1. Oktober 2008

Der alte Mobbing-Meister


Die Geschichte der Oakland Raiders ist die Geschichte von Al Davis. Und die ist ungewöhnlich genug. Denn es gibt in der NFL keinen Club-Besitzer, der bei seinem Laden als Cheftrainer angefangen hat und sich später mit einer Einlage einkaufte. Und der im Laufe der Jahre seinen Hang zu eigenwilligem diktatorischen Tun so profitabel und konsequent durchgesetzt hat. So ist Davis, der jeweils im Streit mit den beiden Stadtverwaltungen einmal von Oakland nach Los Angeles umzog (1981) und 14 Jahre später wieder zurückkehrte, der Hauptgrund, weshalb sich heute keine Liga mehr traut, einem Clubbesitzer den Weg zu verlegen, wenn er die Umzugslaster bestellt und in eine andere Stadt abwandern will: Er gewann den Kartellrechts-Prozess gegen die NFL, als sich die Liga gegen den Ortswechsel nach Los Angeles aussprach.

Für einen Mann, der seit Jahrzehnten immer wieder entscheiden musste, welche Trainer er heuert und welche Spieler er draften lässt, hat er eine jämmerliche Bilanz. Sicher, es gibt noch andere jämmerliche Teams: die Browns, die Bengals in Ohio, nicht zu vergessen die Cardinals in Arizona. Aber dort sitzt niemand in der obersten Etage, der mit soviel an vermeintlichem Football-Wissen gesegnet ist wie Al Davis. Und niemand pflegt den Mythos einer Piratenbande, und einer Spielkultur, die angeblich alles und jeden flach machen kann.

Trotzdem hat man in den USA seit Wochen auf so etwas wie diesen Auftritt des 79jährigen Gaucho der weißgestrichelten Pampa gewartet: Der Tag, an dem er den nächsten Trainer vor die Tür setzt. Lane Kiffin, der vor etwas mehr als einem Jahr angestellt wurde, war der jüngste Head Coach in der Geschichte der Liga und hatte sich vorher im College-Football bei der University of South California unter Pete Carroll einen Namen gemacht. Mit Oakland waren es 5 Siege und 15 Niederlagen unter seiner Ägide, begleitet von einer extrem gereizten Stimmung im Umfeld der Mannschaft. Das ließ sich nicht länger wegschieben oder wegdiskutieren.

Was Kiffins Rauswurf so interessant macht, ist die Entscheidung von Davis, sich aufs Arbeitsrecht zu beziehen, um den Rest eines Gehalts von 2 Millionen Dollar für die laufende Saison einsparen zu können. Also stellte er eine Kündigung "for cause" aus. Davis hat bereits angedeutet, wie er diese Rechtfertigung juristisch untermauern will: Kiffin habe zuletzt eine Arbeitsleistung gezeigt, die so wirkte, als wolle er rausgeworfen werden. Und er nannte ihn einen Lügner. Mit solchen Anwürfen aus dem Arsenal eines Mobbing-Meisters mussten vermutlich unter Davis schon viele NFL-Trainer fertig werden. Genauso wie mit der Schmach, nur wenige Spiele nach Beginn der Saison nach Hause geschickt zu werden. Den Rekord bei den Raiders hält Mike Shanahan (Denver Broncos), der 1989 nach nur vier Begegnungen gefeuert wurde.

Das amerikanische Arbeitsrecht ist übrigens ein ziemliches Dickicht. Denn jeder Bundesstaat hat seine eigenen Regeln. In einer Reihe von Staaten gibt es gesetzliche Bestimmungen, die den Arbeitnehmer einen Hauch besser stellen und vor offener Willkür schützen. Kiffins Situation liegt ein bisschen anders. Nicht nur weil es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis handelt und vermutlich im Vertrag sehr viele Paragraphen enthält, die eine Auflösung desselben spezifizieren, sondern auch weil es um viel Geld geht und sich Kiffin einen guten Anwalt leisten kann.

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