13. Juni 2009

Altmetall von besonderem Wert

Es gibt einen Mannschaftswettbewerb, für den im Jahre 1900 von einem Harvard-Studenten namens Dwight Filley Davis ein Pokal gestiftet wurde. Genau genommen ist es eine Schüssel. Das passierte acht Jahre, nachdem der damalige Generalgouverneur von Kanada den Dominion Hockey Challenge Cup auslobte. Der Herr hieß Lord Stanley of Preston. Und wie sah seine Hinterlassenschaft aus? Wie eine Schüssel.

Gefäße aus Silber mit und ohne Deckel, mal bauchig, mal gertenschlank, die sich gut in Glasvitrinen machen, sind so etwas wie die mysteriösen Legate an uns aus jener Zeit, als sich Mannschaftsportarten formierten und Leute Regeln in praktische Handhabungen auf den Sportplätzen umgossen. Man könnte auch sagen: Lang ist's her. Aber immer mal wieder wird man durch schnell hingeworfene Aussagen wie "die älteste Mannschafts-Trophäe der Welt" daran erinnert, das sie noch mit uns sind – die "Trophäen" von einst. Wobei die Schüssel von Lord Stanley womöglich dieses Etikett gar nicht verdient hat. Nicht nur, weil die Übersetzung des Wortes trophy extrem daneben geht. Ein Umstand, an den wir dank Wikipedia erinnert werden: Demnach versteht man im deutschen Sprachgebrauch unter "Trophäe" zumindest seit 1905 Dinge wie im "Kampf eroberte Fahnen, Standarten und Geschütze, auch Zusammenstellungen von Waffen" und feindliche Besitztümer aller Art, natürlich auch Geweihe und Schrumpfköpfe. Pokale im Sport sind nicht darunter. Und abgesehen davon: Der Stanley Cup gehört jeweils ein Jahr lang dem Gewinner der NHL-Playoffs. Dann muss er ihn wieder herausrücken.

Das Problem mit dem Superlativ "älteste" wäre allerdings noch etwas größer. Denn so gab es ab 1872 zumindest den FA Cup, der 1895 aus dem Schaufenster eines Schuhgeschäftes in Birmingham gestohlen wurde und auf immer verschwand und mit einem Nachfolgeexemplar ersetzt wurde. FA steht übrigens für Football Association und demnach für eine Mannschaftssportart. Man darf annehmen, dass Lord Stanley die Idee für die Schüssel für die Eishockeyspieler in der Kolonie Kanada aus dem Mutterland kopiert hat.

Jetzt könnte natürlich jemand argumentieren und sagen: Weil der Pokal von Lord Stanley (verlängert um einen massiven Sockel) noch existiert und keiner weiß, wo der alte FA Cup abgeblieben ist (vielleicht wurde er sogar eingeschmolzen), ist er älter. Aber das ist natürlich ein Scheineinwand. Denn die Information darüber wie alt ein Pokal ist, ist ziemlich unerheblich im Vergleich dazu, wie alt der Wettbewerb ist, in dessen Rahmen er ausgespielt wird. Also zum Beispiel wie beim America's Cup, dem von vielen Rechtshändeln bestimmten Segelwettbewerb. Dessen Pokal stammt aus dem Jahr 1851 und ist damit die "oldest active trophy in international sport". Ich überlasse es mal anderen, diese Sprachkonstruktion vernünftigt zu übersetzen. Genauso wie ich mir eine Entscheidung darüber spare, ob das Segeln mit mehr als zehn Mann an Bord, die alle perfekt aufeinander abgestimmt synchron arbeiten müssen, wenn sie gewinnen wollen, eine Einzelsportart oder eine Mannschaftssportart ist.

Übrigens ist die NHL und ihr System, den Meister zu ermitteln, nicht so alt wie der Cup. Die Liga ist eine Erfindung des 20. Jahrhunderts und hat den Pott in den zwanziger Jahren einfach ursupiert und kam damit auch juristisch durch, als man 1947 den Umgang mit dem Ding in ein rechtsverbindliches Papier goss.

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