5. März 2008

NBA-Expansion nach Europa: Nicht in den nächsten zehn Jahren

Image: http://etchasketchist.blogspot.com (used by permission)

Vor ein paar Wochen rotierte ein Gerücht, wonach NBA-Commissioner David Stern während des All-Star-Weekend in New Orleans seine Pläne für eine Expansion nach Europa enthüllt. Als ich am selben Wochenende in Deutschland von einer Kollegin gefragt wurde, was denn wohl an dem Gerücht dran sei, musste ich gestehen, dass ich das auch nicht weiß. Daß der amerikanische Schreiber, der das Thema lanciert hatte, aber in der Branche als unzuverlässig gilt. Und dann habe ich eine ganze Liste von Dingen heruntergerattert, weshalb die Liga KEINEN Ableger in Europa auf die Beine stellen wird.

Der wichtigste ist eine Kombination von zwei Dingen: Ohne Fernsehgelder von amerikanischem Zuschnitt (wo sollen die herkommen bei dieser dünnen Zuschauerdecke?) und ohne sogenannte expansion fees, die neue Clubs aufbringen müssen, damit sie zugelassen werden (inzwischen sicher mehr als 200 Millionen Dollar pro Team) - also ohne richtig viel Kohle ist es piepegal, ob man irgendwann in Europa große Hallen hat.

Nun gut. Der Commissioner hat in New Orleans nichts erzählt, aber dafür jetzt bei einem Abstecher nach Portland gesprochen. Hier der Dialog, der im Rahmen einer improvisierten Pressekonferenz stattfand - ausnahmsweise auf Deutsch übersetzt, um zu dokumentieren, wie vage das alles geblieben ist:

"Frage: Sie haben über die Expansion nach Europa in der Vergangenheit gesprochen. Was ist der Zeitrahmen dafür und für die Zukunftsaussichten?

David Stern: Ich habe einen Zeitrahmen von einem Jahrzehnt gesetzt, weil ich nicht denke, dass es morgen passiert. Aber es ist eine Tatsache, dass es AEG [Anschutz Entertainment Group] gibt, die das Staples Center [in Los Angeles] gebaut haben. Sie haben eine Arena in London gebaut. Sie bauen in Berlin. Sie gießen die Fundamente für eine Arena in Rom. Real Madrid und FC Barcelona haben Pläne für neue Arenen. Deshalb sehe ich eine Zeit, in der es Hallen im NBA-Stil geben wird. Ist das genug? Nein. Wir müssen dafür sorgen, dass die Zuneigung der Fans zu unserem Sport etwas wert ist, dass sie sich wirklich hinreichend dafür interessieren und dass die Einnahmesituation an den Punkt kommt, dass sie eine NBA-Mannschaft tragen kann. Sollte das alles passieren, und ich denke, ein Jahrzehnt ist im Moment der richtige Zeitrahmen, kann ich mir eine Division mit fünf Mannschaften in Europa ausmalen. Und ich meine eine Division, die spielt....das ist nicht meine Idee. Das wurde mit von einem Spanier vorgeschlagen, der gesagt hat, die Division sollte in einem Jahr im Osten spielen und im nächsten im Westen. Das macht das Reisen einfacher. Was weiß ich? Aber es eine interessante Idee. Und es ist keine große Sache von Boston nach Paris zu reisen. Ich sage dass zu einer Gruppe von Reportern, die weiß, wie weit es ist von Portland nach Orlando oder Boston ist. Das ist ziemlich interessant und anregend, darüber zu reden, über etwas, das noch ein Jahrzehnt weit weg ist, wenn man 65 ist."

Alles klar? Stern macht AEG keine Zusagen, nicht mal Versprechungen. Wenn man in Europa nicht hunderttausende von Basketballanhängern motivieren kann, wird man die Finger von der Expansion lassen. Und: Wir sollten jetzt zehn Jahre lang einfach nicht mehr spekulieren, was die NBA macht. Nicht mal in unseren Träumen...

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

warum ist eigentlich noch nie jemand auf die idee gekommen, einfach ein weltpokal-finale-ähnliches spiel zwischen dem nba-champion und dem europapokalsieger zu veranstalten? kann ja auch best of seven sein oder so. dann könnte sich der nba-champion auch mal zu recht world champion nennen (oder machen die das nicht mehr? ich kenn mich nicht so aus im basketball.

Jürgen Kalwa hat gesagt…

Das wäre sicher eine gute Idee, wenn der Weltpokal ein Ereignis von Rang wäre. Aber ich habe nicht den Eindruck, als ob da viele Zuschauer einschalten und Fernsehlizenzen erwirtschaftet werden. Oder dass sich Sponsoren für so etwas interessieren. Das heißt nicht, dass man nicht in einer anderen Sportart mit diesem Konzept erfolgreich sein kann. Die Eishockey-Welt probiert jetzt so etwas mit dem Victoria Cup (siehe weiter unten im Blog) - eine Annäherung zwischen Nordamerika und Europa auf der sportlichen Ebene, die zumindest die Eishockey-Fans auf beiden Seiten des Atlantik interessieren wird. Aus den Erfahrungen kann man vielleicht etwas lernen.

Anonym hat gesagt…

NBA-Expansion nach Europa...das hört sich für den Fan hierzulande sicher verlockend an. Ich perönlich bin aber eher skeptisch, ob ein Format wie die NBA in Europa dauerhaft fußfassen könnte. Angenommen der Plan würde in ferner Zukunft umgesetzt, so bekäme Europa zunächst fünf frisch aus dem Boden gestampfte Franchises, die auf Jahre hinaus nur um die "Goldenen Ananas" spielen (siehe frühere Expansion Teams). Keine Anfangseuphorie kann dem auf Dauer standhalten.
Von unseren europäischen Ligen sind wir gewohnt, dass alle Teams um einen irgendwie gearteten Erfolg spielen. Sei es (z.B. im Fussball) die Meisterschaft, der int. Wettbewerb oder der Nicht-Abstieg.
Ich glaube nicht, dass die NBA in ihrem jetztigen Format undendliches Expansionspotential hat. Schon jetzt gibt es genügend Teams, die noch nie wirklich um eine Meisterschaft gespielt haben und wahrsheinlich auch in den nächsten X-Jahren nicht spielen werden. Man muss schon eine gute Portion olympischen Gedankens mitbringen, um sich dieser Tage Minnesota gegen Memphis anzuschauen.
Aus meiner Sicht, müsste die NBA ihr gesamtes Format überdenken, wollte sie tatsächlich noch weiter expandieren. Dabei kämpft sie doch noch immer mit den Nachwehen der letzten Expansion(siehe Playoff-seeding).
Mein Kompliment für diesen Blog, ich lese seit einiger Zeit mit Freude ihre Artikel.

Jürgen Kalwa hat gesagt…

Vielen Dank für den Kommentar und das Kompliment.