Die einzige Institution, die versucht, der interessierten amerikanischen Öffentlichkeit Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse von Ligen und Clubs zu geben, ist die Redaktion des Magazins Forbes. Das Blatt ist hinreichend bekannt als Festung neoliberaler Weltsicht. Man könnte sie auch Hurra-Kapitalisten nennen. Denn alles andere als pure Gier als Steuermechanismus der Marktwirtschaft ist ihnen suspekt. Forbes hat einen guten Ruf, weil man ihnen zutraut, dass ihre Listen und Zahlen, wenn sie schon nicht auf Einsicht in die Bücher beruhen, so doch auf vertrauenswürdiger Einschätzung einer Reihe von Datenmaterial. Was solche Kalkulationen wirklich wert sein können, stellt sich dieser Tage heraus. Bei den St. Louis Rams, wo 60 Prozent der Anteile den Besitzer wechseln werden. Und wo man als Bewertungsmaßstab für die 100 Prozent auf eine Ziffer zwischen 725 und 750 Millionen Dollar kam. Erst wenige Monate vorher hatte Forbes den Gesamtwert der Rams auf 913 Millionen Dollar geschätzt.
Die Fehlkalkulation ist nicht exorbitant, aber sicher symptomatisch. Denn man darf angesichts solcher Abweichungen davon ausgehen, dass auch die anderen Clubs in der NFL von der Zeitschrift nicht marktgerecht eingestuft worden sind, sondern zu hoch. Das wiederum ist kein wirkliches Problem, allenfalls für die Spielergewerkschaft, die in der Auseinandersetzung um einen neuen Tarifvertrag solche Nachrichten natürlich überhaupt nicht gerne hört. Der Marktwert der Clubs ist nur eine indirekte Größe, um den wirtschaftlichen Gesundheitszustand der Liga zu ermitteln. Aber in der NFL, in der man geradezu sozialistische Verhältnisse pflegt und alle Fernseheinnahmen und den Merchandising-Topf brüderlich teilt, wäre ein fallender Trend bei den Marktwerten zumindest ein Zeichen: für sinkende Gewinne. Laut Forbes machten im letzten Herbst angeblich nur zwei Clubs Minus: Die Seattle Seahawks und die Oakland Raiders. Die Rams-Eigentümer verdienten hingegen angeblich ganz ordentlich Geld. Was auch an den Mietkonditionen für die Arena liegen kann, die die Rams für so gut wie gar keine Miete nutzen können.
Sportlich hat der Club nicht viel zu bieten. Im Rückblick wirken die Jahre um die Jahrtausendwende mit einem Super-Bowl-Erfolg und einer Finalteilnahme wie ein kurzes Feuerwerk in einer langen Tages Reise in die Nacht. In der letzten Saison produzierte man das Super-Resultat von einem Sieg und 15 Niederlagen. Bis 2014 muss das Team auf jeden Fall noch in St. Louis bleiben. Wenn dann die Stadt die Halle nicht ordentlich aufpeppelt, darf man woandershin umziehen. Die Rams waren einst in Cleveland, wurden dann nach Los Angeles umgetopft und erlebten einen der kurioseren Besitzerwechsel im amerikanischen Sport. Sie wurden von ihrem damaligen Eigentümer Robert Irsay gegen die Baltimore Colts eingetauscht, die einem gewissen Carroll Rosenbloom gehörten. Rosenblooms Witwe Georgia Frontiere übernahm nach dessen Tod den Laden und sorgte für den Ortswechsel in ihre Heimatstadt. Ihren Stiefsohn hatte sie schon vorher aus der Machthierarchie der Mannschaft ausgehebelt. Das Umzugsmodell hatte sie bei Irsay abgeschaut, der die Colts Mitte der achtziger Jahre in einer berüchtigten Nacht- und Nebelaktion nach Indianapolis verfrachtete.
Sohn Rosenbloom macht immerhin jetzt Kasse. Nur nicht ganz soviel wie man bei Forbes angenommen hatte.
1 Kommentar:
Lesen Sie doch mal diesen Artikel (http://de.wikipedia.org/wiki/Neoliberal) bevor Sie das nächste Mal das Wort "neoliberal" gebrauchen.
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