20. Mai 2007

Wenn ein Sender nicht mitzieht: NHL-Fans schauen dumm aus der Wäsche

"Man kann es nicht anders nennen: Das war extrem peinlich für die Liga. Ein entscheidendes Spiel in der Conference-Final-Serie, das fallen gelassen wurde, damit Leute über ein Pferd reden können, das letztes Jahr gestorben ist, und das Wetter in Pimlico." So lautete das vernichtende, wenn auch leicht kryptisch getextete Urteil auf der Webseite von Sports Illustrated über einen selten rüden Akt des Managements eines Medienunternehmens. Aber der Reihe nach:
Die Liga? Die National Hockey League.
Das entscheidende Spiel? Buffalo Sabres gegen Ottawa Senators um den Einzug ins Stanley-Cup-Finale.
Das Pferd? Barbaro - nicht vor einem Jahr gestorben, aber an selbiger Stelle aufgrund schwerster Knochenbrüche unrettbar verletzt und Monate später in der Klinik eingeschläfert.
Pimlico? Der Name der Rennbahn in Baltimore, auf der eines der bedeutendsten Galopprennen in den USA stattfindet - das Preakness, das zur Triple Crown gerechnet wird.
Das Medienunternehmen? Der Fernsehsender NBC, der seit Jahr und Tag die Olympischen Spiele überträgt und immer versucht, so etwas wie Klasse und Stil zu projizieren. Der aber die NHL nur für den Futtertrog der leeren Sendeplätze an Wochenenden bereit hält.
Das Problem - Teil 1? Die Sabres und Senators sind nach der regulären Spielzeit noch nicht fertig mit ihrem Match. In Baltimore warten die Reporter auf eine Schaltung. NBC gibt den Rest der Übertragung - und damit den wirklich spannenden Teil - an den Kabelkanal Versus ab, der seit zwei Jahren der Hauptabspielsender für Eishockey in den USA ist.
Das Problem - Teil 2? NBC kann jeder empfangen, Versus gibt es allenfalls in der Hälfte aller amerikanischen Haushalte, wenn nicht in noch weniger. Die Zuschauer nahe der kanadischen Grenze (etwa in Detroit oder auch in Buffalo) konnten auf kanadisches Fernsehen umschalten. So blieben ein paar übrig, die dumm aus der Wäsche schauten.

Wem soll man nun die Schuld an Angelegenheit geben? Bei SI hat Kollege Allan Muir das rasch bestimmt: Das hat die Liga verbockt, die den Spielplan leicht gestreckt hatte, um vom Freitag (keine NBC-Übertragungsmöglichkeit) auf den Samstag zu gehen und darauf zu hoffen, dass das Spiel in dem zugestandenen Zeitfenster bis zum Galopprennen entschieden ist. Der Liga kann man vieles vorwerfen, aber nicht, dass sie eine Chance vertan hätte. Ihr Status bei den großen Sendern rangiert kurz über Bettler. Die Quoten sind seit Jahren nicht der Rede wert. Eishockey leidet - abgesehen von seinem unumstrittenen enormen Stellenwert in Kanada - im Rest von Nordamerika unter einem ganz normalen Symptom. Es interessieren sich immer nur die Menschen in den betroffenen Städten und Regionen für die Clubs, die im Fernsehen auftauchen. Der Rest der Nation reagiert mit Gähnen - selbst, wenn es wie am Samstag richtig spannend zugeht und das Spielniveau hoch ist. Als die Liga nach dem langen Tarifstreit die Vereinbarung mit NBC traf, konnte sie nicht mehr herausholen als dieses: NBC zahlt keine Garantien, sondern nur Anteile an den erzielten Werbeeinnahmen. So hatte man bei der NHL diesmal gar keine andere Wahl: Entweder man schiebt die Senators und Sabres ins Schaufenster und kassiert mit. Oder man verschenkt die Gelegenheit komplett und geht gleich ins Halbdunkel des Kabelsenders Versus.

Wie wird das in den kommenden Wochen beim Finale aussehen? Commissioner Bettman sagt, es sei kein Problem. Er habe mit NBC gesprochen. Die paar tausende Leute in den USA, die das betrifft, werden es ihm glauben müssen.

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