21. Juni 2009

Typisch New York: Golfer auf dem Nervengrill

Es gibt einen unausgesprochenen Kodex für den Besuch eines Golfturniers: Leise sein, bestenfalls flüstern, positiv denken und freundlich applaudieren. Das ist ein Ausfluss der jahrhundertalten Etiquette, die Golfspieler pflegen, wenn sie in Gruppen über den Platz gehen. Sie stammt aus dem Großbritannien der guten alten Zeit, wo man Sport stets als Übung in sportsmanship betrachtet hat. Fairness und Redlichkeit im Umgang mit den Regeln, nicht bescheißen wollen – das sind alles Konzepte eine adeligen Gesellschaftsschicht, die allerdings längst ihren Einfluss auf das Verhalten von Menschen im Alltag eingebüßt hat.

Bei Golfturnieren in Augusta und anderen Gegenden der Vereinigten Staaten bringen die Zuschauer noch die Selbstdisziplin mit, die Spieler möglichst nicht aus der Ruhe zu bringen. Im Weichbild von New York kann man das vergessen. Die US Open im Tennis waren da der Tempomacher. Sie locken seit dem Umzug nach Flushing Meadow in kavernöse Stadienbauten die lautesten und respektlosesten Grand-Slam-Zuschauer auf dem Globus an. Im Golf sieht das nicht anders aus. Bethpage, das eine Tages-Kapazität von 45.000 Zuschauern verkraften kann, ist das jüngste Beispiel für eine Verhaltenskultur, die auf den Straßen von Manhattan geboren ist. Statt gehupt wie dort, wird auf dem Platz nun zynisch gebrüllt. Und es werden Witze gerissen. Alles nach dem Motto: Provozieren geht über studieren. Irgendein Spieler wird doch vielleicht reagieren, ärgerlich werden und auf diese Weise aus dem Tritt geraten. Das ist vor sieben Jahren, als das Turnier zum letzten Mal in Bethpage ausgetragen wurde, dem Spanier Sergio Garcia passiert. Damals hat er noch minutenlang in einem Anflug von manierierter Nervösität vor dem Schlag den Griff immer wieder neu angesetzt. Das dauerte den Zuschauern zu lange. Also haben sie den Mund aufgemacht. Garcia, der Chancen hatte, das Turnier zu gewinnen, was not amused und zeigte Nerven.

Ein ähnliches Opfer hat sich in diesem Jahr noch nicht herausgeschält. Aber das kann sich noch ändern. Die ersten haben sich bereits in Stimmung gebracht. Denn nicht nur der Regen fließt in Strömen, auch das Bier.

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