Man kann ganz bestimmt seine Zeit mit etwas Besserem verbringen als das Prokoll der stundenlangen Vernehmung eines Baseballprofis vor der Staatsanwaltschaft zu lesen. Aber wenn man wissen möchte, wie die Ermittler ticken und welche Details sie bei Ihrer Beschlagnahmeaktion im Doping-Supermarkt BALCO vor ein paar Jahren ausfindig machen konnten, sieht die Sache schon anders aus. Zumal dieses Protokoll bei zwei schwerwiegenden historischen Begleitumständen eine Rolle gespielt hat. Weil sie daraus zitiert hatten, ohne es zu dürfen, standen zwei Journalisten vor etwas mehr als einem Jahr mit einem Bein im Gefängnis. Und weil die Strafverfolgungsbehörden, glauben, dass der Protokollant sie damals im Rahmen der in diesem Papier festgehaltenen Vernehmung mehrfach angelogen hat, steht nun Barry Bonds mit einem Bein im Gefängnis.
Dem bislang offiziell als Verschlusssache eingestuften Dokument wurde übrigens Ende der Woche von der Richterin, die den Prozess gegen Baseball-Profi Bonds leitet, offiziell der Schleier des Geheimnishaften genommen. Was Sinn macht. Denn wie sollte der anhängige Prozess öffentlich geführt werden, wenn das Ausgangsmaterial versiegelt bleibt?
Nachdem Marion Jones vor ein paar Wochen eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten erhielt, weil sie - unter anderem - die gleichen Staatsanwälte in ihren Bemühungen um eine Aufklärung der illegalen BALCO-Aktivitäten angelogen hatte, wartet Football-Profi Dana Stubblefield noch auf das Strafmaß. Er hatte im Januar zugegeben, nicht die Wahrheit gesagt zu haben. Jedes Lügengebäude ist anders gezimmert. Manches besser, manches schlechter.
Barry Bonds zum Beispiel bestritt bei seiner Vernehmung nicht, Substanzen erhalten und benutzt zu haben. Er erklärte einfach standfest, dass er keine Ahnung hatte, um was es sich dabei handelte und dass er seinem Fitnesstrainer blind vertraute. Die Einlassung wirkt unglaubwürdig, ist aber schwer zu erschüttern, weil der besagte Fitnesstrainer sich weigert, Stellung zu nehmen, und lieber in Beugehaft ging, anstatt auszusagen. Aus diesem Verhalten lassen sich natürlich Schlüsse ziehen, aber keine rechtswirksamen Indizien ableiten, um Bonds zu verurteilen. Welche Beweismittel die Staatsanwaltschaft besitzt, um ihre Anklage wegen Meineid abzustützen, ist noch nicht bekannt. Der Prozess steckt noch in der ersten Phase.
Das Protokoll (als pdf-Datei abzurufen) ist 152 Seiten lang und nicht besonders erhellend. So gelingt es den Staatsanwälten zu keinem Zeitpunkt, den eitlen Bonds auch nur in die Enge zu treiben.
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