27. Mai 2009

Zeig mir das Geld

Die amerikanische Sportindustrie als Ganzes war mehrere Jahrzehnte lang wirtschaftlich unantastbar. Es gab Auseinandersetzungen um zu hohe Gehälter und Streiks und Aussperrungen, aber das waren Ausnahmezustände und (noch) keine Anzeichen für eine Trendumkehr. Warum? Weil die Ligen und Clubs in den Mannschaftssportarten genauso wie die Veranstalter von Einzelsportarten immer wieder neue Geldquellen aufstöberten, um Löcher mehr als nur zu stopfen. Der Umzug von Clubs in eine andere Stadt war eines der ersten Regulative, dann kam der ertragreiche Verkauf von Clubs an neue hochmotivierte und wohlhabende Besitzer, die den Prestigewert einer solchen Rolle zu schätzen wissen. Es gab Neuerungen wie den Verkauf von Namensrechten von Arenen, die Luxussuiten im zweiten und dritten Stock, das Melken von Städten und Staaten und Steuerzahlern, wenn es um den Bau von Stadien und Hallen ging, und schließlich das neue Kabelfernsehuniversum, das seine Einnahmen hauptsächlich in Form von Gebühren erzielt und nur zu einem Teil über den Verkauf der Werbeplätze. Auch hier war man bereit, im großen Stil Geld auszuhusten. ESPN zeigte das am deutlichsten. Aber andere Sender spielen in diesem Spiel eine ebenso wichtige Rolle – seien es die lokalen Programmanbieter wie MSG Network oder YES in New York oder solche Konstruktionen wie Versus, wo zur Zeit die Eishockey-Playoffs abgespielt werden. Es ging alles gut, solange man mit den unvergleichlichen Worten des unvergleichen Jerry Maguire sagen konnte: "Show me the money". Denn das Geld war da.

Und weil es da war, setzten viele junge Amerikaner auf eine Karriere in dieser scheinbar so krisenfesten Branche. Was bedeutete, sie belegten das entsprechende Fach – Sportmanagement – an der Universität und fanden anschließend einen Weg in ein bezahltes Engagement. Die New York Times hat heute diese Träume aus dem Himmel geschossen. Denn es gibt an allen Ecken und Kanten Anzeichen dafür, dass der kommerzielle Sport schrumpft. Und zwar nicht allein wegen einer allgemeinen Wirtschaftsflaute, die zunächst bei den Banken am dramatischsten war und inzwischen die Arbeitslosenquote nach oben getrieben hat.

Der Wirtschaftszweig Sport hat seinen eigenen Abschwung zu verdauen, der als Gegenreaktion auf eine simple Übersättigung zu deuten ist: auf zu viele Sportarten im Fernsehen, zuviele Mannschaften in den Ligen, zu viele Golf- und Tennisturniere an zu vielen Orten auf der Welt, zu teure Eintrittskarten und zu viele Athleten, die zuviel Dreck am Stecken haben und in ihrer Gesamtheit eine höhere Kriminalitätsrate aufweisen als andere Berufsgruppen. Die Zeit wird kommen und man wird das alles mal umfassender und gründlicher zusammentragen müssen. Aber vorläufig rutschen einem die Sachverhalte nur als Einzelbeispiele über den Tisch. Neulich die Geschichte über Hicks und Gillet und Liverpool. In den nächsten Tagen wird es einen langen Artikel in der FAZ über Frank Stronach und seine Pleite im Zusammenhang mit dem angeschlagenen Galopprennbahnen in den USA geben. Stronach, ein Austrokanadier, der mit seiner Firma Magna als Retter von Opel auftritt, hat sich ebenso verspekuliert wie die Leute, die an die Phoenix Coyotes geglaubt haben.

Die Gründe für die langsame Demise des Spitzensports dürften sehr viel mit einem neuen Entertainment-Konkurrenzangebot zu tun haben: Videospiele. Und mit dem Internet als Absorptionsfaktor, der Zeit und auch Geld aus dem Markt der Ideen absaugt. Deshalb noch ein Lesehinweis. Die Betrachtungen des Bloggers von SportsbyBrooks zum Thema.

Nachtrag am Donnerstag: Soeben sehe ich auf allesaussersport, dass die Baseball-Leute eine Krisensitzung anpeilen. Die Einschaltquoten befinden sich seit einer Weile im Tiefflug. Das passt zwar nicht zu den an und für sich ganz guten Zahlen beim Eintrittskartenverkauf, aber ist natürlich ein Problem. Nämlich dann, wenn die Einnahmen aus dem Verkauf von Fernsehrechten drohen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

danke für den hinweis zu dem artikel aus der NYT. mit blick auf die bill simmons story zum medialen output der us-sportler habe ich hier noch einen lesenswerten NYT-artikel, der vor einigen wochen in der montagsbeilage der süddeutschen zeitung abgedruckt war: er handelt von stars und ihren twitter-accounts und beinhaltet ein nettes zitat von "the big cactus" shaquille o'neal

www.nytimes.com/2009/03/27/ technology/internet/27twitter.html

grüße, björn