22. Mai 2009

Die Reise der Pinguine

Es ist etwas früh, eine Einschätzung der Playoff-Serie zwischen den Carolina Hurricanes und den Pittsburgh Penguins zu geben. In den ersten beiden Begegnungen waren die Mannschaften gleichwertig und die Penguins gewannen nur knapp (das 7:4 im zweiten Spiel spiegelt diesen Umstand leider nicht wieder). Das ist anders, als in den ersten Serien der Hurricanes gegen die New Jersey Devils und die Boston Bruins, wo die Mannschaft mehrfach regelrechte Aussetzer hatte und dann klar und deutlich abgefertigt wurde. Die zweimal 60 Minuten Hochspannung in den letzten beiden Begegnungen lassen den Schluss zu – zumindest auf den ersten Blick – dass das Team in Spielen, die unter etwas anderen Umständen ablaufen, durchaus gewinnen kann. Torwart Cam Ward hat keine sogenannten soft goals auf dem Gewissen. Die Energie und das Tempo im Angriff überzeugen. Und man sollte nicht von der kufen- und stocktechnische Genialität von Sydney Crosby und Jewgeni Malkin aufs Ganze schließen. Die Tore, die Malkin gestern bei seinem Hat-Trick produziert hat, macht er nicht jeden Abend.

Auf der anderen Seite gibt es Anzeichen dafür, dass die Hurricanes das nur hinbekommen, wenn die Penguins überheblich oder müde oder beides werden. Das gestrige Spiel war ein interessantes Beispiel dafür, das manche Mannschaften und einzelne Spieler in bestimmten Kombinationen manchmal noch einen Reservetank an mentaler und körperlicher Kraft haben und den noch anzapfen können, selbst wenn alles danach aussieht, als gehe ihnen gleich der Strom aus. Ich habe den Eindruck, dass hier der Pluspunkt bei den Penguins liegt und dass sie in einer Best-of-Seven-Serie das hinreichend in die Waagschale werfen können.

Solche Spiele, in denen mit enormem Tempo gearbeitet wird und der Puck ständig unterwegs ist, verdanken wir der Einsicht der Ligaführung, den Zerstörern und Kaputtmachern Grenzen zu setzen. Andere mögen das bedauern, dass die versteckten Ringkämpfe, das ständige Klammern und Halten vorbei ist und dass es nur selten zu Schlägereien kommt. Aber dabei kann es sich nicht um Liebhaber und Connaisseure des Spiels handeln. Das Schöne an dieser Art von aufgeheiztem Playoff-Eishockey ist, dass die Spieler die Grenze zwischen fair und foul ganz gut kapiert haben. Es gibt nur sehr wenige Strafen.

Im ersten Match gab es aber eine Szene, die zeigt, dass der neue Geist bisweilen klare Fehlentscheidungen produziert. Da wurde ein – in diesem Fall sehr wichtiges – Tor der Hurricanes abgepfiffen, weil Erik Cole vor dem Tor den Verteidiger mit einem harmlosen und regelgerechten Check zu Fall gebracht hatte. Ihm wurde angerechnet, dass der Verteidiger seinen Torwart umriss (der halb außerhalb seines Torraums geparkt war). Die Frage lautet: Wieso ist das strafbar, wenn der unmittelbare Gegenüber beim Körperkontakt das Gleichgewicht verliert? Hat der nicht gefälligst ebenfalls darauf zu achten, nicht seinen eigenen Torwart umzurempeln? Zu dem konkrete Fall gibt es eine Videoaufzeichnung (ab 4:37).


Noch eine Bemerkung zu Dennis Seidenberg. Der Mann zeigt in jedem Spiel seine Qualitäten (gestern schoss er ansatzlos ein hübsches Tor von der Blauen Linie), und immer weniger von jenen Sekundenbruchteilen, in denen er in der Defensive kleine Fehl- oder Spätreaktion produziert. Es wäre deshalb völlig unfair, darauf herumzuhacken. Niemand ist perfekt. Aber leider wird er auf ewig in den Videoaufzeichnungen des wirklich wahnsinnigen Malkin-Tores auftauchen. Er ist der Mann, der engagiert hinter dem Russen herfährt und ihn zu stören versucht. Niemand wird ihm ankreiden, was dann passiert: diese überraschende Drehung des Stürmers und seine Fähigkeit, dabei den Puck hochzuhebeln und aus extremem Winkel durch die Ritze zwischen Pfosten und Torwart Cam Wards linker Schulter zu ballern. Aber das wird den Deutschen nicht trösten. Es fehlte schließlich nicht viel, und er hätte Malkin diese Chance vermasselt.

Nachtrag: Das Video mit dem Malkin-Tor. Ein Backhander, mit dem er den Hat Trick vollendete

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