25. Juni 2008

Statt College: Als NBA-Aspirant nach Europa

Die zusammengestöpselte amerikanische Basketball-Welt hat einen der engsten Flaschenhälse, den man sich vorstellen kann: die Draft der NBA. Da kommen jedes Jahr 60 Spieler durch. Aber für 18-jährige, frisch von der High School, ist der Hals noch enger. Von denen kommt keiner durch. Denn Commissioner David Stern hat vor ein paar Jahren eine Altersgrenze eingeführt. Warum? Das Experiment mit den Schulabgängern Kobe Bryant und Kevin Garnett war schlichtweg zu gut gelaufen. Und so tauchten ganz viele neue Aspiranten auf. Aber auf jeden LeBron James, der noch vor der neuen Regelung durchrutschte, kommt so mancher Kwame Brown, der einfach nichts reißt. Ganz abgesehen davon nehmen die jungen Talente dem sehr populären College-Basketball die letzte sportliche Legitimität und damit auf Dauer womöglich auch die Luft und das Fernsehgeld zum Atmen.

Stern würde am liebsten das Altersminimum um ein weiteres Jahr hochschrauben. Denn tatsächlich spielen sich dieser Tage im College-Basketball absurde Szenen ab. Die Universitäten werden von Jung-Stars mit Potenzial ganz bewusst danach ausgesucht, wo der PR-Effekt und die Sprungbrett-Situation am ertragreichsten ist. Und nach einem Jahr zieht der Jung-Spunt von dannen. Nicht selten unter Hinterlassung dubioser Spuren, die den Amateurgedanken an den Hochschulen untergraben (siehe hier).

Dass sich die Sportler so verhalten, kann man verstehen. Sie kommen oft aus armen Verhältnissen und können sich ein College-Stipendium gar nicht leisten. Denn an der Universität werden einem zwar die teuren Studiengebühren erlassen, und man muss nichts für die Unterbringung und das Essen in der Mensa bezahlen. Aber was ist mit einem Taschengeld für Auto, Ausgehen, iPod, Tätowierungen und was sonst noch zum Lifestyle gehört? Wenn die Eltern nichts übrig haben, muss der Stipendiat neben seinem Trainingspensum und Studium auch noch arbeiten gehen. Das mache man mal einem 18-jährigen schmackhaft, der weiß, dass er als Profi theoretisch mehr als 1 Million Dollar pro Saison verdienen kann.

So ist denn auch keine Überraschung, dass der erste 18-jährige mit der Idee flirtet, das Übergangsjahr in Europa zu verbringen. Dort bezahlt man zwar nicht so viel wie in der NBA, aber genug zum Überleben. Solche existenziellen Überlegungen wirken in den Ohren von altväterlichen Sportkommentatoren wie Defätismus. Komisch eigentlich, diese Einschätzung. Kommt nicht inzwischen der Großteil des guten Basketballnachwuchses sowieso aus Europa? Könnten die Jungs dort nicht womöglich noch etwas lernen?

Im Sektor College-Baseball läuft übrigens auch nicht alles rund. Hier ein paar Informationen und Überlegungen zum Thema "Wieso spielen da fast nur Weiße, wenn fast ein Drittel aller Profis in den Major Leagues aus Mittel- und Südamerika kommen?"

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