29. April 2008

Miami grüßt Herten

Für einen Tag lang ist gestern die "industrial town of Herten" in den USA auf dem Radarschirm aufgetaucht. Was beachtlich ist. Denn Herten sorgt gemeinhin nicht mal in Deutschland für Aufsehen. Das schaffen auch die Hertener Löwen nicht, ein Basketball-Club mit Ambitionen. Aber gestern war es so weit. Weil ein gewisser Erik Spoelstra zum neuen Trainer der Miami Heat ausgerufen wurde. Und weil den in Chicago geborenen "holländisch-irischen-Philippino" (Eigencharakterisierung) außerhalb von Miami aber nun wirklich keiner kennt, wurden alle möglichen Details ausgegraben. Die Geschichten vom Vater, der schon als Marketing-Spezialist in der NBA sein Geld verdiente, zum Beispiel.

Der 37jährige ist der jüngste Coach der Liga und ein unbeschriebenes Blatt. Und deshlab wohl auch die Erwähnung von Herten, wo der Nachfolger von Pat Riley, des legendären Pat Riley, dessen Abgang sogar in Deutschland vermeldet wird, mal vor langer Zeit zwei Jahre als Spielertrainer im Einsatz war. So steht es etwas unbeholfen in seinem Wikipedia-Eintrag ("a team in the sports league of Germany") Und so plappern es dann alle ganz fleißig nach. Da er bereits seit 1995 bei den Miami Heat angestellt ist und sich dort langsam, aber sicher nach oben arbeitete, dürfen wir annehmen, dass diese Episode in seinem Leben schon lange zurückliegt. Ob sich jemand in Herten noch daran erinnern kann? Hier das Foto als Gedächtnisstütze.

28. April 2008

Roger Clemens und das Mädchen

Die Halbwertzeit von ausgewachsenen Sporthelden ist mal richtig lang gewesen. Der Frauenheld Babe Ruth zum Beispiel, der gerne schon morgens scharfe Sachen trank, ist auch heute noch eine Ikone. Nach Leuten wie Jesse Owens und Cy Young wurden Preise benannt. Und wer wird je Halla vergessen, die unvergleichliche Stute, auf deren Rücken sich ein verletzter Hans-Günter Winkler in Stockholm anno 1956 zum Mannschafts-Gold quälte? In Warendorf haben sie eine Straße nach ihr benannt. Sie steht im Guinness-Buch der Rekorde. Und es gibt ein Denkmal. In Lebensgröße.

Die Jungs und Mädels der aktuellen Jahrgänge scheinen hingegen ganz rasch zu verglühen. Oft sogar nur deshalb, weil sie den Unterschied zwischen moralisch und unmoralisch, richtig und falsch nicht erkennen können. Richtig heiß glüht dieser Tage Roger Clemens, einer der besten Baseball-Pitcher aller Zeiten. Nach der Doping-Arie (gegen die Vorwürfe wehrt er sich vehement, aber die Indizien sprechen eine andere Sprache) hängt ihm jetzt noch die starke Zuneigung zu einer 15jährigen nach. Innig soll es gewesen sein. Und nach den Gesetzen des Landes möglicherweise auch juristisch nicht einwandfrei. Von dem Thema Ehebruch ganz zu schweigen. Das Mädchen ist natürlich heute viel älter und hat ihre eigenen Schwierigkeiten. Aber gegen die Imageprobleme von Roger Clemens wirkt das eher bescheiden.

25. April 2008

Vor dem dritten Spiel

Man kommt sich vor wie ein Defätist, wenn man die Dallas Mavericks und ihre schwachen Leistungen mit einem Blick beschreibt, der über die heutige dritte Partie gegen die New Orleans Hornets hinausschaut. Warum? Einer allgemein gültigen Medienlogik zufolge hat man zuallerst den eigenen Mann hochzuschreiben. Das wäre also Dirk Nowitzki. Man hätte demnach auch sein Umfeld hochzuschreiben. Denn wenn man Nowitzkis immer wieder neue Erklärungen zur Lage seiner Mannschaft akzeptiert und sie nicht hinterfragt, ist in Dallas ja angeblich alles in Ordnung. Ganz egal, was die Resultate aussagen. Und am Trainer liegt es schon gar nicht.

Nowitzki kommentarlos zitieren ist wie George Bush kommentarlos zitieren, ist, als ob man eine vorgespiegelte Realität für die Wirklichkeit hält und unwidersprochen akzeptiert. Zu Bush fällt mir dazu nur soviel ein: Das Land geht den Bach runter. Und das ist die Realität. Man schaue sich die relevanten Zahlen an. Zu Nowitzki fällt mir ein: Die Mavericks streben in eine ähnliche Richtung. Vielleicht sind sie noch ungefähr so gut wie vor zwei Jahren. Wahrscheinlich nicht. Aber selbst wenn: Die anderen im Westen sind Schritt für Schritt besser geworden.

Was es VOR dem dritten Spiel zu sagen gab, steht hier. Was es NACHHER zu sagen gibt, steht am Sonntag in der FAS. Nachtrag: Inzwischen gibt's den Text auch online.

Das fanden wir beim Suchen, Teil 4

Wo die meisten Fans und Neugierigen sitzen - ein Vergleich:
Bundesliga (Bremen) vs. Champions League (Bremen)
Kobe Bryant (Stuttgart) vs. NBA (Gießen)
Martin Kaymer (München) vs. Masters (Duisburg)
FAZ (Bonn) vs. Süddeutsche (München)
ARD (Bonn) vs. ZDF (Mainz)
Blogs (Frankfurt/M) vs. Blogger (Berlin)
Luxemburg (Trier) vs. Liechtenstein (Konstanz)
Quelle: Google Trends
Anmerkung: In der letzten Liste war Kaiserslautern die erste Stadt auf der Liste für die NBA
Blick zurück: Liste eins und zwei und drei

24. April 2008

Ansichten über Kobe

Auf den Sportseiten von faz.net geben nur wenige Leser in den Kommentaren ihre Meinung zum Besten. Das mag an den Artikeln liegen. An den Lesern. Oder an beidem. Umso mehr überrascht es einen, wenn sich gleich fünf Menschen zu Wort melden, weil sie etwas an der Tendenz eines Textes über einen Basketballspieler auszusetzen haben. Fünf – das wirkt wie ein Tsunami. Das Thema? Kobe Bryant und Gedanken zur MVP-Wahl, bei der er vermutlich in diesem Jahr zum ersten Mal in seiner Karriere gewonnen haben dürfte (Das Ergebnis steht längst fest, wird aber von der NBA erst in ein paar Tagen offiziell verkündet). Die oberflächliche Auswertung der Beschwerden ergibt, dass Bryant es geschafft hat, sich auch fern seiner Heimat den Ruf eines herausragenden Spielers zu erarbeiten. Und dass die Beschwerdeführer jede Form eines sachten Zurechtrückens der neuen Kleider des Basketball-Kaisers als Majestätsbeleidung empfinden. Wer selbst lesen und kommentieren will: Hier geht's lang.

Luft schnappen in Denver: Gladbach steigt in Colorado so richtig auf

Die Zahl der Investoren und Spieler aus den USA in der Premier League ist in den letzten Jahren ständig gewachsen. Beide Gruppen scheinen keinen entscheidenden Einfluss auf das Niveau des Ladens genommen zu haben. Was genau betrachtet schon sehr überraschend ist. Denn das hieße ja, dass diese Burschen alle nur auf dem Tender fahren. Während die anderen als Heizer auf der Lok arbeiten, damit das Ding unter Dampf bleibt.

In die andere Richtung gibt es so gut wie keine Einmischung. Mal abgesehen von ein paar älteren Spielern, die über den Atlantik geschippert wurden. Auch die jüngste Personalie betreffend Gaizka Mendieta wirkt da eher ziemlich unaufgeregt. Vorruhestand in Amerika für einen Spanier, der lange und viel verletzt war, das ist sozusagen Standardware. Good luck sagt man hier bei solchen Gelegenheiten.

Da sind wir dann doch schon etwas mehr gespannt auf den Ausflug von Borussia Mönchengladbach in diesem Sommer nach Denver, wo man sich eine gute Woche auf die kommende Saison vorbereiten möchte, die ja nach allem, was man derzeit annehmen darf, im Oberhaus stattfinden wird. Der Besuch ist der erste Beleg für die sich langsam entwickelnde Zusammenarbeit zwischen Bundesliga und Major League Soccer und im Prinzip nicht weiter bemerkenswert. Es sei denn man macht darauf aufmerksam, dass Denver (Bild) auf 1600 Meter Höhe liegt und damit durchaus für ein paar extra rote Blutkörperchen gut sein wird. Schneller laufen ist ja neuerdings die Parole im Fußball. Mit mehr Sauerstoff im System geht das viel einfacher.

Red-Sox-Trikot bei ebay versteigert

Das angeschmutzte Red-Sox-Trikot, das man aus dem Fundament des neuen Yankees Stadium herausgebohrt hat, wurde bei ebay versteigert. Die Auktion brachte 175.100 Dollar für eine Krebsstiftung.

23. April 2008

Wer einmal lügt...


Wenn ein Baseballspieler aus der Dominikanischen Republik lügt, um einen Profi-Vertrag in den USA zu bekommen, gilt das im Umfeld von Major League Baseball als Lappalie. So als ob jemand im Reisepass eine Körpergröße angibt, die ein paar Zentimeter von der Realität abweicht. Immer nach dem Motto: Man muss halt schummeln, wenn man als Kind armer Leute im Sport etwas werden will. Das Schummeln entspricht aber durchaus dem Urverständnis der amerikanischen Gesellschaft und ihrer Unterabteilung Sport, die schon lange nichts mit dem alten britischen Prinzip vom Fairplay zu tun hat. Ihr Prinzip lautet: "Give me my unfair advantage."

Wenn ein Fernsehsender im Rahmen eines Interviews vor laufender Kamera den Baseballspieler mit der Kopie seiner Geburtsurkunde konfrontiert und ihn zwingt, die Sache zumindest halbherzig zuzugeben, wird das hingegen verurteilt. Das sei Tabloid-Stil, rüde und unfair, heißt es dann. Wer will denn schon die Wahrheit so genau wissen?

Ich zum Beispiel. Denn derselbe Baseballprofi Miguel Tejada, zur Zeit Shortstop bei den Houston Astros, steht im Verdacht bei einem Doping-Hearing im amerikanischen Kongress gelogen zu haben. Das wäre Meineid, wenn es sich erhärtet. Da ist es nur angemessen, wenn jemand die Frage aufwirft, ob dieser Shortstop es vielleicht schon häufiger nicht mit der Wahrheit so genau genommen hat. Das wäre zumindest ein Indiz in einem Fall, der übrigens ermittlungsmäßig erst demnächst richtig auf Betriebstemperatur kommt.

Er wird nach den Spekulationen der New York Times vermutlich von niemand anderem als Jeff Novitzky vorangetrieben. Der soll nach offiziell unbestätigten Informationen der Zeitung von der Steuerfahndung zur Lebensmittel- und Arzneimittelkontrollbehörde FDA gewechselt sein. Dort kümmert er sich demnach auch weiterhin um sein Fachgebiet Doping.

Vorsicht, Reißleine

Die Leute, die die Webseite fireisiah.com betrieben haben, sind nicht wirklich fies. Sie haben nur noch einen einzigen Satz gepostet: "No need for this site anymore - he's toast". Finito la musica. Kurz und knapp. Dafür kommt man bei fireavery.com zur Zeit richtig in Schwung. Man sollte sich durchaus die Zeit nehmen und die Kommentare durchstöbern, um den geballten Volkszorn zu spüren. Denn die Berichterstattung in den deutschen Zeitungen auf der Basis von Agenturmeldungen und ein paar sehr bemühten, sich an den Spielstatistiken entlang hangelnden "Analysen", vermittelt nicht einen Hauch jener Emotionalität, die in Dallas hochkocht und die zum ersten Mal auch von Journalisten - etwa in der Dallas Morning News - die Arbeitsplatzsituation des Trainers Avery Johnson zum Gesprächsthema machen. Der Umschwung kommt ziemlich spät. Dass Johnson ein zentrales Problem der Mavericks ist, konnte man schon lange erkennen. Aber diese Schwäche wurde mit dem Gerede zugedeckt, wonach Dirk Nowitzki angeblich nicht in der Lage sei, im entscheidenden Moment den Ball in den Korb zu legen. Da Nowitzki beim besten Willen nicht für die beiden blamablen Niederlagen in New Orleans gestern und Samstag verantwortlich gemacht werden kann, rückt endlich der Zampano himself in den Vordergrund. Prognose: Cuban wird in ein paar Wochen ein paar Reißleinen ziehen. Und zwar heftig.

Eine Lösung wie für Isiah Thomas in New York wird dabei wohl nicht herauskommen. Der Ex-Chefmanager und Ex-Trainer ist noch immer Angestellter vom Madison Square Garden, und bekommt ein ordentliches Gehalt.

22. April 2008

Die Patriots haben Ambitionen

Die New England Patriots geben nicht auf. Sie haben zwar den Super Bowl verloren und damit diese bis dahin unbefleckte Saison bekleckert, die mit 19:0 als perfekt hätte bezeichnet werden können und historisch all so was. Aber das heißt nicht, dass nicht eines Tages doch noch etwas ähnlich hinbekommen wollen. Und dann haben sie mit einem eingetragenen Warenzeichen für die Begriffe "19:0" und "19:0 The Perfekt Season" gleich die richtigen Mittel in der Hand, um Leute abzumahnen, die mit diesen Marken ebenfalls Geld verdienen wollen. The Smoking Gun weiß mehr.

Frisch rasiert

Für die nächste Telefon-Konferenz mit Dirk Nowitzki hätte ich schon eine Frage: Ob er sich wirklich die Achselhaare rasiert. Und wenn ja, warum. Mind Games?

21. April 2008

Hut ab vor Huselius: Er ist Pferdewetten-Millionär

In der National Hockey League wird ziemlich gut bezahlt. Aber für das Geld muss man arbeiten. Hart arbeiten. Da ist es wahrscheinlich gar nicht so blöd hin und wieder ein bisschen von dem Geld bei Pferdewetten zu riskieren. Vor allem, wenn man dann noch den Gegenwert von einer Million kanadischen Dollars gewinnt. Das hat der Schwede Kristian Huselius hinbekommen, der für die Calgary Flames spielt. Gut spielt, wie dem Reporter von der Ortszeitung auffiel, der die Geschichte exklusiv in die Welt hinausposaunte. Trabrennen in Schweden. Wer hätte gedacht, dass da man große Kasse machen kann? Gut für Huselius, Teil eins: Er verdient nur 1,4 Millionen Dollar im Jahr. Gut für Huselius, Teil zwei: Die Flames haben in der ersten Playoff-Runde ein siebtes Spiel herausgekämpft und treten am Dienstag in San Jose an, um die Sache zu Ende zu bringen. Die Sharks (mit Christian Ehrhoff, der andere Deutsche Marcel Goc wird zur Zeit von Trainer Ron Wilson nicht gebracht) sind im Prinzip die bessere Mannschaft. Aber was heißt das schon?

Ehrenrunde

Der Nachdreher zu Danica Patrick in der FAZ druckt bereits und wird morgen in der Zeitung stehen. Online geht natürlich schneller. Dazu übrigens ein guter, weiterführender Kommentar von Anno Hecker über die Situation in der Formel 1, wo die Mosley-Mafia Frauen wohl gerne bei Sexspielen ans Steuer lässt, nicht jedoch auf der Piste.

20. April 2008

Das Programm der Woche: Aufstehen, lernen, Spieß umdrehen

Wahrscheinlich hört jeder bei solchen Gelegenheiten gerne etwas heraus, was ihm besonders gut ins Konzept passt. Besonders bei Presseterminen mit Dirk Nowitzki, wo man wirklich darauf angewiesen ist, in den schablonenhaften Gedanken des besten deutschen Basketballspielers, die paar Nuancen, die sich irgendwo ganz tief verbergen, selbst herauszubuddeln. Der Dallas-Dirk ist nämlich ein Soundbite-Roboter von bestem Schrot und Korn. Der findet Leistungsdruck gut. Der hat nichts an seinen Mannschaftskollegen auszusetzen und schon gar nicht an seinem Trainer. Der macht aus jeder Not noch eine Tugend, aber nie so sehr, dass man denken könnte, er rücke sich selbst in den Mittelpunkt.

So war denn Haruka Gruber von spox.com in der letzten Woche vermutlich auch nicht wirklich schlauer, nachdem er bei einer Telefon-Pressekonferenz diese Antwort auf seine Frage nach dem Leistungsdruck erhielt: "Wir haben in den letzten zwei Wochen gezeigt, dass wir wichtige Spiele gewinnen können. Solche Erfolge geben uns Selbstbewusstsein." Denn tatsächlich war das ja nur die halbe Wahrheit. In den gleichen zwei Wochen hatten die Mavericks auch Spiele verloren. Gegen Gegner wie die Portland TrailBlazer und die Seattle SuperSonics (und gegen die Los Angeles Lakers). Was hatte dem Team wohl daran Selbstvertrauen gegeben? Das Gefühl, dass man sich nicht schämen muss, wenn man gegen vermeintlich schlechtere Gegner verliert?

Da dachte der spoxter wohl bei sich: Dieser Nowitzki muss ein ganz Schlauer sein. Was der sagt, gilt nicht den Lesern von Five und FAZ und Frankfurter Rundschau und Basket, deren Repräsenten so wie er auch die Gelegenheit genutzt hatten, um eine Frage zu stellen, sondern das müssen Gedanken sein, die sich an die New Orleans Hornets richten: "Mind Games nennt man das wohl. Mind Games, für die sich Nowitzki und die Mavs früher womöglich noch zu schade waren." Und er ernannte den Dallas-Dirk zum "Dr. Psycho".

Seit Samstagabend wissen wir, dass es zwei Möglichkeiten gibt, weshalb die Fernbeeinflussung im Umweg über die deutschen Medien nicht geklappt hat. Entweder die Hornets verstehen kein Deutsch. Oder Dallas-Dirk hat sich mit seinen Mind Games selbst ausgetrickst. Aus dem Resultat und der Punktausbeute von Nowitzki lässt sich das allerdings nicht herauslesen. Das Spiel ging klar mit 92:104 verloren, obwohl die Nummer 41 ein ordentliches Pensum ablieferte: mit 31 Punkten und zehn Rebounds. Seine Mannschaft hatte das Kunststück fertiggebracht, eine Zwölf-Punkte-Führung zur Halbzeit noch wegzuschenken.

Meister Gruber hat die Niederlage noch nicht eingeordnet. Mal sehen, was er für eine Erklärung findet. Der Soundbite-Roboter hakte das alles sofort ab: "Das war nur ein Spiel", sagte er. "Der Verlierer muss wieder aufstehen, aus den Fehlern lernen und Wege finden, den Spieß im zweiten Spiel umzudrehen." Aus Fehlern lernen, Spieß umdrehen, wieder aufstehen... Das kann keine Botschaft an die Hornets gewesen sein.

Danica ganz vorne

Von dieser Frau war hier schon ein paar Mal die Rede. Unter anderem im Rahmen eines Hinweises auf das letzte Indy 500, das eine kleine Invasion von weiblichen Fahrern verzeichnete. Die gingen alle leer aus. Aber Räder müssen rollen bis zum Sieg. Und der kam heute: Danica Patrick gewinnt als erste Frau ein Automobilrennen in einer amerikanischen Serie von Belang und löst also ein, worauf die Vermarkter und Sponsoren im Hintergrund schon immer gehofft hatten. Das Rennen in Japan heute morgen war ihr 50. in der Indy Racing League. "Ich habe immer gewusst, dass ich gewinnen kann." Hier das Interview auf ESPN nach der Siegerehrung.

Das letzte, was wir von der ziemlich klein und leicht geratenen Rennfahrerin gehört hatten, war die Nachricht von einer Spezialbehandlung der Rennaufsicht, um den Wettbewerb im Vergleich zu den korpulenteren Kerlen auszutarieren. Ihre Reaktion war eher beschämend: Es gäbe auch im Football keinen Versuch, das Gewicht der Spieler aneinander anzupassen und im Basketball gebe es extrem lange Menschen, denen auch niemand deswegen einen Vorwurf macht. So sprach sie, wohl vergessend, dass es im Automobilsport jede Menge Regeln gibt, die nichts anderes erreichen sollen, als die Bedingungen zu nivellieren, unten denen die Leute auf die Piste gehen. Sonst gewinnt nämlich meistens der mit der dicksten Antriebsaggregat. Und nicht unbedingt der beste Pilot. Wie groß ist das Mädchen? 1,57 Meter. Und wie schwer? 47 Kilogramm.
Blick zurück: Danica Patrick und Michelle Wie im Vergleich
Blick zurück: Frau am Steuer im Musik-Video von Jay-Z

19. April 2008

Suns verlieren in San Antonio: Unbegreiflich

Unbegreiflich. Wenn sich die Phoenix Suns innerlich auf einen Gegner in den NBA-Playoffs eingestellt hatten, dann diesen - die San Antonio Spurs. Wegen Tim Duncan hatten sie Shaquille O'Neal aus Miami geholt und eine Menge Substanz und Tempo abgegeben. Heute hatten sie erste und beste Gelegenheit zu zeigen, wie man die Umbauarbeit in Erfolg ummünzt.

Unbegreiflich: Die San Antonio Spurs gingen erst zweieinhalb Minuten vor Schluss der regulären Spielzeit zum ersten Mal im gesamten Match in Führung. Sie brauchten einen Dreier von Michael Finley, um sich in die erste Verlängerung zu quälen. Sie brauchten einen Dreier von Tim Duncan - den ersten der gesamten Saison -, um sich in die zweite Verlängerung zu quälen. Und dann machten sie langsam, aber sicher den Sack zu und waren klug genug, die Partie zwei Sekunden vor dem Ende zu entscheiden. Die Suns hatte keine Auszeiten mehr. Ja, und das war's. 117:115.

Unbegreiflich. Denn das war die Begegnung, die die Suns in der Halle der Spurs gewinnen mussten. Denn sie haben in der Best-of-Seven-Serie als schlechter Platzierter nur maximal drei Heimspiele. Das war die Begegnung, die sie dreimal gewinnen konnten. Aber gegen Schluss kulminierte die Leistung in kleinen mentalen Fehlern. Der schwerwiegendste war vermutlich der von Steve Nash im vierten Viertel, als er die Shot Clock aus den Augen verliert und die Suns ohne Wurfversuch den Ball abgeben. O'Neal ist sicher nicht das viele Geld wert, das ihm die Suns bezahlen. Aber er war durchaus ein brauchbarer Fels in der Brandung.

Die San Antonio Spurs mögen diese Art von Basketball innerlich richtig gut finden - ein Sieg ist ein Sieg ist ein Sieg. Aber damit stehen sie vermutlich weit und breit alleine da. Am meisten wird sich Mark Cuban ärgern. Der bezahlt noch immer das Gehalt für Michael Finley. Die Mavericks sind übrigens in ein paar Minuten an der Reihe.

Warten auf Gegenwind

Es wird einem schnell schon mal vorgeworfen, man sei eingenommen oder - noch schlimmer - voreingenommen von irgendeiner Leidenschaft oder auch nur Sichtweise. Das bringt das Veröffentlichen von Texten in angesehenen Publikationen wohl mit sich, dass sich im Publikum Widerwillen regt. Denn natürlich gibt es Menschen, die den beschriebenen Sachverhalt ganz anders sehen. Gelegentlich bläst der Gegenwind von anderen Schauplätzen sogar hier durch. Was eigenartig ist, denn die FAZ bietet ihre eigene Kommentarmöglichkeit und hat sicher nichts dagegen, wenn Leser sich dort ausgiebig zu Wort melden.

A propos voreingenommen: So einseitig wie Neal Pollack in Slate würde ich auch gerne häufiger an ein Thema herangehen. Erst recht bei dieser MVP-Sache in der NBA. Aber am Ende wurde aus meiner Beschäftigung mit dem gleichen Stoff ein eher zarter Versuch, herauszuarbeiten, dass dieser Tage der extrem überschätzte Kobe Bryant zum angeblich wertvollsten Spieler der Saison hochgeschrieben wird. Die inneren ph-Werte von Pollack hat eben nicht jeder. Der angesprochene Text erscheint übrigens morgen in der gedruckten Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Kommentiert werden darf gerne auch hier. Je mehr desto besser.

Blogger leben gefährlich (2)

Wenn man einen fest Job bei einer Zeitung wie der Washington Post hat, ist es keine gute Idee, in der Freizeit unter Pseudonym für Blogs zu schreiben. Oder wenn man schon unbedingt nebenbei etwas machen möchte, was man nicht tun soll, dann sollte man nicht einfach die Tarnkappe absetzen. Darauf hätte Michael Tunison bei Lektüre seines Vertrages eigentlich selber kommen müssen. Aber vielleicht hatte er keine Lust dazu. Und so musste er in der letzten Woche von jetzt auf gleich seinen Schreibtisch in der Redaktion räumen und das Haus verlassen. Der Mann, der bei den Sportblogs Kissing Suzy Kolber und Deadspin unter dem kuriosen Alias-Namen Christmas Ape schrieb, steht auf der Straße. Obwohl: Kissing Suzy Kolber ist ziemlich populär und Tunison meinte in einem ersten Kommentar, dass er dort genausoviel Geld verdienen wird wie bei dem etablierten Blatt. Das klingt eher wie eine Übertreibung. Zumindest muss er nicht mehr jeden Tag stundenlang pendeln, sondern kann von Zuhause aus arbeiten.
Blick zurück: Bloggen ist nicht nur gefährlich, sondern mitunter tödlich

17. April 2008

Dirk und das Glück

Morgen in der gedruckten Ausgabe der FAZ, aber schon jetzt online: Der Vorbericht zu den NBA-Playoffs über die Dallas Mavericks und ihren Gegner, die New Orleans Hornets. Dallas sein Nowitzki gab es übrigens heute morgen live im Rahmen einer Telefon-Pressekonferenz am Rohr, wovon jedoch aus Termingründen nichts mehr in den Artikel einfließen konnte. Seine Einschätzungen hätten, ehrlich gesagt, den Text nicht bereichert. Der gute Dirk redet bei seinen Antworten - egal, um was es geht - an den kitzligen Stellen leider oft von Glück und Unglück, also von metaphysischen Gegebenheiten, die alles und nichts erklären. Auch für seine rasche Rehabilitation nach der schweren Knöchelverletzung machte er vor allem sein Glück verantwortlich. Er hat darüberhinaus die Fähigkeit entwickelt, die jeweils aktuelle Lage zu kosmetisieren. Letztes Jahr, als sie als mit Abstand beste Mannschaft in die Playoffs gingen und dann gegen die Golden State Warriors untergingen, fand er den Leistungsdruck völlig in Ordnung. Diesmal ist alles anders, aber genauso probat. Nicht zu den Favoriten zu gehören, ja, das sei gut. Merke: Es ist wahrscheinlich immer gut, Dirk Nowitzki zu sein. Come rain or come shine.

Kasperletheater in Ottawa


Das Kasperletheater von Ottawa zeigt, was passiert, wenn man Profi-Sport als Gladiatorenveranstaltung verkaufen will. Wieso die Senators an dieser seltsamen Krankheit leiden, kann man schwer sagen. Es beginnt schon damit, dass sie ein Logo haben, das keinen römischen Senator darstellt, sondern einen Centurion der römischen Legion. Das heißt, statt sich an das geistige Niveau eines Senats der Ära Cicero heranzurobben, spielt man Krieg. Das wurde in diesem Jahr auf die einzig wahre Weise abgewimmelt: Durch die jungen Pittsburgh Penguins in der ersten Playoff-Runde, die Ottawa viermal klar das Heft (und die Kelle und das Schwert und den anderen Driss) aus der Hand nahmen. Für Christoph Schubert und Martin Gerber, die beiden Vertreter vom D-A-CH-Verband, heißt das: Jetzt sind Ferien.

Fundamental anders

In New York ist es am Wochenende zu einer seltsamen Aktion gekommen: zu einer rabiaten Reaktion des Yankees-Management, das eine kleine, aber ungewöhnliche Sabotage-Handlung eines Bauarbeiters mit einer Presslufthammer-Brigade bekämpfen ließ. Es passierte beim Gießen des Fundaments des neuen Yankees Stadium und war es wert, in einer Geschichte in der FAZ nacherzählt zu werden. Wer mehr wissen will, bitte klicken.

16. April 2008

Mavericks gegen New Orleans

Die Dallas Mavericks haben sich in die Playoffs gehangelt und spielen dort gegen einen Gegner, gegen den sie am Mittwochabend im letzten Spiel der Tabellen-Saison sehr gut aussahen: Die New Orleans Hornets. Die Konstellation ist nur halb so reizvoll wie die gegen die Golden State Warriors im vergangenen Jahr. Aber trotzdem wird es einiges zu schreiben geben. Zuerst mal in der FAZ (Freitagausgabe). Und dann je nach dem Fortgang der Ereignisse auch hier. Schade um Don Nelson, der diesmal nur einen neunten Platz herausholte und nicht jene Begeisterung entfachen konnte, an die man sich so gerne gewöhnt hätte. Verlierer machen wehmütig. Weshalb wohl auch die Süddeutsche Pat Riley und den Miami Heat einen ausführlichen Bericht gewidmet hat. Riley gehört zu den Dinosauriern der Trainerzunft, der bald nur noch als Skelett (mit gegelten Haaren) im Museum zu bewundern sein wird. Phil Jackson, der alte Rivale von Riley, hingegen bastelt an einem Ausrufezeichen für eine außergewohnliche Karriere. Er könnte mit den Lakers einen neuen Rekord für Meisterschaftserfolge von NBA-Trainern aufstellen und dürfte alles andere als persönliche Niederlage empfinden. LA ist durch Pau Gasol effektiv zu einem Team geworden, dass jeden Gegner besiegen kann.

Schlaflos in Seattle: Der Kaffeebaron schlägt zurück

Eigentlich wollte der Erfinder von Starbucks, einer Kaffeehaus-Epidemie, die in Manhattan inzwischen jede Straßenecke mit einem Ableger bedeckt, nicht mehr viel arbeiten. Er hat schließlich mit dem Konzept eines hochgehypten teuren Capuccino im Pappbecher wirtschaftlich hinreichend ausgesorgt. Aber zuerst hatte er das Gefühl, dass es in seinem Imperium nicht mehr richtig rund läuft, und er begann, sich wieder in die Managementarbeit einzumischen. Einmal warm gelaufen, entdeckte er plötzlich noch mehr Energie in sich. Zum Beispiel, um sich auf eine öffentliche Schlammschlacht mit den neuen Besitzern der Seattle SuperSonics einzulassen. Die hatte er im Juli 2006 ziemlich achtlos weiterverkauft, nachdem er - eher erstaunlich für einen Bewohner der Stadt - ganz offensichtlich seinen Spaß an dem Spielzeug verloren hatte. Aber auf einmal ist sein Interesse entfacht. Weshalb? Keine Ahnung.

Obwohl: Vordergründig gibt es da diesen Fall von Empörung, wonach die Käufer nach außen hin immer so getan haben, als würden sie ernsthaft an einer Lösung arbeiten, die dem Club eine wirtschaftlich gesunde Zukunft in der ziemlich lebenswerten Kaffee-, Bier-, Musik- und Computer-Metropole ermöglichen würde. Aber tatsächlich haben sie nie an etwas anderem gebastelt als dem Umzug des Teams nach Oklahoma City. Was jetzt auch durch interne Memos belegt werden kann. Erst diese späte Information hat unserem Starbucks-Gründer Howard Schultz zu einem Rächer der Enterbten gemacht. Dass die Burschen, denen er für etwas mehr als 300 Millionen Dollar den Laden angedreht hatte, alle aus Oklahoma kamen, schien ihm damals nicht weiter suspekt. Bei manchen fällt der Groschen eben später.

Jetzt kommt der Teil der Geschichte, zu dem man die Lach-Konserve aus der Sitcom einspielen sollte: Schultz hat einen Anwalt beauftragt, der überprüfen soll, ob er die Käufer auf Herausgabe des Clubs verklagen kann. Allein die Geste sorgt für viel positive PR, besonders in Seattle, wo Schultz das gut gebrauchen kann. Ob eine Klage überhaupt Chancen hat, weiß kein Mensch. Es klingt eher nach einer Gurke.
Blick zurück: Das Unwesen der Oklahoma-Gang

14. April 2008

Immelman, geh du voran


Wir schulden von dieser Stelle aus noch eine Nachbetrachtung zum Masters in Augusta, das am frühen Sonntagabend mal wieder in einem Sonnenbad erster Güte zu Ende ging und einen Sieger hervorbrachte, den keiner auf dem Zettel hatte. Obwohl: Dieser Trevor Immelman war schon immer überdurchschnittlich gut. Scratch-Golfer mit 12. Mit 15 Junioren-Weltmeister. Und nun im reifen Alter von 28 Mitglied eines exklusiven Zirkels. ESPN hatte hinterher das aktuelle Interview mit ihm. Der Golf Channel legte eine Reportage neu auf, die man vor ein oder zwei Jahren in Südafrika gedreht hatte. Mit anderen Worten: das amerikanische Golfpublikum wurde rasch mit Eindrücken über Mister Unbekannt versorgt, dabei allerdings ein wenig zu sehr mit den Einschätzungen von Gary Player gefüttert.

Player, einer der ganz ganz Großen, der in dieser Woche sein 51. Masters bestritt und ein eindringlicher Botschafter des Spiels ist, verglich den Schwung von Immelman mit dem von Ben Hogan. Größeres Lob gibt es nicht. Die Reminiszenzen an Hogan (war leider wegen eines schweren Unfalls und seiner unfreundlichen Haltung gegenüber Medien und Sponsoren nie ganz der Übertyp, der Nicklaus später werden sollte) sollten jeden neugierig machen. Zum Beispiel auf dieses quintessentielle Ratgeber-Buch, das bei jedem Golfer im Schrank stehen sollte: Five Lessons.

Die wirklich bemerkenswerte Statistik rund um den Immelman-Erfolg ist: Südafrika hat seit Player sehr viele hervorragende Spieler herausgebracht. Doch alle schienen in Augusta auf den zweiten Platz abonniert. Ernie Els und Retief Goosen gelang das sogar zweimal. Tim Clark und Rory Sabbatini einmal. Immelman beendete die Serie. Mit enormer Konzentration und erstaunlicher Konsistenz. Wäre ihm nicht der Ball am Sonntag am 16. Loch ins Wasser geplumpst, hätte er Woods und den Rest um fünf Schläge abgehängt. So waren es nur drei.

Was war mit Tiger Woods los? Einen Teil kann man im Video sehen. Er war die ganze Woche unzufrieden und fand neue Wege, sich über sich selbst zu ärgern.

13. April 2008

Wer baut eigentlich bei Nike die Schläger und Bälle?

Es gehört zu meinen liebsten Nebenbeschäftigungen, wenigstens mit einem Auge die scheinbar abseitigen Entwicklungslinien beim Sport zu verfolgen. Warum? Ganz einfach. Wer möchte schon aufgrund eines irgendwo im Hirn verankerten Autopiloten, der einen ständig auf den Konsum von Live-Ereignissen, Resultatsinformationen, Aufsteigerkarrieren und Promi-Geschichten zusteuert, die Hintergründe aus dem Blick verlieren?

Bei manchen Sportarten ist das schwieriger, weil ihre innere Dynamik und Betriebsamkeit auf derartigen Touren dreht, dass man einmal Luft holt und hat schon den entscheidenden Moment verpasst. Das ist zum Beispiel ein zentraler Aspekt der Leichtathletik, der auch auf Dauer ihren medialen Untergang besorgen wird. 100 Meter in Neunkommairgendwas. Wusch und das war's. Wer soll sich dafür begeistern, außer es fallen Weltrekorde am laufenden Band? Vermutlich wurde gerade deshalb das Doping-Thema in der Leichtathletik zu einem Dauerton im Medientheater (ehe der Radsport in Europa aus eine Reihe von Gründen diese Rolle übernahm). Da war einfach zu wenig Eigentliches, während die Muskulatur der Top-Athleten immer massiver und die Zeiten immer besser wurden. Morgen dazu in der FAZ ein neuer Name. Und danach sicher noch mehr.

Im Vergleich zu den Rasanz-Sportarten befindet man sich bei Golf eher im entgegengesetzten Extrembereich. Man könnte einschlafen. So langsam geht da die Post ab. Obwohl für den Zuschauer bei einem Turnier, der fleißig mit einem Spieler mitwandert, kommt am Ende eine hübsche Bilanz heraus. Man läuft da gut und gerne seine fünf bis sechs Kilometer und hat das Gefühl, etwas für seine Gesundheit getan zu haben.

Golf ist ein Strategiespiel. Dies und das Tempo verleitet die Berichterstatter dazu, sich auf den Aspekt zu konzentrieren, wieso ein Spieler an einer bestimmten Stelle einen bestimmten Schlag versucht hat und wieso der gelungen (oder nicht gelungen) ist. Das führt auf eine paar Umwegen zu der Ikonografie eines Tiger Woods, dem offensichtlich häufiger als der Konkurrenz bei fast jedem Schlag das gelingt, was er sich vorgenommen hat. Der Mann zeigt in solchen Momenten Kompetenz. Und Nerven. Und Kampfgeist. Und darüber will man alles wissen.

Was aber ist mit der Fabrik, die die Schläger herstellt? Und die Bälle? Spielt die keine Rolle? Offensichtlich nicht. Das interessiert die wenigsten. Selbst an einem Tag, an dem beim Masters in Augusta vor der entscheidenden Runde ein Nike-Spieler auf Platz eins liegt (Trevor Immelman, Südafrika), ein Nike-Spieler auf Platz vier (Paul Casey, England), ein Nike-Spieler auf Platz fünf (Tiger Woods, USA), ein Nike-Spieler auf Platz sechs (Stewart Cink, USA). Nike gehört zu den relativen Newcomern im Equipment-Segment und hat nur mit sehr wenigen Spielern Verträge. Haben die nicht nur den besten Golfer der Welt, sondern auch den besten Ingenieur? Wer erklärt mir so etwas? (Einschub: Ein kompletter Schlägersatz wie ihn die Profis spielen, kostet wohl 3600 Dollar, weit mehr als die Ausstattung, wie sie im Laden den Amateuren angeboten wird.)

Dabei sind es doch gerade solche Geschichten, die einem die Bedingungen des professionellen Sports von heute so viel näher bringen. Genauso wie jener Artikel über die relativ schlechten Resultate von professionellen Golfern, wenn Tiger Woods im Teilnehmerfeld ist. Der Beitrag für die FAZ war vor ein paar Tagen bereits in der gedruckten Ausgabe erschienen. Man kann ihn jetzt online nachlesen.

12. April 2008

Oh, Atlanta

Es bleibt dabei: Listen sind journalistischer Nonsense. Auch im Zeitalter der vernetzten und verlinkten Information, wo sie als schnelle, übersichtliche Kost dargeboten werden. Aber die Themen, die sich Leute ausdenken, um diese Listen zu produzieren sind deshalb noch lange nicht immer neben der Kappe. Nehmen wir dieses Leid-Motiv amerikanischer Sportfans: Die missmutigsten Sportstädte des Landes. Es reflektiert einen Gemütszustand, der Leute befällt, die Sport zu ernst nehmen und die vor allem nicht begreifen wollen, dass die Milliardenunternehmen, die dieser Tage als Identifikationsobjekte für eine alte, romantische Affinität herhalten (man nennt sie in Ermangelung einer genaueren sprachlichen Modalität noch immer sehr gerne "Clubs"), sich null dafür interessieren, was Zuschauer denken. Und wie sie sich fühlen, wenn sie den Fernsehapparat ausschalten.

Wenn man sich das Sportangebot dieser Fabrikationskultur anschaut und es auf einzelne Städte herunterraspelt, dann kommt man wohl irgendwann auf diese Gemütszustands-Analyse. Auch wenn die nichts anderes wiederspiegelt als die Größe einer Stadt, ihre Wirtschaftskraft und das Auf und Ab, das man ebenfalls erlebt, wenn man den Aktienmarkt verfolgt. Auch da gibt es Trauer, Säuernis, Missmut, wenn der Kurs nach unten geht.

Ehe wir das alles in einen Topf werfen und einen allzu kryptischen Beitrag produzieren, hier lieber die Liste:
1. Atlanta
2. Seattle
3. Buffalo
4. Phoenix
5. San Diego
6. Houston
7. Denver
8. Cleveland
9. Philadelphia
10. Minneapolis

Die Kriterien kann man sich ausmalen: Das sind die Städte, deren "Clubs" zuletzt keine Titelgewinner in den populären Mannschaftssportarten Baseball, Football und Basketball hervorgebracht haben. Aber wieso fehlt hier Kansas City? Oder New Orleans? Die Kommentare zum Artikel sind übrigens nicht besonders freundlich, sondern eher griesgrämig. Aber das war zu erwarten. Ist ein freudloses Thema. Hier unser Kommentar: Einer der alten guten Songs von Little Feat: Oh Atlanta.

11. April 2008

Kaymer: Zu nass - zu forsch

Der Ausflug nach Augusta ging für Martin Kaymer unter bedauerlichen Umständen vorzeitig zu Ende. Bei einem langen Chip aus den Bäumen zurück aufs 15. Grün rollte der Ball zu weit und kullerte in den kleinen Teich, der das Loch um einen ganzen Zacken schwerer macht, als es aussieht. Mit einem Par hätte sich der Masters-Neuling mit einem Turnierstand von Plus 3 über der Cut-Linie gehalten - eine beachtliche Leistung. Aber das vertrackte Loch brachte dem 23jährigen einen Doppel-Bogey ein, also eine 7. Und dadurch rutschte er zu weit ab. Auch der ganz formidable Birdie auf der 18 konnte die Sache nicht mehr richten.

Die Runde mit 72 Schlägen besiegelte Platz 46 im Gesamtklassement. Er hätte heute eine 71 spielen müssen, um weiterzukommen (und hatte es auch drauf). Der folgenschwere Chip brachte Kaymer seinen ersten Auftritt im amerikanischen Fernsehen ein (im Rahmen einer kurzen Rückblende). Denn mit seiner 7 bewegte er die Cut-Linie nach oben, die sinngemäß jeden Freitag beim Golf so interessant ist wie der Kampf gegen den Abstieg in der Bundesliga gegen Ende der Saison.

Wer durfte noch am Freitagabend die Abreise buchen? Sergio Garcia, Ernie Els, Steve Stricker, Luke Donald und Bernhard Langer. Tiger Woods liegt mit sieben Schlägen Rückstand auf den führenden Südafrikaner Trevor Immelmann (-8) auf einem für den Sieg theoretisch aussichtslosen Platz. Bei seinem größten Comeback in Augusta im Jahr 2005 lag der Weltranglistenerste am Freitag sechs Schläge zurück. Den größten Pannentag hatte Justin Rose, der gestern mit vier unter Par die Tageswertung gewonnen hatte. Er fiel auf zwei über zurück und zeigte damit zum dritten Mal, dass er nicht das Durchhaltevermögen hat, um bei einem so schweren Turnier cool durchzuspielen.

Die Oklahoma-Gang: Lügen, dass sich Balken biegen

Was ist eigentlich schlimmer? Wenn ein NBA-Schiedsrichter ein paar Mafia-Figuren Informationen über Spieler gibt, die bei Wettgeschäften zu einem Faktor werden können? Oder wenn die Besitzer eines Clubs die Öffentlichkeit und den Commissioner der Liga anlügen und auf diese Weise dokumentieren, dass sie in den essentiellen Fragen des Geschäfts nicht vertrauenswürdig sind und nicht bloß ein oder zwei Spiele verschieben, sondern ein ganzes Team?

Instinktiv würde jeder von uns sagen: Der Referee ist das größere Problem. Wir wollen fairen Sport und keine schattige Einflussnahme auf den Ausgang von Begegnungen. Aber nüchtern muss man sagen: Der fragliche Schiedsrichter wird demnächst vermutlich ins Gefängnis müssen und dadurch wird zumindest unser Rechtsempfinden nicht weiter belastet. Die Eigentümer der Seattle SuperSonics hingegen werden vermutlich nicht bestraft. Obwohl diese Geschichte einem die Haare zu Berge schickt. Da arbeiten die Leute mit dem gleichen moralischen Korsett wie der derzeitige Mann im Weißen Haus und seine Unterlinge und lügen, dass sich die Balken biegen. Aber statt bestraft, werden sie vermutlich noch belohnt. Mit dem Umzug des Clubs nach Oklahoma City.

Nachtrag: Die Verkündung des Strafmaßes für den geständigen Schiedsrichter wurde aus nicht bekannten Gründen verschoben. Nun soll die Angelegenheit im Mai abgehandelt werden.

MVP-Mauschelei um Kobe

Die Lobbyisten aus dem journalistischen Umfeld der NBA sind an der Arbeit. Jeder zweite scheint Kobe Bryant zum MVP hochschreiben zu wollen. Der Versuch ist nicht strafbar, aber extrem dämlich. Denn wenn man für die Wahl überhaupt irgendwelche Kriterien anwendet, zum Beispiel jene, die bei der Wahl von Dirk Nowitzki im letzten Jahr eine Rolle spielten (bester Mann im besten Team der regulären Saison), dann kommt Bryant nicht in Frage. Dann wäre Kevin Garnett an der Reihe, der in Boston für das Wunder mit verantwortlich ist, über das kam noch jemand schreibt, weil es inzwischen als Normalzustand empfunden wird (Nach dem Motto: Hey, Jesus, kannst du diesen Wein mal auf Flaschen ziehen, den du da immer aus diesem Wasser in Kana machst? Der schmeckt gut. Davon hätten wir gerne mehr. Denn an den haben wir uns ziemlich schnell gewöhnt). Oder Chris Paul bekommt den Zuschlag, weil man einen Spieler in der stärkeren Western Conference auszeichnen möchte. New Orleans ist nicht nicht nur besser als die Lakers. Es hat auch den längeren Weg aus dem Keller der Tabelle hinter sich. Oder denken die Leute, dass der ganze Erfolg der Hornets auf die Rechnung von Byron Scott geht? Das wäre dann aber Grund genug, ihn zum Coach des Jahres ernennen. Ehrlich gesagt: Dass das passiert, ist kaum zu erwarten. Auch Scott fehlen die Lobbyisten, die im Moment wohl eher Doc Rivers von den Celtics favorisieren, obwohl der nun wirklich nicht viel macht - außer die Mannschaft spielen zu lassen, ohne groß zu stören.

Nicht in diesem Zusammenhang, aber trotzdem eine Erwähnung wert: Die Dallas Mavericks haben sich für die Playoffs qualifiziert. Der Knöchel von Dirk Nowitzki scheint unverwüstlich. Und es sieht für die erste Runde nach einer Auseinandersetzung gegen die Lakers oder die San Antonio Spurs aus. Eine Niederlage wäre nicht so blamabel wie die Chose im letzten Jahr.

Kaymer dreht an der Schwungschraube

Eigentlich war es nicht anders zu erwarten: Dass Martin Kaymer auf seiner ersten Runde beim Major und dann noch auf dem schwersten Platz von allen, die die Profis spielen, ein paar folgenschwere Böcke schießt. Wie den auf dem kurzen Par-3-Loch an jener Ecke vom Augusta National, die mal jemand als Amen Corner bezeichnet hat. Der Abschlag landete im Teich. Auf der Scorekarte stand hinterher eine 5. Solche Schnitzer sind beim Masters kaum noch wett zu machen. Denn wer hier auf einem Loch Par erzielt, kann bereits froh sein. Tatsächlich muss sich der 23jährige mit seiner 76 nicht grämen. Er hat - zumindest theoretisch - heute durchaus noch eine Chance auf eine Platzierung im Gesamtfeld, die ihm ein Weiterkommen gestatten würde. Andere Leute begehen schließlich auch Fehler. Hier steht übrigens zum ersten Mal, dass er an seinem Schwung bastelt. Was auch erklärt, weshalb es in der letzten Zeit bei ihm nicht so doll gelaufen ist.

Ich habe mich übrigens in dieser Golf-Woche aus der Ferne mit einem Thema beschäftigt, das schon etwas länger auf dem Schreibtisch lag, aber nicht minder interessant ist: Mit dem Phänomen, dass der Rest der Golfwelt im Schnitt geschlagene 0,8 Schläge schlechter spielt, wenn Tiger Woods bei einem Turnier antritt. Leider ist der Artikel nur in der Print-Ausgabe der FAZ erschienen (am Donnerstag). Er beschreibt die Arbeit der Betriebswirtschaftlerin Jennifer Brown von der Universität Berkeley in Kalifornien, die diese statistische Auffälligkeit nicht nur ausführlich betrachtet hat und Turnier-Resultate aus sieben Jahren in ihrem Computer verglichen hat. Brown hat übrigens auch auch eine Erklärung für die Disparität: der Preisgeld-Modus im Profi-Golf demotiviert die meisten Spieler, sich anzustrengen. Zuviel von der Knete geht an die Top-Spieler in einem Turnier. Die Hinterbänkler verdienen jedoch genug, um sich ein hübsches Leben zu machen.

9. April 2008

Im Sommer was Kleines

Man stelle sich vor, man sitzt zum ersten Mal mit Martin Kaymer zu einem Interview zusammen. Was will man dann wohl wissen? Ich nehme mal an, vor allem dieses: "Glauben Sie, dass der 1. FC Köln den Aufstieg in die Bundesliga schafft?" Denn solche Überlegungen könnten womöglich die Fans zu Hause beruhigen, die sich Sorgen machen, dass die Mannschaft den Emporkömmlingen aus Hoffenheim den Vortritt lassen muss. Man möchte natürlich auch diese Frage von Martin Kaymer erörtert haben, denn es gibt zwar einen Bundestrainer. Aber was weiß der schon über Fußball? "Wie sieht es denn mit der Nationalmannschaft aus? Immerhin steht da ja im Sommer was Kleines an... ?" Ja, Kaymer, unser neuer Mann im Glamour-Scheinwerfer, hat tatsächlich eine Antwort parat. Auch wenn dabei das mit dem "Kleinen" nicht ganz erklärt wird.

Manche Fragesteller können aber einer ganz bestimmten Versuchung nicht widerstehen. Sie wollen Fachwissen schöpfen. Sie hoffen, dass ihnen Martin Kaymer in einem Satz einen kostbaren Ratschlag für das Spiel der Amateure gibt. Also so etwas wie: "Boris Becker (Michael Schumacher, Magdalena Neuner, Michael Ballack): Wenn Sie Tennis- (Formel-1-, Biathlon-, Fußball-) Anfängern einen Tipp geben müssten, welcher wäre das?" Golfprofis scheinen schon damit zu rechnen, dass ihnen jemand eine solche Frage stellt. Denn Martin Kaymer fällt zu der Frage durchaus etwas ein. Der Augsburger Allgemeinen sagte er: "Egal was beim Golfspiel passiert - locker bleiben!" Dem zdf.de gab er diese Antwort: "Nicht so draufhauen. Ruhig schwingen."

Morgen Donnerstag steht der 23jährige zum ersten Mal bei einem wirklich bedeutenden Turnier am Abschlag - beim Masters in Augusta. Man darf gespannt sein, was für Fragen man ihm hinterher stellen wird. Und auf die Antworten erst recht. Leseempfehlungen für die Zeit bis dahin:
"Kaymer in Contention for Augusta Shock"
"Langer und Kaymer - Fahrensmann und Musterschüler"

8. April 2008

Sind so kleine Kicker

Die einzige Mannschaft, die bisher in der Liga der Kleinwüchsigen hätte antreten können, waren die Freunde von Schneewittchen. Das waren allerdings nur sieben. Und das wäre ein schwieriges Unterfangen geworden. Dieses brasilianisches Team hingegen ist da schon viel besser aufgestellt. Die "Giganten des Nordens", wie sie sich genannt haben, haben reichlich Personal und einen richtigen Trainer. Und offensichtlich auch einen Medienberater. Denn sonst wäre wohl kaum diese Geschichte im Daily Telegraph in England aufgetaucht. Mit all den vielen Bildern, die die das Thema erst richtig illustrieren (via with leather und machochip)

7. April 2008

Ein Käfer und ein Bully


Der alte Mann mit den weißen Haaren ist der ehemalige Basketball-Trainer Bob Knight, der zuerst am College in Indiana und dann bei Texas Tech eine ziemlich beachtliche Bilanz auf die Beine gestellt hat. Sowohl sportlich als auch, was die Abschlussquote seiner Studenten in ihren Studienfächern angeht. Die meisten Menschen betrachten ihn als Fiesemöpp, weil er immer so aussieht, als wolle er seinen Gegenüber die Ohren lang ziehen und bisweilen wie ein Vulkan explodiert ist. Siehe hier die Geschichte zum Einlesen mit dem berühmten Stuhl-Foto. Inzwischen hat er die Trainerei aufgegeben und seine ersten Auftritte bei ESPN im Studio als Fachkommentator während der March Madness angespult. Toll war das nicht. Aber der Mann scheint sich langsam an die Dimension Fernsehen und Selbsdarstellung und die Nuancen von all dem heranzurobben. Aktuelles Beispiel: dieser VW-Werbespot mit einem sprechenden Käfer mit einem schrecklichen deutschen Akzent. Ob man so Autos verkauft? Vielleicht in Indiana? Vielleicht in Texas? Keine Ahnung. Nicht hier in dieser Gegend. Aber ich bin sowieso parteiisch. Wir haben schon hinreichend Modelle aus dem Haus VW. Darunter dieses rote Sammlerstück (via Awful Announcing)

Das beste Eigentor aller Zeiten?


In der Geschichte der Eigentore dürfte dieses einen besonderen Platz einnehmen: 1. Torwart hält Elfmeter. 2. Verteidiger knallt den abgefälschten Ball mit Schmackes ins eigene Netz. Das Ding haben zuerst ungarische Fernsehzuschauer erleben dürfen. Nun kann es auch der Rest der Welt genießen (via The Big Lead und Soccer by Ives)

Brücken der Verständigung


Heute in San Francisco: der bisher sportlichste Protest gegen China und seine Menschenrechtspolitik. Mit Bildern vom Helikopter und einem Mobiltelefon fürs Interview.

Schlechtes Geld

Draußen vor der Stadt, im hügeligen, baumbewachsenen, verschlafenen Teil von Connecticut, in dem unsereins so gerne seine Wochenenden verbringt, lebt einer dieser typischen amerikanischen Intellektuellen, der davon zehrt, ein paar handfeste Behauptungen sehr schlicht in Buchform zu verpacken und alle paar Jahre zu einem Thema zu bündeln, das sich so liest, als sei es neu. Er heißt Kevin Phillips und bezieht sein Prestige aus einer Prognose, die er mal vor vielen Jahren gemacht hat: Dass die republikanische Seuche mit Macht das Land überziehen wird, weil die Mehrheit der Wähler nicht an der nächsten Wegbiegung vorbeischauen kann. Und weil anti-schwarz, anti-arm, anti-schwul und anti-Emanzipation eine Generation von Reaktionären zusammenschweißen würde, die ihre Freiheit dadurch ausleben, dass sie das Gemeinwohl ausplündern.

Meistens schaut er dabei tief in die Vergangenheit, wie in seinem neuesten Buch, in dem er erklärt, dass Weltmächte ihre Position ihrem Wissen und Zugang zu Energievorräten verdanken. Die Holländer hätten gewusst, wie man Wind und Wasser zähmt, die Engländer hätten ihr Imperium auf Kohle aufgebaut und die Amerikaner auf Öl. Und so wurden sie Imperialisten, Kolonialmächte, Weltherren und mussten am Ende ihrer Regentschaft neuen Herrscherschaften den Vortritt lassen (die amerikanische Episode geht dieser Tage zu Ende - vor unseren Augen).

Mal abgesehen davon, dass mir eine alte, kluge Holländerin, die unweit von Mr. Philips wohnt, gesagt hat, dass die Holländer ihren Erfolg auf den Weltmeeren den portugiesischen und spanischen Juden verdanken, die ihre Land- und Seekarten mitbrachten, als sie aus ihren Heimatländern vertrieben wurden und in den Niederlanden aufgenommen wurden, hat die Theorie noch andere Löcher. Welche Energievorkommen hatte denn Alexander der Große? Und was war mit den Römern? Und auf was basierte die gewaltige Militärmacht Nazi-Deutschland, die zwischendurch fast ganz Europa besetzt hielt? Auf Kohle, Stahl und Chemie?

Sorry, aber solche Gedanken gehen einem durch den Kopf, wenn man in diesen Tagen an die Schweizer denkt und mit welchem Rohstoff die ihre Macht und ihren Einfluss erreicht haben: mit dem Geld ihrer Banken. Beziehungsweise, man kommt dann rasch auf das eigentliche Problem: die Vernichtung von Geld im Maßstab der UBS. Und man erinnert sich dann, wie die gleiche Managerclique schon die Swissair in die Pleite getrieben hat und fühlt Mitleid. Woran die UBS konkret krankt, konnte man am Wochenende in der New York Times lesen: am Führungspersonal, das erst dann, wenn 20 Milliarden Dollar oder noch mehr verbrannt sind, ausgetauscht wird. Die UBS, die vor ein paar Jahren aus einer Fusion zwei großer Häuser hervorgegangen ist, ist eine ambitionierte Bank. So ambitioniert wie auch die Swissair war, die ihr Heil im Aufkauf kleinerer europäischer Fluggesellschaften sah, obwohl die allesamt nicht profitabel waren. Das war Größenwahn im mittelgroßen alpinen Stil, der in der Schweiz in diesen Tagen aus allen Ritzen hervorzuquellen scheint.

Im Land der Eidgenossen selbst würde man die Attitüde vermutlich eher als gesundes Selbstbewusstsein beschreiben, aufgebaut auf ein Fundament jahrhundertelanger disziplinierter und vertrauenswürdiger Servilität gegenüber den Stars der Manege - den Engländern, den Nazis (und ihren Nachfolgern) und den Amerikanern (sicher auch bereits gegegenüber den Chinesen und Indern). Aber man sollte die Haltung wirklich anders einstufen: als einen seltsamen patriotischen Starrsinn, der solche Faux-Phänomene feiert wie das Segelboot Alinghi, das mit dem Geld eines Italieners und dem Können von Neuseeländern für ein Land fährt, das keinen Anschluss an die Meere hat, auf dessen Wogen der America's Cup einst als sportlicher Wettbewerb entstanden ist. Das Boot und sein Erfolg wurden zum Symbol für die Schweizer, deren Vorzeigefiguren zumeist nicht ganz aus der eigenen Fabrik stammen (Roger Federer ist halb Südafrikaner, Martin Hingis war voll aus der Slowakei importiert, James-Bond-Regisseur Marc Forster ist das Kind von Deutschen etc., die meisten Mitglieder der Fußball-Nationalmannschaft sind Ziehpflanzen aus anderen Töpfen, und demnächst darf der deutsche Trainer Ottmar Hitzfeld das alles richten).

Niemand hat Grund anzunehmen, dass die UBS den Weg der Swissair gehen wird, die in ihrer Reinkarnation als Swiss International Airlines nur kurzer Zeit selbständig fungierte und heute der Lufthansa gehört. Aber die Alinghi-Träume dürften schon bald ins Wasser fallen. Man hat bereits in New York auf dem Rechtsweg das Rennen um die Macht im Wettbewerb verloren und legte gleich anschließend vor Frankreich einen hübschen Köpper mit einem Trainings-Trimaran hin.

6. April 2008

Rechtsrum gegen die Wand


Es ist keine gute Idee, auf einer NASCAR-Rennbahn in den USA nach rechts zu steuern. Die normale Fahrtrichtung auf den Ovalen ist linksherum. Hier hat ein Neuling beim Training offensichtlich wissen wollen, was passiert, wenn man den Grundsatz ignoriert. Das Verblüffende: Er stieg nach diesem Ritt gegen die Wand bei etwa 250 km/h und einer irren Saltoserie aus dem Auto aus und winkte den Zuschauern freundlich zu. Ob das beim nächsten Mal auch so gut ausgeht? Kaum anzunehmen.

Zuviel Leder, zuwenig Lacher


Au weia. Rick Reilly hat nicht viele Freunde in den Medien. Kaum hat der Mann Sports Illustrated verlassen, um in zwei Monaten für 2 Millionen Dollar im Jahr bei ESPN wieder ins Journo-Geschäft einzusteigen, wird er querbeet abgeschlachtet. Und nicht wegen seiner mal mehr, mal weniger klugen und witzigen Texte, sondern wegen eines Drehbuchs. Der Film über Football in den zwanziger Jahren - Titel Leatherheads - kam am Donnerstag in die Kinos und bekommt von allen Seiten sehr viel Lob für seine Darsteller und seine Umsetzung. Aber das Script wird überall verrissen. Und das stammt - zumindest zu 50 Prozent - aus der Kiste von Rick Reilly. George Clooney spielt die Hauptrolle und führt Regie. Das Einspielergebnis vom ersten Wochenende war denn auch erwartet schwach.

Trendsportart in New York: Cricket

Wenn man in den USA als Sportjournalist arbeitet, wird man zu einem Spezialisten in Sachen, die den normalen Verbraucher in Europa überhaupt nicht interessieren. Also Sachen wie Baseball, Football und Lacrosse, Stock-Car-Autorennen. Man arbeitet sich in den Turfsport ein und könnte vermutlich auch noch Hunderennen andere exotische Disziplinen wie Real Tennis (die Urform, gibt's in New York und Philadelphia) oder Doping aufgreifen. Was alles ganz reizvoll ist, wenn man seinen Kopf mit mehr füllen möchte als mit dem täglichen Allerlei einer fußballfixierten Welt. Aber irgendwann fragt man sich dann doch: Muss ich jetzt wirklich auch noch Cricket begreifen? Obwohl mir das damals in England schon keiner richtig erklären konnte? Vermutlich. Cricket ist im Kommen. In New York. Bei den Schulkindern. Und darüber wird man irgendwann schreiben müssen. Wenn es so weitergeht. Mit dem Cricket.

Karriereloch bei Kaymer?

Nachdem Martin Kaymer vor wenigen Monaten halb Deutschland wachgemacht hat und auf einmal überall und jeder um seine sportliche Laufbahn besorgt ist, ist er in ein kleines Karriereloch hineingegelitten. Ich mag nach meinen Gespräch neulich in Arizona mit ihm nicht behaupten, dass ich wirklich weiß, wie er tickt. Aber ich würde mich wundern, wenn selbst jemand mit seinem Talent ständig immer nur Weltspitzenleistungen produzieren würde. Der Aufstieg verläuft meistens nicht geradlinig, sondern eher in Spurts. Er hat bisher nicht verlauten lassen, ob er mit neuen Schlägern herumexperimentiert, was angesichts des Vertrags mit Titleist nahe liegt. Oder ob er eventuell Schwierigkeiten verspürt, sich auf die neuen Belastungen - mehr Interviews, Pressekonferenzen, mehr Reisen, andere Plätze - einzustellen.

Zumindest eine Anekdote aus Augusta gibt zu denken: Danach sieht er sich noch sehr oft mit Konstellationen konfrontiert, die eine rührende Naivität andeuten. Auf der anderen Seite: Jede Lernerfahrung - seien es die welligen und extrem schnellen Grüns im Augusta National, auf denen er ab Donnerstag antreten wird, oder das Bermuda-Gras, das man im Süden der USA aus klimatischen Gründen bevorzugt - dürfte bei ihm durchaus Erfahrungswerte produzieren, die er noch einmal nutzen wird. Das Problem: Um dies dann auch tatsächlich anzuwenden und zum Beispiel in der Zukunft in Augusta zu spielen, darf ein Spieler in der Weltrangliste nicht sehr viel weiter abrutschen.

Blogger leben gefährlich

Heute auf der Titelseite der New York Times: eine Geschichte über Blogger, die neuerdings wie die Fliegen sterben. Oder sagen wir: Wie ältere Menschen mit gesundheitlichen Problemen, die sich selbst nicht genug schonen. Diese Bloggerei in den USA, mit der ein paar Leute inzwischen durchaus ernstzunehmende Beträge verdienen, bringt völlig neue Probleme für Leute, die sich selbst nicht gut genug einschätzen können. Wer die Sache zu ernst und zu wichtig nimmt (und sich dabei extrem selbst ausbeutet), verliert irgendwann den Bezug zu einer existenziellen Erfahrung, die jeder Mensch mit der Fähigkeit zum Nachdenken eigentlich haben sollte: Immer nur Output geht nicht. Und das Lesen von anderen Webseiten ist kein Input, der das ersetzen könnte, was man körperlich und geistig braucht, um zu leben, sondern es ist eine riesige Menge Stoff, den man mit Vorsicht genießen sollte.

Man nennt es: Turmwochen

Es wird deutlich schwieriger, die regelmäßigen Besucher dieses Schaufensters zu entertainen, wenn sich die Arbeit türmt. Und die letzte Woche war solch eine Turmwoche, in der eine ganze Reihe von guten Themen und Geschichten umgesetzt werden mussten. Manchmal sogar im Eiltempo. Kaum ist die Woche um und kaum ist der Beitrag über Doping, BALCO, das Urteil gegen Tammy Thomas wegen Meineid und den Ermittler Jeff Novitzky im Deutschlandfunk gelaufen, geht es auch schon weiter. Für American Arena bleibt da meistens nur noch wenig Zeit. Nicht mal, um auf solche Abhandlungen hinzuweisen wie die über die Pläne und Konzepte der NBA, die mit einer Ausdehnung nach Europa liebäugelt, aber von einem Optimismus getrieben werden, der jeder Grundlage entbehrt. Die FAZ wird Anfang der Woche - rechtzeitig vor den Playoffs der NHL eine Geschichte über Christoph Schubert und sein komisches Los in Ottawa bringen.

Die Senators haben sich qualifiziert, dürften aber in der ersten Runde nur dann eine Chance haben, wenn sie - ohne den verletzten Kapitän Daniel Alfredsson - auf einen müden Gegner treffen. Boston - mit Marco Sturm - hat es übrigens mal wieder in die Playoffs geschafft. Buffalo - mit Jochen Hecht - war nach dem Aderlass vor der letzten Saison zu schwach. Gespannt sein darf man auf die San Jose Sharks mit Christian Ehrhoff und Marcel Goc, die bestechend spielen und Trainer Ron Wilson endlich den Pott bringen sollen, den er als Spieler nicht gewonnen hat. Wir werden wenigstens immer wieder ein Auge darauf werfen. Versprochen.

2. April 2008

Bowling und Baseball und Barack und Bush


Es gibt Belege dafür, dass Präsidentschaftskandidat Barack Obama mal ganz gut Basketball spielen konnte. Aber der Umgang mit einem Ball ist das eine. Eine Bowling-Kugel will ganz anders ins Spiel gebracht werden. Und so hat sich Obama neulich in einer Halle in Pennsylvania ganz gut blamiert. Aber wenigstens wurde er nicht ausgebuht wie der amtierende Amtsinhaber George W. Bush, dessen Karriere als Baseball-Club-Miteigentümer in Texas die Plattform zu seiner unsäglichen politischen Karriere wurde. Bush trat am ersten Tag der Baseballsaison im neuen Stadion der Washington Nationals an und warf den zeremoniellen ersten Pitch.

1. April 2008

Der Klingelbeutel: Alles Liebe

Die Leidenschaft für Basketball artikuliert sich auf vielerlei Weise. Auf Mark Cubans Weise, der jetzt eingeführt hat, dass alle Blogger, die eine Akkreditierung von den Mavericks haben wollen, erst mal bei ihm in der Kommentarspalte ihren Senf abliefern müssen. Der Blogger von fireavery.com bekam übrigens von Cuban persönlich eine Absage, die nur noch mal dokumentiert, wes Geistes Kind der Eigentümer der Dallas Mavericks ist (oder sollten wir sagen: was für ein Kind er ist?)

Auf David Sterns Weise, der - obwohl 65 Jahre alt - nicht müde wird, die Ausdehnung der NBA nach Europa zu propagieren (dazu in dieser Woche mehr in der FAZ). Auf die Weise von Leuten, die so starverrückt sind, dass sie Geld für das alte Bett von Michael Jordan bei ebay (Foto) ausgeben. Und dann gibt es noch solche Phänomene wie das große Lesben-Treffen in Tampa Bay am kommenden Wochenende aus Anlass der Final Four im College-Basketball der Frauen. Im letzten Jahr in Cleveland, so besagen Recherchen von tampabay.com und der St. Petersburg Times, waren wohl 50 Prozent der Zuschauer von der anderen Fakultät, wie Franz Beckenbauer das nennt. Obwohl manche Schätzungen sogar noch höher liegen. Normalerweise wird über solch eine Entwicklung gerne geschwiegen. Wegen Tabu-Thema und so. Aber in Florida sieht man so etwas inzwischen ganz cool als interessante Geschichte für den Wirtschaftsteil.