2. November 2007

NFL: Colts gegen Patriots - ein Ausblick


Es gibt in der NFL beim besten Willen nicht viele Must-see-TV-Termine, die ein ganzes Volk von Football-Anhängern in die Sessel zwingt, wo sie dann gebannt der Dinge harren, die da kommen. Bis zu den Playoffs herrscht meistens eine gewisse Larifari-Stimmung, ausgenommen natürlich unter den Fans einzelner Clubs, die zumindest die klassischen Derbys mit Spannung verfolgen. Sonntagnachmittag wird alles ganz anders sein. Da treffen zwei bislang ungeschlagene Mannschaften aufeinander (das passiert zu einem so späten Zeitpunkt mitten in der Saison selten genug). Sie sind die Hauptrivalen für die Playoffs in der American Conference um die Teilnahme am Super Bowl im Januar, wo sie sich voraussichtlich erneut über den Weg laufen werden: Die Indianapolis Colts und die New England Patriots, die beiden Mannschaften, die auf eine perfekte Weise demonstrieren, mit welcher Art von Football man in der lange Zeit so pomadigen AFC inzwischen das Kraftprogramm der NFC um Meilen hinter sich gelassen hat.

Das Match ist eine Revanche für die AFC Championship vom Anfang des Jahres, als die Colts den Part der klügeren Mannschaft gaben und gewannen und die Patriots mit einer Spur zuviel Überheblichkeit den Sieg mit dummen Fehlern verschenkten. Bill Belichick, der seine Truppe wegen der Salary Cap seit Jahren ständig umbauen muss und trotzdem konkurrenzfähig hält und dabei einen glatt gewienerten, attraktiven Stiefel pflegt, ist auch in diesem Jahr der Preis für die kälteste Hundenase der Branche gewiss. Kaum jemand hatte noch viel auf Randy Moss gegeben, der mal in Minnesota als gefährlicher, aber ausrechenbarer Wide Receiver in einem Team ohne Durchschlagskraft seine NFL-Karriere begann und danach als verwöhnte Primadonna in Oakland eingestuft wurde, wo derzeit wirklich alles zu spät ist. Belichick griff zu und verwandelte den wie befreit über den Platz fegenden Sprinter in einen Ballfangautomaten. Obwohl, der Coach sieht das mit dem Verwandeln anders. Eigentlich hat er nur den begabtesten Wide Receiver in der NFL genommen und ihn auf die bestmögliche Weise in die Spielzug-Entwürfe integriert. Denn, sagt Belichick, er hat etwas an Moss gesehen, was die anderen Trainer ignoriert haben:
"Du kannst ihn überall einsetzen, wo du möchtest. Er kann X spielen. Er kann Y spielen. Er kann F spielen. Ganz egal, was du möchtest. Du kannst ihn dir eigentlich überall vorstellen. Das ist ziemlich ungewöhnlich. Wir hatten ein paar Jungs, die das mental konnten, aber nicht notwendigerweise körperlich. Wir hatten ein paar Jungs, die dazu körperlich in der Lage waren, aber es vielleicht mental nicht fertig brachten. Randy ist wirklich intelligent, was das Passspiel angeht."
Und das Resultat? Der Mann hat in den bislang acht Spielen der Patriots elf Touchdown-Pässe eingesammelt. Das Team kommt auf eine Offensivausbeute von 41,4 Punkten pro Match und zieht Gegnern dabei geradezu die Haut ab. Was musste New England für die Fangmaschine bezahlen? Einen Viertrunden-Draftplatz und 3 Millionen Dollar in bar. Kaum zu fassen ,aber wahr. Man musste allerdings noch mit Quarterback Tom Brady verhandeln und dessen Vertrag zeitlich strecken, um die Gage für Moss (3 Millionen Dollar Garantie mit Bonusgeldern, die das Ganze auf 5 Millionen Dollar bringen), unter dem Lohndeckel unterzubringen.

Weshalb bringen andere Clubs so etwas nicht fertig? Weil sie so viele andere Probleme haben, dass sie auf die Nuancen gar keine Zeit mehr verschwenden können. Das Spiel, von CBS übertragen, wird in mehr als 93 Prozent aller Haushalte zu empfangen sein (Märkte wie Cleveland werden nicht bedient, weil die eigene Mannschaft zur gleichen Zeit spielt und das Match auf Fox übertragen wird). Die CBS-Leute sind euphorisch. Sie rechnen mit einem neuen Quotenrekord für Spiele der regulären Saison.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Vielleicht bin ich ein bisschen zu weit weg und beschäftige mich nicht intensiv genug mit der NFL, aber die Verpflichtung von Moss erschien mir von Anfang an ein Geniestreich zu sein.

In Minnesota hat er mir unglaublich gut gefallen. In Oakland hätte wohl auch Jerry Rice in seinen besten Tagen wenig gerissen. Für mich war das eigentlich unglaubliche, dass die Pats ihn in die Salary Cap bekommen haben.

Anonym hat gesagt…

@ dülp

an der sportlichen Klasse von Moss gab es auch in Oakland keinen Zweifel, nur war seine mentale Einstellung dort, gelinde gesagt, verbesserungswürdig ... er hat es, nachdem er bemerkt hatte daß seine Mitspieler nur mittleres bis unterdurchschnittliches NFL-Niveau besaßen, erheblich an Einsatz und Willen fehlen lassen und so war man froh ihn im Gegenzug für einen jetzt natürlich lächerlich erscheinenen Viertrunden-Draftpick gehen lassen zu können ... solche divenhaften Verhaltensweisen kann er sich in diesem routinierten Team und erst recht unter Belichick natürlich nicht erlauben ...

Moss hat eine gewaltige Gehaltsminderung in Kauf genommen, außerdem hat Tom Brady seinen Vertrag restrukturiert damit Moss verpflichtet werden konnte ...

Anonym hat gesagt…

Damit bestätigst du ja eigentlich nur meine Aussage - mit der Einschränkung dass Moss in Oakland nicht nur ein schlechtes Team hatte, sondern auch eine schlechte Einstellung.

Daran habe ich gar keinen Zweifel. Aber gab es für ein Team wie die Pats eine bessere Gelegenheit, einen solchen Sportler zu verpflichten? In Minnesota war er heiß wie Frittenfett. Keiner hat verstanden, warum er in die footballerische Diaspora gewechselt ist (außer vielleicht, dass die Raiders noch ne Menge Gehalt ausgeben konnten).

Wahrscheinlich ist er an dem Punkt angelangt, wo er das Konto voll hatte und gemerkt hat, dass Titel doch mehr zählen, als ein paar hunderttausend mehr auf dem Konto.

Ein Kompliment muss man Brady machen, dass er Einschränkungen dafür hingenommen hat, dass das Team auf seine Kosten besser geworden ist. Aber ist ja nicht das erste Mal, dass sich Brady als Musterprofi herausstellt.