Neben den Fotostrecken auf deutschen Online-Seiten, die offensichtlich keinem anderen Zweck dienen, als die Klickzahlen nach oben zu bringen, gibt es noch ein ähnlich simples Konzept, das nur der Aufplusterung dient: Der Quiz. Die Tests, die sich Leute für die Sportseiten ausdenken, mag man im Prinzip noch gar nicht mal bemängeln. Sport ist ein faktenreiches Geschehen und Fans wissen gerne so viel es geht und frischen ebenso gerne ihre Erinnerungen auf. Aber ob der Ryder-Cup genug Stoff für einen brauchbaren Quiz abwirft, darf man wohl bezweifeln. Und viel Interesse produziert er auch nicht. In diesem Jahr fehlt Tiger Woods, und Martin Kaymer schaut nur zu.
Trotzdem hat man sich bei SpOn die Mühe gemacht und wartet auf Online-Hobos, die sich von Info-Waggon zu Info-Waggon schwingen auf der Reise in das Land der Golf-Erkenntnis. "Was ist Ihr Handicap?" lautet die Einstiegsfrage. Und damit geht es los. Nun, Leuten, die Golf spielen, muss man diese Frage nicht stellen. Die kennen ihre Kennziffer auswendig und sind darin meist genauso pedantisch wie Marathonläufer mit ihren Zeiten. Die Antwort lässt sich also leicht geben: Ich kann 18 und ein paar Zerquetschte anbieten. Wer bietet weniger?
Nachdem ich dem SpOn-Zählwerk mehr als 20 Impulse geschenkt und mich durch
zehn Fragen und zehn Antworten durchgetastet hatte (multiple choice mit vielen absurden Alternativantworten), erhielt ich folgende Information: "Sie haben 9 von 10 Punkten. Ein Hole-in-One! Wenn Sie diesen Schwung mit auf den Golfplatz nehmen, wird das einstellige Handicap nur eine Frage der (kurzen) Zeit sein." Was für eine Aufmunterung und was für ein schiefes Bild. 9 von 10 Richtige kann doch wirklich nicht das gleiche sein wie ein Hole-in-One, das perfekteste Resultat im Golf (das ich noch nie hinbekommen und nur einmal auf einem Platz in einem Flight mit eigenen Augen gesehen habe). Ich bin sicher, bei SpOn weiß man über solche Feinheiten Bescheid. Oder etwa nicht?
Klickzahlen mit Golf hochzuputschen ist bestimmt nicht einfach. Vor allem, wenn man schon zu solchen Überschriften greifen muss wie "Jetzt hält keiner mehr Holmes für einen Pornostar". Denn so oft lässt sich der Kunstgriff bestimmt nicht mehr hinbekommen: Man male sich die Zeile an ein paar absurden Beispielen aus: "Jetzt hält keiner mehr Sabine Christiansen für einen Pornostar". "Jetzt hält keiner mehr Wayne Rooney für einen Pornostar". Wie oft kann solche Geschichten schreiben? Die sogenannten Nicht-Geschichten, in denen ein Faktum angerissen wird, dass nicht (mehr) existiert?
Der Artikel selbst ist natürlich durchaus interessant. Und zwar wegen eines Eiertanzes erster Ordnung. Denn man könnte neben dem Bild des amerikanischer Ryder-Cup-Golfers J. B. Holmes ein Bild des fraglichen Pornostars bringen und dokumentieren, was an ihm so bemerkenswert war: die Länge seines Geschlechtsteils. Aber das ist dann so ähnlich wie in dem Quiz bei SpOn: Der Leser muss raten. Und so erfährt er nicht mal, dass der Triple-X-Darsteller an AIDS gestorben ist, dass er drogenabhängig und in einen Mordanschlag verwickelt war. Und dass er in den USA außerordentlich berühmt war. Eine Figur im Kabinett der Populärkultur der siebziger und achtziger Jahre.
Dabei könnte man dank Internet jede Menge Links setzen, um das Phänomen zu beleuchten. Oder sogar das Thema komplett ignorieren und statt dessen einfach ein vernünftiges Porträt über den Golfer schreiben, der von US-Captain Paul Azinger ja nicht grundlos als einer von vieren für Valhalla nominiert wurde. Aber das würde bedeuten, dass man souverän genug ist, auf die Klickzahlen zu verzichten, die man über die Google-Suche mit den Wörtern Holmes und Pornostar einstreichen will. Mehr über den Golfer gibt es hier und hier und hier.
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