8. Dezember 2009
Die Nationale Hybris League baut Potemkinsche Dörfer
Zunächst denkt man ja, das H in NHL steht für die Sportart, die allen anderen Hockeyarten zum Trotz in Nordamerika bekanntlich nicht Ice Hockey heißt (sonst hieße der Laden, von dem hier die Rede ist, vermutlich NIL – wie die Zigarettenmarke mit dem parfürmierten Tabak). Aber je länger Gary Bettman als Commissioner am Ruder ist, wäre es wohl besser, bei dem Buchstaben an Hybris zu denken. Und an Hohn. An Hackenschuss. Und an Holy Shit. Hier der neueste Beleg für die realitätsferne Betrachtungsweise jenes Herrn, der über Wohl und Wehe einer darbenden Liga wacht: Er will nicht etwa kranke Clubs wie in Phoenix, Tampa, Columbus oder Nashville umquartieren in Städte, die sich über Zuwachs freuen. Nein, die jetzigen Standorte sollen alle ihre Minusmacher behalten und durchfüttern. Wenn Winnipeg und Quebec City neuerdings wieder Lust auf Profi-Eishockey der ersten Kategorie haben sollten, dann würde die Liga einfach ausgebaut. Von jetzt 30 Teams auf eine ungenannte höhere Zahl.
Das klingt lachhaft, wenn man sieht, was für einen Fernsehvertrag die NHL auf die Beine bekommt, bei dem pro Club nur sehr wenig hängen bleibt. Woher soll das Geld von rund 50 Millionen Dollar für die Gehälter pro Saison aber kommen, um die schnellen Jungs aus Europa zu bezahlen, ohne die man in Nordamerika kein attraktives Eishockey auf die Beine bekommt? Und wenn das Fernsehen nicht zahlt, dann braucht man Zuschauer in der Arena. Ich war letzte Woche bei einem Heimspiel der New Jersey Devils in der neuen Halle in der Innenstadt von Newark. Angeblich wurden für das Match gegen die Vancouver Canucks um die 13.000 Karten verkauft (von 17.600). Wenn man sich genau umschaute, saßen bestenfalls 10.000 in den Rängen. Die Stimmung war entsprechend.
Abgesehen davon wirken insbesondere die Anstrengungen der russischen Liga KHL wirkungsvoll genug, um der NHL gute Spieler abspenstig zu machen oder sie gar nicht erst über den Atlantik zu lassen. Was die Liga braucht, ist ein Schrumpfungsprozess auf die vitalsten Städte des Kontinents, wo die Fans sitzen, die nicht nur in die Halle gehen, sondern auch Spiele im Fernsehen verfolgen. Alles andere ist ein Potemkinsches Dorf. Und das sieht in der Bettman-Optik so aus: Das Geschäft verläuft in Zyklen. Und Teams in Anaheim, Dallas, Tampa, North Carolina hätten in den letzten Jahren den Titel gewonnen, also in Städten, in denen es entweder nie oder so gut wie nie schneit. Ja, wenn das so ist... Wie wär's mal mit Meisterschaftserfolgen in Toronto, Edmonton, Calgary und Chicago? Würde das nicht die Fans wirklich entzücken?
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2 Kommentare:
In reinen Zuschauerzahlen ist die NHL sogar besser aufgestellt als die NBA.
http://sports.espn.go.com/nhl/attendance
http://sports.espn.go.com/nba/attendance
Sicher, die NBA hat dafür ja immerhin einen ordentlichen TV-Vertrag.
Und es stimmt auch das die Strategie von Bettman sehr fragwürdig ist. Er hat sich einfach mit den Expansion-Teams Anfang der 90er übernommen. Das er jetzt nochmal den gleichen Fehler machen würde ist einfach unglaublich.
Gary A** - wie er in gewissen Kreisen gerne genannt wird - und seine Kumpanen sind dem hockey so fremd, die sind doch nicht mal in der Lage, ein Jersey des besten Verteidigers der letzten 10-15 Jahre mit dem korrekten Namen zu versehen (s. Award-Gala 2008). Wie kann man da noch sinnvolle Entscheidungen erwarten? Wenn sie wenigstens den Regelaspekt hinbekämen und Tore auch Tore wären, wäre schon viel getan :)
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