlabotnik/flickr/Creative Commons License)

Bei Lenny ist der Lack ab

Die Zeit des Eindruckschindens für Lenny Dykstra ist vorbei. Und die erste große Geschichte, die seine fragwürdigen Geschäftsmethoden beschreibt, kann man jetzt auch lesen.  Es dürfte viele Leute geben, denen der Großkotz noch Geld schuldet. Sicher vor allem Schreiber, Fotografen und andere Kreative, die im Zweifel meistens eher leichtgläubig durchs Leben marschieren und an das gute im anderen Menschen glauben.  Zur Einstimmung möge man sich diese beiden vorausgegangenen Posts aus dem letzten Jahr gönnen. Und zum Schluss die Propaganda in diesem Trailer für einen HBO-Dokumentarfilm aus der Zeit, als Dykstra noch jedem direkt ins Gesicht lügen konnte.

Man hat Favre in Green Bay noch immer nicht verziehen

Tief im Herzen von knallharten Football-Leuten, also gleich neben der Stelle, wo im Westen die Sonne versinkt, sitzt ein ganz weicher Knopf. Und wer auf den drückt, produziert ungeahnte Gefühle. Das sieht man zur Zeit in Green Bay, wo sie es einfach nicht fertig bringen, Favres Trikot-Nummer aus dem Verkehr zu ziehen. Man könnte das ja jeder Zeit machen. Heute, morgen, Anfang der kommenden Saison. Denn egal, ob der Mann mit der Nummer 4 noch hundert Jahre spielt oder überhaupt nicht mehr: In Lambeau Field sind sie mit ihm durch. Aber irgendwie hoffen die Verantwortlichen des Clubs darauf, dass der Tag kommen wird, an dem sie mit Favre wieder ganz normal reden können und ihm und den Fans die ganz große Zeremonie spendieren werden, die zu einer Rückennummer-Ausmuster-Feier nun mal gehört.

Mit dieser AP-Geschichte ist übrigens die Saison für Spekulationen über die weitere Karriere von Favre auf Umwegen eröffnet worden. Im letzten Jahr hat die Jagd nach Neuigkeiten ganze Heerscharen beschäftigt. Darunter ESPN, die während der Olympischen Spiele nichts Wichtigeres zu tun hatten, als mehrere Reporter an die Fersen des Quarterbacks zu heften. Er landete schließlich bei den New York Jets, sorgte anfänglich für Aufschwung, konnte aber den Abwärtstrend nicht verhindern. Die Jets schafften nicht mal die Playoffs, warfen ihren Trainer Eric Mangini raus (jetzt bei den Cleveland Browns) und durften aus der Ferne erleben, wie ihr Ex-QB Chad Pennington in Miami die Wiedergeburt eines heruntergewirtschafteten Teams möglich machte.

Kevin bald allein zuhaus?

Sacramento hat seit letzten November einen Bürgermeister, der einst bei den Phoenix Suns in der NBA spielte. Er heißt Kevin Johnson (Bild) und wird demnächst erleben, wie gnadenlos die NBA Männern wie ihm einen Streich spielt. Das Timing ist grotesk. Die Hauptstadt des Bundesstaates Kalifornien leidet wie keine andere Stadt im Westen unter den Steuerproblemen, die die Finanz- und Wirtschaftskrise mit sich gebracht hat. Da rächt sich dann, dass man als Regierungssitz von einer einzigen Geldpipeline abhängig ist.

Aber das ist noch nicht alles. Die Sacramento Kings wollen eine neue Halle (vorher werden sie sich wohl nicht mehr richtig anstrengen und durch schlechte Leistung die Stimmung in der Stadt verpesten). Gerüchte wurden laut, dass ein neues Domizil in Anaheim wartet. Das funktioniert aber nur dann, wenn die Lakers und Clippers zustimmen. Und das werden sie nur tun, wenn sie eine üppige Kompensation erhalten.

Das Gebuhle um die wenigen freien Städte wird bald noch größer. Auch die Indiana Pacers gehen am Stock und suchen nach einer neuen Bleibe. Und diese Hiobsbotschaft berücksichtigt noch nicht die Tatsache, dass auch die Charlotte Bobcats von Michael Jordan zu den Dead Man Walking gehören. Man darf annehmen, dass sich auf diese Weise die Stadt Seattle wieder relativ preiswert in die NBA zurückschwingen wird. Dort hatte man letzten Sommer die SuperSonics Abschied nehmen sehen (nach Oklahoma City) und würde gerne dem Piraten, der den Club verpflanzt hat, die von Gerichts wegen zugestandenen 30 Millionen Dollar Schadensersatz abknöpfen. Die Bedingung dafür ist nicht ganz leicht zu erfüllen. Man braucht eine modernisierte Halle und ein neues Team.

15. März 2009

Zeit für Madness und Choleriker: College-Basketball, bitte

Für alle, die sich tatsächlich für March Madness und College-Basketball interessieren, gibt es hier das aktuelle Tableau mit den 65 Teams, die es in diesem Jahr geschafft haben. Kai Pahl von allesaussersport hat zwischendurch immer wieder jede Menge gebloggt. Ich gehe mal davon aus, dass er das Geschehen intensiv weiterverfolgt. Man sollte also dort immer mal wieder vorbeischauen.

Für alle, die sich nicht so sehr für das Thema interessieren, die sich aber womöglich fragen: Müssen die Halbgötter an der Seitenlinie eigentlich so viel Geld verdienen und warum haben sie so eine große Schnauze, wenn sie sich für das viele Geld rechtfertigen sollen? Hier eine Delikatesse aus dem Februar dieses Jahres. Jim Calhoun, Trainer des Basketball-Teams der University of Connecticut fährt einem Nicht-Sportreporter über den Mund, der die Courage hatte und nichts anderes wissen wollte, ob der höchstbezahlte Angestellte des Staates Connecticut (1,6 Millionen Dollar pro Jahr von der Universität, nicht zu reden von zusätzlichen Werbeeinnahmen), angesichts eines akuten Einnahmelochs im Staatshaushalt, das sich nach Hochrechnungen in den kommenden zwei Jahren auf über acht Milliarden Dollar belaufen wird, vielleicht einen Solidaritäts-Beitrag leisten möchte.

Calhoun behauptet in seiner Tirade, dass "wir 12 Millionen Dollar erwirtschaften". Das ist eine beliebte verzerrende Darstellung von Leuten, die ihre extremen Einnahmen auf einer Behauptung aufbauen, die man nur als geisteskrank bezeichnen kann. Der Präsident der Universität, der nur einen Bruchteil von Calhoun verdient, erwirtschaftet nach diesem Denkschema sehr viel mehr Geld – in Form von Studiengebühren. Müsste er demnach nicht ebenfalls sehr viel stärker an der Beute beteiligt werden?

Es gab im Nachklang des cholerischen Ausbruchs des Coachs/Patriarchen einige Beiträge in den amerikanischen Medien, die das Zahlenwerk untersucht haben. Empfehlenswert ist dieser Blogbeitrag auf der Seite der größten Tageszeitung des Bundesstaates, des Hartford Courant. Fazit: Die Männermannschaft produziert Bruttoeinnahmen von 7,3 Millionen Dollar pro Jahr. Nach einem undurchsichtigen Schema werden ihr weitere 5 Millionen Dollar als Anteil an den Sponsorenverträgen der Universität zugeschlagen. Die Kosten des Programms (inklusive des Gehalts von Calhoun), belaufen sich auf über 6 Millionen Dollar. Aber diese Summe ignoriert alle Bau- und Unterhaltungskosten, die entstehen, wenn man nach den hohen amerikanischen Maßstäben der Division 1 in der NCAA Einrichtungen wie Hallen oder Trainingsanlagen betreibt. Woanders nennt man einen solchen Posten in der Gewinn- und Verlustrechnung "Abschreibungen".

Man darf also im konkreten Fall davon ausgehen, dass ein Mann wie Calhoun und seine Arbeit bestenfalls plus minus null arbeitet. Und das auch nur, weil die Studenten im Kader nicht für ihre Dienste entlohnt werden. Die arbeiten für die Hoffnung, eines Tages irgendwo als Profi angeheuert zu werden, was natürlich leichter gelingt, wenn man für einen Erfolgscoach wie Calhoun spielt. Er hat mit seinen Teams zweimal die Final Four gewonnen. Die Bilanz seiner Ex-Spieler ist nicht besonders aufregend. Abgesehen von Richard Hamilton, der bei den Detroit Pistons Meister wurde, sieht die Liste nicht weiter bemerkenswert aus. Weitaus interessanter ist die Zusammenstellung der New York Times von vor ein paar Jahren über die Probleme von Calhouns Spielern mit der Polizei. Drogen, Diebstahl, Körperverletzung. Das übliche.

Hundert Pfund Nerven

Kleine Bestandsaufnahme zwischendurch vom Golf in Doral, wo in den nächsten Stunden die letzte Runde abgewickelt wird:

Sergio Garcia steht schlechter im Zwischenklassement als Tiger Woods. Sollte Phil Mickelson gewinnen, wird er zum stärksten Rivalen um den ersten Platz auf der Weltrangliste.

Henrik Stenson spielt seit dem Unterhosenzwischenfall wie ein Mann mit hundert Pfund Nerven im Gepäck. Er ist fast ans Ende der Wertung gerutscht. Den letzten Platz schafft er allerdings nur, wenn er (so wie Aaron Baddeley) disqualifizert wird.

Martin Kaymer steht ungefähr dort, wo man ihn aufgrund seiner Weltranglistenplatzierung erwarten darf. Damit fährt er weitere Punkte ein und wird diesen Sommer alle vier Majors buchen können. Das erste ist das Masters in Augusta im kommenden Monat. Danach das US Open in Bethpage.

14. März 2009

Diese Meldung hat einen Defekt

Wenn man etwas nicht mag, sollte man das sagen: Also, hier ist es: Ich mag nicht über Martin Brodeur schreiben. Ich mag nicht eine Abhandlung darüber produzieren, dass ein kanadischer Eishockeytorwart, dessen Namen in den USA keiner vernünftig aussprechen kann, in einer dieser überflüssigen Statistiken, die der amerikanische Sport bereit hält, Platz eins belegt. Ich mag nicht mal die Statistik erwähnen, weil sie einen Defekt hat: Sie schlägt dem Torwart einer Eishockey-Mannschaft den Sieg zu, den die ganze Mannschaft errungen hat. Das einzig Gute an der Nachricht ist, dass Brodeur in dieser unsäglichen Kategorie einen noch unsäglicheren Kollegen vom Spitzenplatz verdrängt: Patrick Roy. Der Frankokanadier hatte im Jahr 2000 in den Worten eines brüllenden Fernsehkommentators folgende Leistung vollbracht: Er war "the winningest netminder in National Hockey League history" geworden. Das ist jetzt Brodeur. Jetzt habe ich doch noch gesagt...

13. März 2009

Paraolympische Goldmedaillengewinnerin: Nicht wirklich behindert

Man musste damit rechnen, dass sich mäßig begabte Sportler bei den Behinderten einfinden, wo sie die Medaillen gewinnen, nachdem sie ihre eigene Behinderung schlichtweg gefaked haben. Man durfte allerdings nicht damit rechnen, dass solche Dinge hin und wieder herauskommen. Deshalb heute diese Meldung aus Kroatien und eine Speerwerferin, die bei den Paraolympischen Spielen in Peking Gold gewann. Es gab übrigens für den Erfolg auch noch eine hübsche Prämie seitens der kroatischen Regierung. Es lohnt sich offensichtlich inzwischen, im Behindertensport die Konkurrenz zu betuppen.

Halbnackt am dritten Loch

Henrik Stenson hat uns einen Grund mehr geliefert, jeden Tag eine frische Unterhose anzuziehen: Man kommt möglicherweise auf einem Golfplatz in die kitzlige Lage und will seinen Ball schlagen, der auf matschigen Grund gelandet ist, um keine Strafschläge zu kassieren. Das Problem: Wenn man sich dann nicht radikal entkleidet, sehen die hübschen Klamotten hinterher dank der herumfliegenden Sauce wie ein Schwein aus. Stenson hat das am Donnerstag in Doral am dritten Loch alles sehr genau bedacht und beschlossen, sich auszuziehen. Es entstand ein Bild für die Ewigkeit (via Deadspin). Für Stenson hat sich das Manöver gelohnt. Tiger Woods liegt im Mittelfeld. Martin Kaymer ziemlich weit hinten.

Nachtrag: Hier ist die Bildergalerie, die den Spaß 
noch etwas besser dokumentiert. Detail: Stenson trägt eine Unterhose
 der Marke Björn Borg. Nach dem Katalog zu urteilen handelt es sich um das Modell Fun Short Short, das man im Internet für 22,95 Euro das Stück beziehen kann. Werbespruch: "Ordinary people feeling extraordinary in these underwear."

Geht nicht nur auf die Knochen

Man liest solche Geschichten nur selten. Wahrscheinlich weil die Masse der Leute das gar nicht wissen will: Dass der Bewegungsablauf eines Baseball-Pitchers beim Wurf (und sei er noch so klug und sorgfältig antrainiert) einen katastrophalen Fehler hat. Er ruiniert die Muskulatur. Genauso wie man nur selten etwas über die zerschundenen Football-Profis liest, die mit kaputten Gelenken oder – noch schlimmer – mit unheilbaren Hirnschäden nach dem Ende ihrer Karriere für den Rest ihres Lebens zum Sozialfall werden. Weshalb jedes Mal, wenn man sich mit den Kollateralschäden von gewalttätigen Sportarten beschäftigt, zwei Frage auftauchen: Warum ist das so? Und muss das so bleiben?

Die Probleme sind übrigens nicht auf die USA beschränkt. Ich nehme mal an, dass diese Studie aus Italien und den Folgeproblemen für Fußballspieler fast überall unter den Tisch gefallen ist. Da wurde der Verdacht laut – zugegeben auf der Basis einer statistisch gesehen relativ kleinen Menge von Fällen – dass es einen Zusammenhang zwischen dem Kopfballspiel und etwaigen Gehirnerschütterungen auf der einen Seite und der Häufigkeit von Lou Gehrig's Disease geben dürfte. Die Krankheit ist eine Nerven- und Muskellähmung und führt nach ihrem Einsetzen innerhalb weniger Jahre zum Tod. Heilung gibt es nicht. Der offizielle Name des Leidens lautet übrigens Amyotrophe Lateralsklerose (ALS).

Man kann das eine besondere Ironie finden, dass diese Krankheit im Volksmund nach einem der besten Baseballspieler aller Zeiten benannt ist. Oder vielleicht auch nicht. Als Lou Gehrig (ein Sohn deutscher Einwanderer, der eigentlich Ludwig Heinrich hieß) die Diagnose erfuhr und er sich auf eine erinnerungswürdige Weise im Yankee Stadium in New York von seinen Fans verabschiedete, hatte niemand auch nur eine Ahnung davon, wodurch diese irreversible Fehlsteuerung des Körpers ausgelöst wurde. Das war in den dreißiger Jahren.

Wir sind heute nicht viel schlauer.

Zum Thema der leidenden alten Football-Profis habe ich vor ein paar Wochen aus Anlass des Super Bowls einen Beitrag für den Deutschlandfunk zusammengestellt.

12. März 2009

Alle Neune und noch ein bisschen mehr

Zum ersten Mal hat Football-Profi Travis Henry die Geschichte erzählt, wieso er neun Kinder mit neun Frauen hat und denen eine ordentliche Stange Alimente abliefern muss. Er hat ganz offensichtlich nicht genug von den Kondomen gekauft, die Anna Kurnikowa so gerne anschafft. Und er hat geglaubt, dass die Frauen die Wahrheit sagen, wenn sie ihm ins Ohr flüsterten, dass sie die Pille nehmen. Henry hat viele Probleme. Auch im Umgang mit Drogen. Ihm droht eine längere Gefängnisstrafe.

Wenn Anna in Haiti shoppen geht

Dies ist eine Geschichte, die man nur auf der Metaebene versteht (wenn überhaupt). In ihr spielt Anna Kurnikowa die Rolle einer Kondomkäuferin. Die Insel Haiti liefert die symbolische Kulisse für die Armut der Welt. Und die Zeitschrift Conde Nast Traveler schickt einen Online-Videoreporter, der aus ungeklärten Gründen nicht nur exakt in dem Moment zur Stelle ist, sondern auch noch darüber schreibt (ohne dass Anna Kurnikowa befragt wird, ob sie ihre Partner dazu bringt, Kondome zu benutzen). Irgendwo auf dieser Metaebene fungiert die ehemalige Tennisspielerin mit dem besten Schmollmund der Zunft als sogenanntes Sexsymbol. Das kann ein Beruf sein, wie einst Jayne Mansfield bewiesen hat. Und wenn nicht – für ein Online-Video im Stil des Cinema Verité reicht es allemal.

Cornflakes für einen guten Zweck

Die einen schwimmen in Wasser. Die anderen schwimmen in Cornflakes. Nachdem sich Kellogg's von Michael Phelps getrennt hat, hatte die Firma noch sehr viel fertig produzierte Schachteln mit dem Konterfei des (tausendfachen?) Olympiasiegers herumliegen, wollten damit aber nicht mehr die Läden behelligen. Was macht man dann? Man verschenkt das Zeug an eine Foodbank, eine Einrichtung, die Lebensmittel an arme Leute verteilt. Wofür ein Phelps doch alles gut sein kann.

Warten auf den Wandertag

Gemessen an den normalen Verschiebeaktionen in den USA wäre ein Umzug der Oakland A's nach San Jose fast ein Pappenstiel. Es wäre eine S-Bahn-Fahrkarte, wenn es so etwas wie S-Bahn gäbe. Noch ist nichts beschlossen. Aber es wird daran gearbeitet. Die Baseballmannschaft heißt eigentlich Athletics kommt ursprünglich aus Philadelphia, wo sie zu den Gründungsmitgliedern der American League gehörte und wanderte 1955 nach Kansas City. 1969 ging es nach Kalifornien weiter. Das Team hatte sich zuletzt immer wieder Beachtung verdient, weil dort aus Spargründen das Konzept des Money Ball perfektioniert wurde. Dass man in Silicon Valley mehr Geld einnehmen kann als in der maroden Stadt auf der Ostseite der Bay, ist sehr wahrscheinlich. Aber das ist, wie man zuletzt in Tampa sehen konnte, gar nicht mal das Problem. Auch knickrige Manager können gute Teams auf die Beine stellen. Solange sie etwas von der Sache hinreichend verstehen.

11. März 2009

Garcia kann Woods von Platz 1 verdrängen

Kaum zu glauben, aber wahr. Ausgerechnet Sergio Garcia kann an diesem Wochenende Tiger Woods vom ersten Platz der Weltrangliste verdrängen, falls der Amerikaner so schwach spielt wie vor zwei Wochen in Arizona. Warum man das nicht von dem Spanier erwarten durfte? Unter anderem deshalb, weil er bis heute trotz seines beachtlichen Talents noch kein Major-Turnier gewonnen hat. Im letzten Jahr ließ er sich bei der PGA Championship erneut von Padraig Harrington nass machen, nachdem er ihm 2007 kurz vor Schluss die British Open geschenkt hatte (genau genommen hatte er ihm ein Stechen geschenkt, dass er dann aber verlor). Bei der PGA Championship 1999 war bereit schon einmal Zweiter gewesen. Damals hinter Tiger Woods.

Wirklich erstaunlich ist nicht, dass jemand aus dem Verfolgerfeld den am Knie operierten Woods von der Spitze verdrängen könnte. Der hatte seit Juli nicht mehr gespielt und dadurch keine Ranglistenpunkte mehr erzielt. Die Überraschung besteht eher darin, dass ausgerechnet Sergio die besten Zahlen mitbringt und nicht etwa der besagte Padraig Harrington oder Vijay Singh, der in der letzten Saison die meiste Kohle gescheffelt hatte. Da Garcia nur selten das gelingt, was ihm der Rest der Welt zutraut, sollte man davon ausgehen, dass es so schnell nichts wird mit Platz eins.

Wenn übrigens jemand Martin Kaymer sucht: Der steht auf einem beachtlichen 23. Platz. Am Donnerstag und Freitag in den ersten beiden Runden der CA Championship in Doral am Rand von Miami geht er mit Phil Mickelson und Andres Romero über den Platz. Es ist ein erlesenes Feld. Nur 80 der Topspieler wurden eingeladen. Kaymers Ranglistenplatz garantiert ihm darüberhinaus in diesem Jahr auch wieder die Teilnahme am Masters in Augusta und an den US Open in Bethpage.