11. Oktober 2008

Diagnose: Krebs


Sie wurde vom Hallensprecher als "Amerikas bekannteste Eishockey-Mutter" angekündigt und vom Publikum herzhaft ausgebuht. Dann drehte man im Wachovia Center in Philadelphia die Filmmusik auf und ertränkte das störende Geräusch von den Rängen. Das alles war Sarah Palin vermutlich ganz egal, als sie den symbolischen Akt vollzog und den Puck fallen ließ, während von beiden Seiten die Kapitäne der New York Rangers und Philadelphia Flyers brav in die Kameras der Fotografen grinsten. Photo-Op ist Photo-Op. Und zwei ihrer Kinder durften auch noch mit aufs Eis.

Dann verschwand sie wieder, die winkende Mutter mit ihren zwei Töchtern: das Symbol für all das, was in in den USA in die verkehrte Richtung läuft. Sie mag inzwischen berühmt sein (und berüchtigt wegen ihrer politischen Ideen und ihrer geistigen Flachbrüstigkeit). Sie mag aus Angst vor den Fragen von Reportern nur noch Termine wahrnehmen, bei denen man die neugierigen Journalisten auf Abstand hält. Sie mag nach Art der Heckenschützen auch weiterhin Millionen von Rassisten aufstacheln, um den ersten schwarzen Präsidenten aus dem Weißen Haus herauszuhalten. Aber in Philadelphia und Umgebung wird sie niemanden davon überzeugen, dass sie die bessere Wahl wäre. Sie ist nicht nur ein "tödlicher Krebs" für die Partei der Republikaner, wie der konservative politische Kommentator David Brooks vor ein paar Tagen feststellte. Sie ist das Symptom für jenen Zynismus, in dem sich Leuten aalen, die in den letzten acht Jahren ganz wunderbar von der Politik dieser Partei profitiert haben, während der Rest des Landes und der Bevölkerung nur ausgeplündert wurde.

P. S.: Das Wachovia Center wird sicher demnächst einen anderen Namen erhalten. Zwei Banken – CitiGroup und WellsFargo – befinden sich im Streit darüber, wer das Finanzinstitut übernehmen darf, das in den letzten Wochen wie so viele große Firmen wie ein desorientierter Wal an Land gespült wurde. Nachtrag: WellsFargo hat den Zuschlag bekommen.

P. P. S.: Wenn hier schon von Krebs die Rede ist: Der Mann, der Sarah Palin ausgesucht hat, um ihn im Fall des Falles als Präsident nachzufolgen, hat mehrere Hautkrebs-Episoden hinter sich. Die schlimmste im Jahr 2000, als ihm Ärzte aus der linken Gesichtshälfte neun Lymphknoten entfernten. John McCain ist 72 Jahre alt und aufgrund dieser Vorgeschichte eindeutig in der Gefahr, irgendwann komplett von der Krankheit übermannt zu werden. CNN berichtete jetzt im Detail über das wenige, was der Politiker bislang an die Öffentlichkeit gelassen hat. Ein Präsident, der mit 72 das Amt antritt, wäre mit Abstand der älteste Politiker in der Geschichte des Landes. Der bislang älteste war Ronald Reagan mit 69 bei seiner Einschwörung und mit Anzeichen von Alzheimer in den letzten Jahren seiner Regentschaft.

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