Joshua Mayers schreibt den besten amerikanischen Fußball-Blog The Beautiful Game. Wir wollten wissen, was er von Landon Donovan und seinem Umzug zu Bayern München hält.
American Arena: Als Landon zum zweiten Mal aus Leverkusen in die USA zurückgekehrt ist, wurde er von vielen verspottet. Sie sahen in seiner Haltung einen Mangel an Durchhaltewillen. Er sagte in einem Interview: "Ich wollte mich nicht elend fühlen. Ich bin 23. Ich muss das nicht haben." Stimmt meine Einschätzung, was die Reaktion der Fans angeht? Und hat sich sein Image gewandelt?
Joshua Mayers: Ich denke, dass die Art und Weise wie Landon nach seinem Versagen in der Bundesliga dargestellt wurde, gerechtfertigt war. Es ist klar, dass er mental nicht ganz auf der Höhe war, um mit Widrigkeiten fertig zu werden. Er hatte die Kritik verdient. Seine Reaktion war die eines Teenagers. Da war es berechtigt, ihn entsprechend zu behandeln, bis er das Gegenteil beweist. Allerdings glaube ich wirklich, dass er reifer geworden ist und diesmal mit den Herausforderungen umgehen kann. Er ist Spielführer der amerikanischen Nationalmannschaft geworden und ein Botschafter für Major League Soccer. Ich glaube, diesmal passt alles viel organischer zusammen. Und seine Leistung wird das zeigen.
American Arena: Was du vermutlich nicht weißt: Landon spricht überraschend gut Deutsch. Das habe ich bei einem Interview mit ihm im Juni festgestellt, und es hat meine Einschätzung seiner Person auf einen Schlag verändert. Er spricht sehr gut Spanisch. Welchen Eindruck von ihm gewinnst du aus seinen englischen Interviews?
Joshua Mayers: Landon ist ein sehr ehrlicher Mensch. Ich lese aus seinen Interviews heraus, dass er unverfälscht und glaubwürdig ist. Das Zitat aus der ersten Frage spiegelt die Ehrlichkeit wider. Er sagt, was ihm durch den Kopf geht. Vermutlich in jeder Sprache.
American Arena: Wie beurteilst du ihn als Fußballspieler, sein technisches Können, seinen Blick fürs Spielgeschehen?
Joshua Mayers: Ich habe ihn als Spieler immer sehr verehrt. Manchmal schient es schwierig zu sein, die beste Position für ihn zu finden. Und er kämpft darum, einen großen Spiel seinen Stempel aufzudrücken. Davon mal abgesehen wird er immer der Star in seiner Mannschaft sein, egal ob in der Liga oder in der Nationalmannschaft. Er musste immer alles machen. Ich glaube sein Leistungsvermögen wird sich deutlicher in einer Mannschaft mit überragenden Talenten und geringeren Erwartungen zeigen. Im Zusammenspiel mit Leuten wie Toni und Klose wird Donovan nach meinem Gefühl zu einem besseren Spieler.
American Arena: Wird man ihn in der MLS vermissen?
Joshua Mayers: Ich denke, man wird ihn der MLS ein bisschen vermissen. Wahre amerikanische Fußballfans allerdings wollen, dass sich die besten US-Spieler in Europa weiterentwickeln. Wir wissen, er ist ein großartiger Spieler und wollen erleben, dass er auf einem höheren Niveau Erfolg hat. Es ist zwar traurig, ein Toptalent gehen zu sehen, die meisten werden jedoch erkennen, dass dies besser für den amerikanischen Fußball ist.
American Arena: Millionen von jungen Amerikanern spielen Fußball, aber die besten Talente legen eine Einstellung an den Tag, die von dem im Rest der Welt abweicht. Was für ein Typus spielt in den USA eigentlich Fußball (und nicht Basketball oder Football)? Der intelligentere Typ? Jemand, der weniger streit- und rauflustig ist?
Joshua Mayers: Ich bin nicht sicher, ob ich eine genaue Einschätzung darüber abgeben kann, welche Jugendlichen sich für Fußball entscheiden. Ich denke, die Attraktivität der Sportart besteht darin, dass jeder mitmachen kann. Wenn ich raten soll, würde ich sagen: die Sportart zieht generell eher kleinere und aggressivere Kinder an.
Nachtrag: Das Fußball-Establishment stuft Donovans Erfolgsaussichten eher niedrig ein und sagt das auch klar und deutlich – bei ESPN. Hier der Schnipsel:
Jürgen Klinsmann sieht das anders und erklärt es ganz locker auf Englisch:
Beide Links bei The Beautiful Game gefunden.
2 Kommentare:
Herzlichen Dank für diesen Eintrag, vor allem das Video von Jürgen Klinsmann fand ich klasse. Diese Art von ausführlicher Begründung habe ich hier in Deutschland noch nicht gehört/gelesen/gesehen. Kann natürlich aber auch daran liegen, dass Floskeln auf englisch für meine deutschen Ohren weniger abgedroschen klingen.
Interessant fand ich die Stelle als Klinsmann meint, seine jetzigen Stürmer Toni und Klose stünden meist mit dem Rücken zum Tor. Das habe ich gerade bei Toni bisher nicht so empfunden.
Ich hätte vom selbsternannten weltweiten Sportführer aber schon erwartet, dass sie, wenn sie sich schon nach Übersee trauen, auch das passende Logo des Vereins verwenden, über den sie berichten. Und nicht, wie hier, das Emblem der Abteilungen für Schach, Tischtennis, Kegeln usw. einblenden.
Ansonsten wünsche ich Landon alles Gute (auch im eigenen Interesse), habe aber arge Zweifel, ob er sich in München durchsetzen kann. Na ja, viel schlechter als Lukas Podolski kann er sich kaum schlagen, auch wenn z.B. im Worldcupblog schon im September (!) ein aufschlussreicher Dialog der beiden zu lesen war.
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