6. Juni 2007

Schopp im Passiv

Die meisten Menschen betrachten die amerikanische Fußball-Liga MLS, so als ob sie schielen. Ein Auge beschäftigt sich mit David Beckham. Das andere versucht den ganzen Rest zu verarbeiten. Das gilt sicher nicht für die Österreicher. Die schauen fixiert auf einen. Sie haben schließlich nicht nur mit den New York Red Bulls quasi ihre eigenen Aktien in der Liga, sondern bei diesen besagten Red Bulls einen Mann namens Markus Schopp im Einsatz. Oder auch nicht. Neulich kehrte er nach einer Leistenoperation aus München zurück und saß das gesamte Match auf der Ersatzbank. Da war natürlich für das Nachrichtenportal Sport1.at völlig klar, wie man das in eine griffige Überschrift umgießt: "NY Red Bulls verlieren ohne Schopp".

Im Moment läuft auf dem New Yorker Kanal MSG das Spiel der Red Bulls in Toronto. Mal abgesehen von dem vollen Stadion mit rund 20 000 gut gelaunten Besuchern und den ständig durchs Bild fliegenden Möwen (ist da eine Müllkippe in der Nähe?) ein ziemlich grautbrotmäßiger Kick. Schopp spielt. Das heißt, meistens findet das im Passiv statt: Ihm wird mitgespielt. Mit den Stollen am Ende seiner zwei gestreckten Beine ist er auch schon in den Mann gestiegen und hat sich eine gelbe Karte eingefangen. In der 73. Minute wird er ausgewechselt.

Aber Schopp ist ehrgeizig. "Ich habe immer gesagt, dass die EURO mein großes Ziel ist und ich mich dafür in den Vordergrund spielen möchte. Ich weiß allerdings, dass ich den Worten jetzt Taten folgen lassen muss", sagte er vor ein paar Tagen in einem ausführlichen Interview mit sportnet.at.

Zurück zum Spiel: Toronto ist neu in der Liga und ziemlich schwach in die Saison gestartet. New York ist seit Gründung der Liga dabei, spielt in diesem Jahr jedoch zum ersten Mal (unter ihrem neuen Trainer Bruce Arena) ernsthaft ganz oben mit. Einer der Gründe dürfte eine Verstärkung von Aston Villa sein: der technisch sehr beschlagene und bewegliche kolumbianische Stürmer Juan Pablo Ángel. Dem hat die New York Times heute eine kleine Eloge gewidmet ("Red Bull Import a Little Excellence"). Was gut und schön ist. Denn solche einfallsreichen Techniker gibt es kaum in der Liga. Aber bis zu den Fußballanhängern der Region scheint sich das nicht herumgesprochen zu haben. In dem riesigen Giants Stadium verlieren sich bei Heimspielen allenfalls 9000 Zuschauer. Ángels Beitrag heute: zwei Tore zum Sieg. Der Mann ist sein Geld wert.

1 Kommentar:

SOR hat gesagt…

Angel ist sein Geld wert - Schopp nach Jahren immer noch nicht. Das war schon damals so, als er beim HSV anheuerte (das muss so zehn Jahre her sein).
Ich als Hamburger und Fan des HSV ärgere mich noch heute darüber, dass Schopp sein zweifelsfrei vorhandenes Potenzial so gut wie nie abrufen konnte. Ein schlampertes Genie. Manche Dinge ändern sich nie.