1. September 2006

Der neue Becker

Hier ist die Prognose für den Samstag bei den US Open im Tennis: Die Überreste des Hurricanes Ernesto, der sich allmählich bis nach New York vorgearbeitet haben, werden dem Grand-Slam-Turnier eine Pause aufnötigen. Das Achtelfinalspiel zwischen dem neuen Becker und dem alten Agassi wird vermutlich erst einen Tag später als geplant stattfinden: am Sonntag. Was gut ist für Agassi, der von seinem Rücken extrem gequält wird. Nach der spektakulären Energie- und Willensleistung in der Nacht zum Freitag, an deren Ende der weitaus jüngere Marcos Baghdatis mit massiven Oberschenkelkrämpfen kämpfte, konnte Agassi nicht mehr sitzen und nicht mehr stehen und benötigte erneut eine Spritze mit einem entzündungshemmenden Schmerzmittel.

Für den 25jährigen Benjamin Becker aus dem Saarland, der in Texas mit einem Tennisstipendium studiert hatte und nun in der Weltrangliste nach oben klettert (zur Zeit Position 112) ist das alles ganz neu: Ein Match, in dem 20 000 Zuschauer gegen ihn sind. Ein Gegner, den mit einem Sieg in die Pension schicken würde.

Diese kleine Ranke fügte Doris Henkel ihrem Artiekl für die Tageszeitung vom Samstag bei: "Bei einem Besuch vor zwei Jahren bei den US Open hatte Benjamin Becker, 25, die Spiele der Qualifikation verfolgt und gedacht: Mensch, wenn ich da auch mal mitspielen könnte. Nun hat er quasi aus heiterem Himmel im Arthur-Ashe-Stadion eine Verabredung mit Andre Agassi."
Thomas Klemm wies am Mittwoch in seinem Porträt des Un-Boris in der FAZ auf folgenden Aspekt der Biographie hin: "Fast auf den Tag genau ein Jahr zuvor hatte Becker seinen ersten Ranglistenpunkt überhaupt gesammelt, durch zwei Matchgewinne bei einem unterklassigen Future-Turnier in der ecuadorianischen Großstadt Guayaquil. Seither verbringt er sein Leben so, wie er es eigentlich nicht geplant hatte: um die Welt tingeln und sich als Tennisprofi verdingen."

Wer erleben konnte, wie Agassi am Donnerstagabend die ersten beiden Sätze beherrschte, muss sich um Becker sorgen machen. Das einzige Gegenmittel: Das Match in die Länge ziehen und hoffen, dass der Altmeister körperlich auseinander fällt. Ich habe Becker heute in der Pressekonferenz in Flushing Meadows gefragt, was er für Erfahrungen mit Spielen hat, die länger als drei Stunden dauern und die zu Muskelkrämpfen führen können. Er sagte: "Ich habe wirklich noch kein Fünf-Satz-Match gespielt auf irgendeinem anderen Belag gespielt - außer auf Gras. Also weiß ich es nicht. Aber ich bin in guter Verfassung."

Deshalb darf man auf das Match sehr gespannt sein - egal ob es am Samstag stattfindet oder am Sonntag.

Hier ein kurzer Rückblick auf eine andere Zeit: B. Becker gegen A. Agassi in Wimbledon 1995

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