17. Oktober 2009

Tyson entschuldigt sich bei Holyfield

Es ist keine aufregende Episode in der Geschichte einer brutalen Sportart. Aber irgendwie trotzdem bemerkenswert. Denn dass sich Frauen als Friedensstifter einmischen und ihr Millionenpublikum mit solchen Szenen abfüllen, hat es noch nicht gegeben. Also dann: Mike Tyson entschuldigt sich bei Evander Holyfield in der Talk-Show von Oprah Winfrey. Wir erinnern uns: Tyson hatte vor vielen Jahren Holyfield im Ring ein Stück vom Ohr abgebissen.

Ich habe mich eine Weile danach mit dem Ringrichter des Kampfs in Las Vegas unterhalten. Hier Auszüge aus dem Interview mit Mills Lane, der nach seinem Rücktritt als aktiver Kampfrichter eine erfolgreiche Gerichtssendung mit dem Titel Judge Mills Lane hatte:

Haben Sie jemals gedacht, Sie wuerden sich eines Tages mitten in einer Kontroverse befinden, über die die ganze Welt spricht?

MILLS LANE: Nein. Aber du spielst im Leben die Karten, die ausgeteilt worden sind, und machst das beste daraus.

Sie sind damals kurzfristig nominiert worden, nachdem das Tyson-Lager einen Ihrer jüngeren Kollegen abgelehnt hat.

MILLS LANE: Ja. Er hat verzichtet, weil er nicht wollte, dass er im Mittelpunkt steht.

Vermutlich eine gute Idee...

MILLS LANE: Er wäre in einer schwierigen Situation gewesen.

Zum Glück stand mit Ihnen einer der besten Ringrichter in Amerika zur Verfügung.

MILLS LANE: Ich halte mich nicht für den besten, aber ich gehöre sicher zu den Top-Leuten. Und ich war körperlich und mental in Form.

Haben Sie eine Ahnung, weshalb Boxer im Ring durchdrehen?

MILLS LANE: Nein. Aber in meiner aktiven Zeit habe ich erlebt, wie es einem ergehen kann, wenn man einen Kopfstoß abbekommt und die Augen zuschwellen. Es tut weh.

Tyson war die rechte Augenbraue aufgeplatzt. Er behauptete hinterher, Holyfield habe ihn bewusst verletzt. Wie haben Sie den Kampf gesehen?

MILLS LANE: Es ging ziemlich rauh zu. Aber der Kopfstoß war meiner Meinung nach unabsichtlich. So etwas passiert bei Leuten mit dem Box-Stil von Tyson und Holyfield andauernd.

Was sagen Sie zu Tysons Rechtfertigung?

MILLS LANE: Nur soviel: Nach solch einem Kampf kommt der wahre Charakter eines Menschen sehr schnell ans Tageslicht.

Haben Sie mal mit ihm über den Vorfall geredet?

MILLS LANE: Nein. Als Ringrichter hält man so viel Abstand wie möglich von den Boxern und ihrem Umfeld.

Ein Boxer wie Tyson fasziniert die Zuschauer. Weshalb eigentlich?

MILLS LANE: Boxen ist das Grundmodell für jede Form von Auseinandersetzung. Einer gegen einen. Faust um Faust. Es entspricht einem Grundverständnis im Menschen.

Aber ohne den dritten Mann im Ring geht es nicht.

MILLS LANE: Absolut. Jemand muss dafür sorgen, dass die Regeln eingehalten werden und die Integrität des sportlichen Zweikampfs gewahrt bleibt. Ohne den Ringrichter wäre das Ganze nur eine Wirtshausschlägerei.

Post scriptum: Mills Lane erlitt 2002 einen Gehirnschlag und kann seitdem kaum sprechen.

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