Die Dopingnachrichten um die amerikanische Brustschwimmerin Jessica Hardy haben einen interessanten Sachverhalt ans Tageslicht gebracht, der noch einmal bestätigt, dass den Aufsichtsgremien des Sports in den USA gar nicht an einer Aufklärung des Leistungsbetrugs gelegen ist. Die Regeln besagen, dass der Name eines Athleten erst dann öffentlich bekannt gegeben werden darf, wenn eine Anhörung mit ihm/ihr stattgefunden hat und die zuständige Sportgerichtsbarkeit einen Verstoß festgestellt hat. So wurde auch diesmal die Information über die positiven Laborwerte von Hardy nur über anonyme Quellen bekannt. Und wieder regen sich Leute auf, dass damit ein Sportler in Verdacht gerät, der ja – theoretisch – aus Versehen Hustensyrup eingenommen haben könnte, also nur ein leichter Fall von Doping sei.
Es wird also nicht ex ipso facto argumentiert (da war eine verbotene Substanz im Urin oder Blut, der Sportler ist für seinen Körper verantwortlich, ein anderer Teilnehmer der Olympia-Qualifikation hat mithin einen Anspruch auf den Startplatz in Peking), sondern auf der Basis der alten ausgeleierten Unschuldsvermutung. Noch besser: Offiziell darf das Testresultat erst dann bekannt gemacht werden, wenn der Sportler de jure als Doping-Täter gesperrt wird.
Die Kuriosität an dieser Behandlung von Dopingtätern ist vor allem der Kontrast zum Rechtsalltag in den Vereinigten Staaten. Da werden ständig Informationen über Verdächtige mit Polizei-Foto und Namen publiziert und nicht nur zu Fahndungszwecken. Die Polizei inszeniert gerne Überstellungen von Beschuldigten ins Gericht auf eine Weise, dass die mit Handschellen an einer Galerie von Fotografen und Fernsehkameraleuten vorbeilaufen müssen (der sogenannte perp walk – perp ist kurz für perpetrator, auf Deutsch "Täter"). In den Gerichtssälen der meisten Staaten laufen Fernsehkameras, die es ermöglichen, Prozesse live oder in Auszügen zu übertragen. In jedem dieser Verfahrensabschnitte geht es um einen Menschen, der nicht verurteilt ist und eventuell sogar freigesprochen wird. Die Debatte über dieses Kulturphänomen hat man in den USA schon vor langer Zeit beendet. Die Öffentlichkeit hat das Recht, informiert zu sein, und zwar über fast alles, was die Behörden und die Justiz tun.
Da wäre es doch nur logisch, auch des Dopings verdächtigte Sportler ganz offiziell namhaft zu machen und die Bekanntmachungen mit dem dicken Stempel "verdächtig", "beschuldigt", "nicht verurteilt" zu versehen. Aber nein, dazu ist man nicht in der Lage. Weshalb? Weil man im Zweifel noch immer am liebsten dem Athleten und seinen Unschuldsbeteuerungen und Theorien über die zufällige, ungewollte, unerklärliche Einnahme von Substanzen glaubt und nicht den Tests. Fast die gesamte Sprinterelite in den USA war gedopt und hatte Lieferanten für den Stoff. Die Baseballspieler haben sich wie blöd gemästet. Und einige haben sogar eigene Bluttests organsiert, um herauszufinden, wo die Werte liegen und wie man dosieren sollte. Das soll alles vorbei sein? Nur weil ein paar Lügner erwischt wurden?
Man kann über die Indiskretion nur froh sein, denn Hardy, die mit Clenbuterol erwischt wurde, hatte drei Startplätze für Peking. Nun sind die Verbandsfunktionäre gezwungen, sich noch vor den Spielen zu überlegen, wie sie die besetzen wollen. Die sollten sich aber auch schon mal mit anderen Namenslisten vertraut machen. Wenn das der einzige Doping Fall im US-Schwimmgeschäft in diesem Jahr war, wäre das ein Wunder.
1 Kommentar:
Laut FAZ (Amerikanische Medaillenhoffnung Hardy gedopt) "... dürften die Amerikaner keine Schwimmerin nachnominieren, da die Meldefrist abgelaufen ist."
Geschehe ihnen recht. Ich hab die Schnauze sowas von voll vom Doping.
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