Am 10. Oktober 2006 stand hier unter der Überschrift "Keiner kennt Kaymer - dabei wird es höchste Zeit" ein erster Beitrag über einen "phänomenalen jungen Golfer", dessen Potenzial von erstaunlich wenigen Experten in den Medien erkannt wurde. Wie sich die Zeiten ändern.
Es ist einfach, nach dem Erfolg von heute in Eichenried, dem 23-jährigen eine bemerkenswerte Karriere zu bescheinigen. Schließlich steht er nach dem zweiten Sieg auf der European Tour mit knapp 1 Million Euro Preisgeld auf Platz 7 und wird morgen im Weltranglisten-Computer unter die Top 30 klettern. Also werden in dieser Nacht sicher viele euphorische Schlagzeilen gedrechselt. Und dabei wird erneut von einem Senkrechtstarter geredet werden (was er genau genommen nicht ist, sondern ein langsam, aber sicher nach oben steigendes Ausnahmetalent) . Und natürlich auch vom Ryder-Cup. Ab jetzt werden fleißig Reiseanträge für Louisville eingereicht. Und der arme Mann wird mit noch mehr Interview-Wünschen überhäuft werden.
Wie er diesen Ansturm übersteht, wird sich zeigen. Ich tippe mal, nachdem ich ihn und seinen Manager in diesem Jahr bei zwei wichtigen Turnieren in Arizona und Kalifornien erlebt und interviewt habe, dass in der Zukunft die Nachfrage noch sehr geschickt (und sehr freundlich) abgefedert wird. Das Gute für Kaymer: Meistens spielt er irgendwo da draußen in der Welt, wo ihm kaum jemand von deutschen Gazetten hinterherreisen wird. Dafür wird selbst in einem Land mit 80 Millionen Medienverbrauchern kein Geld ausgegeben. So wird er sich vor allem mit dem erwachenden Interesse aus anderen Ländern beschäftigen. Dort bohrt die Zunft nicht halb so tief. Trotzdem fördert sie erstaunliche Dinge zutage. So las man in der Online-Ausgabe der International Herald Tribune eine AP-Geschichte mit Dingen, die sich nicht mal mit der guten Fußball-Online-Datenbank fußballdaten.de abgleichen lassen. Wahrscheinlich weil der Reporter nicht weiß, was eine zweite Division ist. Vater Horst sei Zweitliga-Fußballer gewesen, heißt es da. Irrt die Datenbank?
Die Nachricht aus München freut einen. Wann erlebt man das schon mal, dass man aus der Ferne ein ungewöhnliches Talent erspäht, dann beständig weiter verfolgt, ihn irgendwann ausgiebig interviewt und dabei nichts anderes feststellt als das: der Junge ist auf einem guten Weg? Spätestens wenn man sieht, dass andere bereits die Überschriften kopieren ("Bei Kaymer keimt Hoffnung" - das Orginal steht hier), fragt man sich, ob man nicht seine Schuldigkeit getan hat. Was gibt es jetzt jenseits des ständigen News-Gewäschs über einen zu berichten, der erst in zwei Jahren das Zeug haben wird, um sein erstes Major zu gewinnen? Ich tippe mal: sehr wenig von Belang. Jetzt sind die Gossip-Blätter an der Reihe, um die unbedeutenden Informationen aus dem Umfeld einzusammeln - über die kranke Mutter, die Freundin namens Jenny, den Großvater, der angeblich Boxer war etc. Solche Dinge haben mich noch nie sonderlich interessiert. Obwohl sich dazu leicht das eine oder andere ausfindig machen lässt.
Mit anderen Worten: In American Arena wird Martin Kaymer ab heute nicht mehr als Priorität behandelt, so wie in den letzten 18 Monaten. Er hat's geschafft. Er ist jemand. Glückwunsch.
Blick zurück: Das Kaymer-Porträt im Deutschlandfunk.
3 Kommentare:
Wenn ich dir dann mal meinen Kaymer-Artikel schicken dürfte... ist genau zwei Jahre alt und bei uns in PLOCK! erschienen.
Auch wenn es nach Haare spalten klingen könnte: Aber ich hatte damals nur Zeitungsarchive zur Hand und habe das auch geschrieben. Bei dem jüngsten Post habe ich von "erstaunlich wenigen Experten" gesprochen. Das schließt dich also nicht aus. Es sei denn, du willst das Experten-Label nicht tragen. Bei der Überschrift "Keiner kennt Kaymer..." dachte ich ans Publikum und und an den Stabreim verzichten. Kurzum: Mich würde der PLOCK!-Artikel durchaus interessieren. Den kenne ich nämlich leider noch nicht. Ich sehe übrigens mit Freude, dass beim foremenblog die lange Pause zwischendurch wieder vorbei ist. Und dass es eine Möglichkeit für Amateure gibt, mit Golf Geld zu verdienen. Viel Glück.
....dachte ich ans Publikum und an den Stabreim. Kurzum...
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