13. Juli 2010

RIP: Yankees-Besitzer George Steinbrenner

In der Geschichte der New York Yankees gibt es drei wichtige Phasen. Die erste begann, als Babe Ruth in Boston in Ungnade fiel und in der Bronx zum Kern einer unschlagbaren Mannschaft wurde, in der unter anderen der deutschstämmige Lou Gehrig eine wichtige Rolle spielte. Das Leben von beiden wurde in Hollywood verfilmt. Denn solche Figuren gibt es nicht alle Tage.

Die zweite Phase kulminierte in den fünfziger Jahren gegen Ende der Karriere von JoeDiMaggio und ist mit Spielernamen wie Yogi Berra und Mickey Mantle verbunden. Zu jener Zeit waren die Yankees schon so wichtig in der amerikanischen Alltagskultur, das sie zum Ausgangsthema eines Broadway-Musicals wurden, das später auch in Hollywood inszeniert wurde. Es trägt den Titel Damn' Yankees, was der Stimmung im Rest des Landes entsprach. Diese Yankees waren einfach zu gut. Und deshalb verhasst und beneidet. Man denke nur an das Aufsehen, dass die Heirat von Joe DiMaggio mit Marilyn Monroe verursachte. Das war im wahrsten Sinne eine Traumehe, weil sich damals kein Sportler auch nur erträumt hätte, es bis in die Welt der Paparazzi und der Klatsch-Postillen zu schaffen.

Als diese Ära zu Ende ging, hatten die Yankees zwar jede Menge Sportgeschichte geschrieben, aber standen vor einer schwierigen Phase. Dann kam George Steinbrenner, der Nachfahre eines Reeders aus Ohio, der mit seinem Geld und seinem autoritären Charakter ein neues Zeitalter im amerikanischen Ligasport einläutete. Von ihm über Jerry Jones bei den Dallas Cowboys und zu Mark Cuban bei den Dallas Mavericks sowie zu den (amerikanischen, russischen) Hyper-Spekulanten, die sich in die Premier League verirrten, führt eine ziemlich gerade Linie. Und auch diese Phase wurde von der amerikanischen Entertainment-Industrie auf ihre Weise widergespiegelt. George Steinbrenner wurde in den neunziger Jahren in Seinfeld, der erfolgreichsten Sitcom aller Zeiten, zu einer Figur. Während alle anderen Rollen in der Serie fiktiv waren, war Steinbrenner, Spitzname The Boss, er selbst. Die Besonderheit: Man sah ihn meistens nicht von vorne, sondern meistens von hinten. Seine Texte wurden von einem Schauspieler gesprochen – in jenem abgehackten, herausgepressten, rauhen Tonfall, für den er bekannt war. Denn George Steinbrenner war – zumindest in den USA – tatsächlich berühmt geworden.

Sein interventionistischer Stil bei den Yankees führte zu unterschiedlichen Resultaten. Er kaufte teure Spieler ein, wechselte Trainer nach kurzer Zeit aus – das produzierte zunächst ziemlich wenig. Er war abergleichzeitig in der Lage, die Yankees-Mystik in hochdotierte Fernsehverträge im Lokal-TV umzumünzen. Steinbrenner war der Wegbereiter jenes Netzes aus regionalen Fernsehkanälen, wie man es sich heute nicht mehr wegdenken kann. Als Populist verstand er es selbstverständlich auch, die Stadt New York unter Druck zu setzen, der das alte Stadion gehörte, in dem die Yankees für eine lächerlich geringe Miete nur Gast waren. Zwischendurch drohte er, mit dem Club nach New Jersey umzuziehen. Danach wollte er unbedingt in Manhattan ein neues Stadion haben, denn in der schmuddeligen Bronx wirkte sein Yankees-Brand zunehmend angeschabt.

Aber schließlich war er in der Lage, mit seinen Millionen eine Mannschaft auf die Beine zu stellen, die wieder die World Series gewann. Mit den Erfolgen ab Mitte der neunziger Jahre – und sicher auch mit dem Alter – wurde Steinbrenner gnädiger und toleranter. Irgendwann gab er das Management an seine Familie ab und genoss die sportlichen Erträge seiner Arbeit. Das Denkmal, dass er der Nachwelt hinterlässt, ist ein nagelneues Stadion gleich neben dem alten, dass im letzten Jahr eröffnet wurde.

Steinbrenners Rolle als Supporter von Richard Nixon hätte ihn beinahe ins Gefängnis gebracht. Er kam mit einer Geldstrafe davon. Sein Versuch, den Ruf des ehemaligen Yankees-Profis Dave Winfield zu schädigen, handelte ihm eine dreijährige Sperre von Major League Baseball ein. Eigentlich lautete das Urteil auf lebenslänglich. Aber nach drei Jahren wurde er wieder rehabilitiert. Rechtzeitig zu dem Lauf seiner Spieler, die zwischen 1996 und 1999 unschlagbar schienen.

Steinbrenner starb heute im Alter von 80 Jahren an den Folgen eines Herzinfarkts. Als den Club 1973 erwarb, musste er 10 Millionen Dollar bezahlen. Die Yankees sind heute rund 1,6 Milliarden Dollar wert.

Einer seiner Seinfeld-Auftritte in echt:


Co-Produzent Larry David als Steinbrenner:


Sehr ausführlich und lesenswert zu diesem Thema: dogfood bei allesaussersport

Plus: Steinbrenner-Bilder im Archiv von Sports Illustrated:

2 Kommentare:

Ihopewehavealittlebitlucky hat gesagt…

Klugscheißerei: Jene Seinfeld-Folge wurde allerdings nie mit den Szenen des echten Steinbrenner ausgestrahlt. Diese Auftritte sind der DVD als Bonus enthalten.

Jürgen Kalwa hat gesagt…

Danke für die zusätzliche Information. A propos Seinfeld. Die Serie fand jahrelang so gut keinen Anklang in Deutschland. Das hat sich im Laufe der Zeit wohl geändert. Weiß jemand, ob sie inzwischen echten Kult-Status hat?