29. September 2008

Wenn in Wall Steet der Hahn abgedreht wird

777 Punkte Abschlag an einem Tag sind eine Menge Holz für den Dow-Jones-Index, aber wiederum nur ein einzelner Indikator für die Stimmung, die sich zur Zeit in den USA zusammenbraut. Schlechtes Timing, muss man wohl sagen. Denn: Die Wirtschaft und die Finanzmärkte, das Geschäft mit Öl und anderen Rohstoffen und der Bankrott der seit Jahren umgesetzten politischen Philosophie, wonach die Regierung das Problem ist, während der freie Markt die Kraft eines wahren Wunderheilmittels besitzt, und dann noch die Verschwendung amerikanischer Ressourcen im Irak – machen alle zur gleichen Zeit einem Patienten zu schaffen, der jahrelang von der Illusion lebte, überhaupt nicht krank zu sein.

Der Virus, der Wall Street infiziert hat, kann sich durchaus noch zu einer Epidemie auswirken. Erstes unschuldiges Opfer in Sichtweite: kommerzieller Sport. Und dort als erstes die Sportart Golf, wo die Einschaltquoten ohne Tiger Woods geradezu unterirdisch sind. Das eigentliche Problem: Niemand ist derart von Firmen aus dem Finanzsektor abhängig wie die PGA-Tour, wo ein Drittel aller Hauptsponsoren Banken, Investmentfirmen, Kreditkartenunternehmen und Finanzberatungsfirmen sind. Der nächste in der Reihe, die mit einer kalten Dusche rechnen müssen, ist Fox, das die Baseballübertragungen in den anstehenden Playoffs mit teurer Werbezeit füllen muss, aber soeben erlebt, wie die Marketing-Budgets der Banken und Anlageberater zusammengestrichen werden. Vielleicht sähe das Ganze heute abend sehr viel wenig dramatisch aus, wenn am Mittag in Washington das von der Regierung ausbaldowerte Steuergeschenk von 700 Milliarden Dollar an Wall Street auf die Post gegeben worden wäre. Aber es gab wohl immer noch zuviele Clowns im Abgeordnetenhaus, denen nicht klar ist, was zur Zeit auf dem Spiel steht. Und so ließen sie das Rettungsboot sinken. Congratulations.

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