21. Februar 2010

Der Olympische Klingelbeutel: Tod, wo ist dein Schatten?

Heute mal ein bisschen Bückware zu den Olympischen Winterspielen in Vancouver, die in den USA trotz des Fehlens vorher hinreichend hochgejubelter Sportler eine leise Euphorie auslösen. Wenn die eigenen Leute dauernd gewinnen, dann möchte man schließlich selbst irgendwann wissen, wer das ist: die Vonn, die Mancuso, der White und der Ohno. NBC arbeitet wie in den letzten Jahren auch: attraktive Wettbewerbe werden tagsüber einfach nicht gezeigt, sondern erst abends entkorkt. Und dort werden sie in ein Magazinformat eingegossen, das dem Regisseur erlaubt, geschickt von Austragungsort zu Austragungsort zu springen und dabei all den Plunder wegzulassen oder zu umschiffen, für den sich der amerikanische Fernsehzuschauer so gar nicht interessiert. Lieber wird ein Fünf-Minüter über die Ausbildung zur Royal Canadian Mounted Police eingestreut als eine Schilderung der Hintergründe der Ausbildung zum Goldmedaillengewinner, wie man sie in Deutschland praktiziert.

Natürlich gibt es Gründe, weshalb die besser gewordenen amerikanischen Bobfahrer und Rodler noch immer nicht ganz oben auf dem Treppchen landen. Aber statt sie kritisch unter die Lupe zu nehmen, reduzieren die Reporter an der Bande das Geschehen auf Gewicht, Kraft, Reaktionsschnelligkeit und den emotionalen Quark, der in der Sportberichterstattung den ganzen ungeklärten Rest erklären soll.

Was die Fernsehleute so gerne links liegen lassen, bleibt jedoch trotzdem ein Thema. Hier eine Auswahl an Geschichten:

• Die schlimmsten Spiele aller Zeiten? Eine Verteidigungsrede aus kanadischer Sicht mit ein paar Hinweisen zu Sachverhalten, die längst vergessen sind: So starben 1964 vor und bei den Spielen in Innsbruck zwei Athleten: ein Rodler und ein Skifahrer (der prallte beim Training gegen einen Baum neben der Strecke).

• Wie hat sich ein Bronzemedaillengewinner zu verhalten, solange er mit dem Bembel um den Hals herumspaziert? Nicht so. Meister Lago wurde deswegen nach Hause geschickt. Auf gut Amerikanisch nennt man das "risqué". Was bekanntlich ein französisches Wort ist. Und in diesem Zusammenhang mit "anzüglich" übersetzt werden darf, obwohl es meistens oft unter "schlüpfrig" läuft. Ja, und überhaupt....die frechen Snowboarder.

• Jaromir Jagr liebäugelt mit einer Rückkehr in die NHL. Er wäre nach dem ersten Eindruck in Vancouver eine Bereicherung. "Jungs, es ist nicht einfach, hier zu spielen", sagte er über den Alltag in der russischen Liga. "Man trainiert sehr viel härter als in der NHL. Manchmal spiele ich in zwei Linien. Sollte ich zurückkehren, werde ich ich vermutlich ein besserer Spieler sein als zu dem Zeitpunkt, als ich gegangen bin."

• Die personifizierte Langeweile: Frauen-Eishockey wird von zwei Mannschaften dominiert. Extrem dominiert. Dabei spielen die USA und Kanada auf einem sehr ansehnlichen Niveau und werden auch immer besser. Aber der Rest der Welt... Wann verschwindet die Sportart aus dem Programm?

• Wir hatten dann noch diesen Fall des niederländischen Eisschnellläufers Sven Kramer, der nach dem Gewinn der Goldmedaille über 5000 Meter die Interviewerin von NBC mit der Gegenfrage auskontert: "Sind Sie doof?" Das Original-Video der Szene ist inzwischen wieder aus den YouTube-Archiven getilgt. Dafür gibt es hier die Aufarbeitung des Themas im NL-Fernsehen – mit englischen Untertiteln.


• Ach, ja. Und dann waren da noch die großen Träume der Verantwortlichen aus dem Veranstalterland. Sie wollten die meisten Medaillen bei diesen Spielen abräumen. Sieht nicht gut aus.

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