2. Oktober 2008

Doktor-Spiele

In fast jeder Moritat die unsereins interessiert, verbirgt sich irgendeine ganz besondere Ironie. Besonders bei Vergehen und Verbrechen der mittleren und oberen Schichten, die ja meistens nicht ganz spontan begangen werden, sondern mit Absicht, und auch nicht von unmittelbaren akuten Bedürfnissen ausgelöst werden wie, sagen mir mal, Mundraub. Aber soviel Ironie wie im Prozess gegen den diplomierten Sportlehrer und Fernsehjournalisten Dr. Jürgen Emig ist dann doch eher selten. Wie Jens Weinreich in einem Eintrag zur Urteilsnachricht schreibt, hat der soeben mit zwei Jahren und acht Monaten Gefängnis belegte ehemalige Ressortleiter Sport des Hessischen Rundfunks seine Studienjahre mit dieser Doktorbeit abgeschlossen:
Barrieren eines investigativen Sportjournalismus – Eine empirische Untersuchung zu Bedingungen und Selektionskriterien beim Informationstransport.

Die Schrift hätte man in diesem Augenblick gerne zur Hand. Vor allem auch deshalb, weil ein Verweis auf der Open Library Webseite diesen Untertitel zitiert: "Informationsgenerierung über einen mehrstufigen journalistischen Selektions- und Entscheidungsprozess, dargestellt an der Hintergrundberichterstattung im Bereich des Sports". Es macht einen neugierig, weil man erfahren möchte, was der promovierende Jürgen Emig wusste, ehe er dann ins Leben ging, sich auf einen gut bezahlten Posten vorarbeitete und eine Frau zur Gattin nahm, die ihm "Selektionskriterien beim Informationstransport" vermittelte, an die er womöglich bei der Erstellung der Doktorarbeit noch gar nicht gedacht hatte.

Der Form halber wollen wir an dieser Stelle betonen, dass das Urteil gegen Dr. Emig noch nicht rechtskräftig ist, weshalb wir uns mit unseren Einschätzungen zum Sachverhalt zurückhalten wollen. Das Zitat aus der Schrift, das man hier finden kann, spricht eher für einen Autor, der das Thema Sportjournalismus ziemlich verquast gesehen hat. Oder vielleicht auch nur matt erleuchtet, wie man aus diesem Verweis entnehmen kann (Fußnote Nummer neun). Aber wohl soviel steht fest: Ohne den investigativ arbeitenden Journalisten Frank Thonicke aus Kassel wäre Emigs Arbeitsweise womöglich nie ans Tageslicht gekommen. Dessen Selektionskriterien beim Informationstransport hat Emig damals bei seiner Dissertation bestimmt nicht kommen sehen.

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