27. Februar 2010

Alte Kamellen mit viel zu jungen Turnern

Es hat ein Jahr gedauert, den Fall zu untersuchen, und zehn Jahre, um den Regelverstoß offiziell zu brandmarken. Entsprechend leise kam die Nachricht über den Ticker, die bestätigt, was in China an der Tagesordnung ist: Sie fälschen das Alter ihrer Turnerinnen. Der Internationale Turnverband konnte vor anderthalb Jahren in Peking nicht viel ausrichten, obwohl die Indizien überwältigend waren. Jetzt will er die Bronzemedaille aus dem Mannschaftswettbewerb von Sydney wiederhaben und den Amerikanerinnen geben, die damals auf dem vierten Platz landeten. Die fragliche Turnerin heißt Dong Fangxiao und war damals ganze 14 Jahre alt.

23. Februar 2010

Von Rechten und Rechnen: Das IOC kommt in den USA unter Preisdruck

Die amerikanischen Teilnehmer der Olympischen Spiele haben derzeit doppelt zu tragen. Sie müssen nicht nur – so wie immer – ihre Nominierung rechtfertigen und ihre Sponsoren zufrieden stellen. Ihre perspektivisch sehr viel wichtigere Rolle ist die von Stimmungskanonen für die Zukunft der Bewegung. Warum? Das IOC hatte dereinst beschlossen, sich in den USA nicht mehr ausschließlich beim Sender NBC gütlich zu halten, sondern eine offene Bewerbung um die Fernsehrechte 2014 und 2016 anzuberaumen.

Teil eins der taktischen Überlegung ging nicht auf. Chicago bekam nicht den Zuschlag für die Sommerspiele 2016, sondern Rio de Janeiro, womit das Interesse der US-Fernsehzuschauer an der Veranstaltung automatisch um einige Ticks gesunken sein dürfte. Teil 2 funktioniert schon sehr viel besser. Die amerikanischen Sportler sind die erfolgreichsten in Vancouver und gestatten es NBC, viele patriotisch eingefärbte Bilder abzusondern. Bisheriger Höhepunkt: Der Eishockey-Sieg der USA gegen Kanada in der Vorrunde am Sonntag, übertragen vom Kabel-Ableger MSNBC, wo sich 8,2 Millionen Zuschauer die Live-Übertragung gönnten (die an der Westküste zeitversetzt ausgestrahlt wurde.)

Doch was da glänzt, ist nicht wirklich Gold. Oder sagen wir mal: Geld. 200 Millionen Dollar wird NBC bei diesen Spielen an Verlusten anhäufen, schreibt das Sports Business Journal in einem aktuellen Abriss über den Stand der Dinge. Ein Betrag, bei dem irgendwann die Top-Buchhalter einschreiten, denen man jahrelang ständig etwas vom Zusatznutzen und Werbeeffekt und Prestigewert der Spiele einreden konnte. Der hinreichend bekannte Rupert Murdoch hatte es ihnen im Herbst lange vor den Spielen und bereits laut und deutlich vorgerechnet: "Abgesehen von all der Propaganda und so – ich will niemanden einen Lügner nennen – aber keiner hat bisher damit Geld verdient." Wobei in der Welt des Kommerzfernsehens Verdienen immer so geht: Man muss Werbung verkaufen. Ganz viel Werbung. Für stolze Preise. Und das auch dann, wenn die Wirtschaft in einer Krise hängt und auf die unbeschwerte Stimmung drückt. So wie jetzt.

Kein Geld verdienen ist nicht immer ein Argument. Das zeigt man in Murdochs-Imperium in anderen Teilen der Welt: Einige seiner Sky-Töchter sind durchaus bereit, die IOC-Großveranstaltungen zu alimentieren. Aber dabei handelt es sich um Brutto-Beträge, die geringer sind als die Verluste von NBC.

Der einzige amerikanische Sender, der nicht Werbung verkaufen muss, um ein Rechtepaket von der Größenordnung des IOC-Angebots zu rechtfertigen (also auch kein Geld "verdienen" muss), ist ESPN. Der finanziert sich im wesentlichen über Gebühren, die die Kabelfernsehkunden bezahlen. Und er schwimmt nicht nur im Geld, sondern er verfügt über die Infrastruktur, eine Großveranstaltung wie die Olympischen Spiele aus dem Stand zu übertragen. Doch – und das zeigte sich bisher beim Engagement im europäischen Fußball – in der Chefetage dort spielt niemand Hasard. Man bot neulich bei den Bundesligarechten mit, aber pokerte nicht besonders hoch. Und der Einstieg in das Geschäft mit der Premier League kam über einen Umweg zustande. Über die Pleite des Rechteinhabers Setanta, der sich verkalkuliert hatte. So etwas spart viel Geld.

In diesem Zusammenhang sind die Signale aus dem Sports-Business- Journal-Artikel in Sachen IOC denn auch unübersehbar. ESPN scheint interessiert, demnächst beim IOC ein Angebot abzugeben. Aber nicht um jeden Preis. Denn vorher könnte ein ganz anderes Paket auf den Tisch kommen: Das extrem populäre College-Basketball-Meisterschaftsturnier, das seit Jahr und Tag von CBS betreut wird. Offensichtlich macht sich die NCAA Gedanken, ob sie nicht im April aus dem laufenden Elf-Jahres-Vertrag aussteigen soll (obwohl ihr für die kommenden drei Jahre 2,1 Milliarden Dollar garantiert sind) und die Sache neu ausschreiben. Irgendjemand muss den Collegesport-Verantwortlichen gesteckt haben, dass in diesem kompakten Rechtestapel noch sehr viel Luft nach oben ist. Kommt es dazu, saugt die NCAA allerdings automatisch Milliarden aus dem amerikanischen Markt der Sportfernsehrechte, der trotz aller andersgelagerten Hoffnungen zur Zeit nicht weiter wächst.

Die Auswirkungen auf die Gebote für die Spiele 2014 und 2016 kann man sich ausmalen. Statt eines Einnahmeanstiegs, wie ihn sich Jacques Rogge erhofft, wird es bestenfalls ein Null-Wachstum geben. Wenn nicht sogar ein Absinken. So wie die Spiele de facto nur noch ausgerichtet werden können, weil die Steuerzahler vor Ort die Rechnung bezahlen (und vorher jeweils von den örtlichen Bewerbungskomitees düpiert werden, die immer wieder behaupten, die Veranstaltung würde Profit abwerfen), so zeigt sich nun, dass andere Teile des Finanzierungskonzepts "Olympische Spiele" nicht länger aufgehen werden. Es sei denn, aus bevölkerungsreichen Ländern wie China und Indien kommen demnächst enorme Zuwächse aus dem Fernsehrechte-Topf. Theoretisch möglich. Aber ziemlich unwahrscheinlich.

22. Februar 2010

"...und eine schicke Zwischenlandung in Dubai"

Tief in seiner neuen Kolumne bei si.com hat Grant Wahl eine überraschende Petitesse versteckt:

"...imagine my surprise last week when I received offers for two all-expenses-paid trips (flights, hotels, meals) to South Africa: one in March by the South African World Cup organizing committee, and the other in April by official sponsor airline Emirates. (That one included business-class seats and a posh stop-over in Dubai.) Just so you know, SI has an ethics policy that forbids accepting such freebies, but the perks on offer are mind-blowing...."

Mal abgesehen, dass es Journalisten durchaus immer wieder solche Einladungen erhalten und auch annehmen, weil sie im Unterschied zu dem strengen Reglement im Verlag Time-Warner (zu dem Sports Illustrated gehört) nicht an solche Vorschriften gebunden sind: Wie nötig haben die Leute vom WM-Organisationskomitee und die Leute von der Sponsor-Luftverkehrsgesellschaft solche Public-Relations-Initiativen? Geht schon jetzt die Furcht bei den Verantwortlichen umher, dass die WM in Südafrika ein Schlag ins Prestige-Kontor wird, so dass man vorsorglich schon mal gutes Wetter machen will? Im selben Artikel kündigt Wahl übrigens an, dass sein Magazin vier Reporter zur WM schicken wird, so viele wie noch nie. Was sicher gerechtfertig ist, angesichts der Informationspipeline si.com und deren Konkurrenzsituation im Kampf gegen ESPN, Yahoo und FoxSports.

Dan hat das Wort

Wenn man liest, was Dan Jenkins über die Welt des professionellen Golfs schreibt und die Figuren, die darin eine zentrale Rolle spielen, wird man neidisch. Neidisch auf eine solche Nähe zum Stoff und einen solchen Abstand zu den Prinzipalen. Von der vorgeführten Kunst des Schreibens gar nicht erst zu reden. Was soll man da mehr machen als zu seinem jüngsten Opus zu verlinken, dem definitiven Text über Tiger Woods und dessen Auftritt letzten Freitag? Fast jeder Satz ein Schlag ins Gesicht eines Kontrollfreaks und ein Klecks Sahne auf den Kaffee, den man dazu genüsslich schlürfen möchte.

Leseprobe:

"Life as Tiger has known it is over. His reputation is ruined, possibly forever. His name that once meant mastery over competitive golf now invokes cringes, giggles and all the Internet jokes you want to pass along.

Sure, he can come back and even win again, if he man's up, but if he does he will only be a hero to the "you-da-man" and "get-in-the-hole" crowd. And I can't imagine him coming back as a "humbled man." That wouldn't be the owner of a yacht insultingly named Privacy...

...I once made an effort to get to know the old silicone collector. Tried to arrange dinners with him for a little Q&A, on or off the record, his choice. But the closest I ever got was this word from his agent: "We have nothing to gain."

Now it's too late.

I'm busy."


Bücher hat Jenkins übrigens auch geschrieben. Dies wäre ein guter Einstieg in sein Œuvre.

21. Februar 2010

Der Olympische Klingelbeutel: Tod, wo ist dein Schatten?

Heute mal ein bisschen Bückware zu den Olympischen Winterspielen in Vancouver, die in den USA trotz des Fehlens vorher hinreichend hochgejubelter Sportler eine leise Euphorie auslösen. Wenn die eigenen Leute dauernd gewinnen, dann möchte man schließlich selbst irgendwann wissen, wer das ist: die Vonn, die Mancuso, der White und der Ohno. NBC arbeitet wie in den letzten Jahren auch: attraktive Wettbewerbe werden tagsüber einfach nicht gezeigt, sondern erst abends entkorkt. Und dort werden sie in ein Magazinformat eingegossen, das dem Regisseur erlaubt, geschickt von Austragungsort zu Austragungsort zu springen und dabei all den Plunder wegzulassen oder zu umschiffen, für den sich der amerikanische Fernsehzuschauer so gar nicht interessiert. Lieber wird ein Fünf-Minüter über die Ausbildung zur Royal Canadian Mounted Police eingestreut als eine Schilderung der Hintergründe der Ausbildung zum Goldmedaillengewinner, wie man sie in Deutschland praktiziert.

Natürlich gibt es Gründe, weshalb die besser gewordenen amerikanischen Bobfahrer und Rodler noch immer nicht ganz oben auf dem Treppchen landen. Aber statt sie kritisch unter die Lupe zu nehmen, reduzieren die Reporter an der Bande das Geschehen auf Gewicht, Kraft, Reaktionsschnelligkeit und den emotionalen Quark, der in der Sportberichterstattung den ganzen ungeklärten Rest erklären soll.

Was die Fernsehleute so gerne links liegen lassen, bleibt jedoch trotzdem ein Thema. Hier eine Auswahl an Geschichten:

• Die schlimmsten Spiele aller Zeiten? Eine Verteidigungsrede aus kanadischer Sicht mit ein paar Hinweisen zu Sachverhalten, die längst vergessen sind: So starben 1964 vor und bei den Spielen in Innsbruck zwei Athleten: ein Rodler und ein Skifahrer (der prallte beim Training gegen einen Baum neben der Strecke).

• Wie hat sich ein Bronzemedaillengewinner zu verhalten, solange er mit dem Bembel um den Hals herumspaziert? Nicht so. Meister Lago wurde deswegen nach Hause geschickt. Auf gut Amerikanisch nennt man das "risqué". Was bekanntlich ein französisches Wort ist. Und in diesem Zusammenhang mit "anzüglich" übersetzt werden darf, obwohl es meistens oft unter "schlüpfrig" läuft. Ja, und überhaupt....die frechen Snowboarder.

• Jaromir Jagr liebäugelt mit einer Rückkehr in die NHL. Er wäre nach dem ersten Eindruck in Vancouver eine Bereicherung. "Jungs, es ist nicht einfach, hier zu spielen", sagte er über den Alltag in der russischen Liga. "Man trainiert sehr viel härter als in der NHL. Manchmal spiele ich in zwei Linien. Sollte ich zurückkehren, werde ich ich vermutlich ein besserer Spieler sein als zu dem Zeitpunkt, als ich gegangen bin."

• Die personifizierte Langeweile: Frauen-Eishockey wird von zwei Mannschaften dominiert. Extrem dominiert. Dabei spielen die USA und Kanada auf einem sehr ansehnlichen Niveau und werden auch immer besser. Aber der Rest der Welt... Wann verschwindet die Sportart aus dem Programm?

• Wir hatten dann noch diesen Fall des niederländischen Eisschnellläufers Sven Kramer, der nach dem Gewinn der Goldmedaille über 5000 Meter die Interviewerin von NBC mit der Gegenfrage auskontert: "Sind Sie doof?" Das Original-Video der Szene ist inzwischen wieder aus den YouTube-Archiven getilgt. Dafür gibt es hier die Aufarbeitung des Themas im NL-Fernsehen – mit englischen Untertiteln.


• Ach, ja. Und dann waren da noch die großen Träume der Verantwortlichen aus dem Veranstalterland. Sie wollten die meisten Medaillen bei diesen Spielen abräumen. Sieht nicht gut aus.

19. Februar 2010

Tiger Woods - Live-Blog

Die amerikanischen Medien haben gestern mal wieder gezeigt, dass in den Skeletten von so manchen noch so etwas wie Rückgrat steckt. Da beschloss das Führungsgremium der Golf Writers Association of America, dass man jene kuriose Veranstaltung boykottieren wird, bei der in ein paar Minuten ein gewisser Tiger Woods, die Gelddruckmaschine der Sportart Golf, eine öffentliche Erklärung abgeben will. Eine Kamera und eine Handvoll sogenannter Pool-Reporter sollten zugelassen werden. Fragenstellen nicht erlaubt. Für eine solche Inszenierung mögen sich die Kollegen vom GWAA nicht hergeben. Ich kann das verstehen und unterstütze das auch – als aktives Mitglied – auch wenn meine Solidaritätsadresse auf Deutsch vermutlich niemand im Verband auch nur registrieren wird.

Ein solcher Boykott ist natürlich eher eine symbolische Haltung im ewigen Tauziehen zwischen den Mächtigen und Einflussreichen im Sport und den Multiplikatoren aus der Kommunikaitonsindustrie. Ich vermute mal, vor einem Jahr wäre es zu einer solchen Auseinandersetzung nicht gekommen. Der Tiger wirkt waidwund. Die Meute riecht Schwäche.

Hier wird das Ereignis gleich mal aus der Perspektive des amerikanischen Fernsehzuschauers abgehandelt. Man darf davon ausgehen, dass alle News-Kanäle live mitmachen.

Bis gleich.

10: 50 Uhr Zu den Newskanälen gehören natürlich auch die, die der golffixierten britischen Klientel ständig den wichtigen Stoff bringen: Also Zeitungen wie der Guardian mit einer beachtlichen Blog-Leistung: http://www.guardian.co.uk/sport/blog/2010/feb/19/tiger-woods-statement-live

10:52 Uhr: ESPN 2 hat eine Expertin über die Bedeutung von Entschuldigungen im Alltag im Studio. Der Kanal wird live dabei sein.

10:54 Uhr: Den Wirtschaftskanal CNBC interessieren natürlich nur die geschäftlichen Belange und nennt die Veranstaltung im Streifen am unteren Ende des Bildschirms Tiger Woods' Media Culpa. Wortspiel oder Verschreiber?

10:57 Uhr: Die alte Tante CNN, die man in Zeiten der Krise immer so gerne als erstes und als vertrauenswürdigstes Guckloch anklickt, ist noch in Vancouver und bei Bode Miller. Werden die nicht rechtzeitig umschalten?

10:59 Uhr: Beim Golf Channel wird zwar berichtet, aber auf solche Nuancen wird Wert gelegt: "Es wird erwartet, dass Tiger Woods um 11 Uhr" spricht. Dabei wurde die Sache offiziell angekündigt.

11:00 Uhr: Das Live-Bild aus Florida zeigt eine seltsame Gruppe von Zuschauern in einem Raum. Jetzt kommt Tiger.

11:02 Uhr: "I am deeply sorry for my irresponsibe behavior."

11:03 Uhr: "Elin and I have started a process to discuss the damage."

11:04 Uhr: "I am aware of the pain I have caused. I have let you down.... personally and professionally."

11:05 Uhr: "I have made you question who I am and how I could have done the things I did."

11:06 Uhr: "Elin never hit me....there has never been an incident of domestic violence....I was unfaithful. I had affairs. I cheated."

11:07 Uhr: "I thought I could get away with what I wanted to.... I felt I was entitled."

11:08 Uhr: "My failures have made me look at myself in a way I never wanted to before."

11:09 Uhr: "It is hard to admit that I need help, but I do....I have a long way to go."

11:10 Uhr: "These are issues between a husband and his wife....It is right to shield my familiy from the public limelight."

11:11 Uhr: "Please leave my wife and kids alone...I am the one who needs to change."

11:12 Uhr: "Part of following this path is Buddhism."

11:13 Uhr: "I lost track of what I was taught....I will leave for more treatment and therapy....I therapy I learned to look at my spiritual life and balance it with my professional life."

11:14 Uhr: "I do plan to return to golf one day. I just don't know when that day will be."

11:15 Uhr: "Today I want to ask for your help. I ask you to find room in your heart to one day believe in me again. Thank you."

11:16 Uhr: Nachdem er lange seine Mutter umarmt und dazu ein paar Zuschauer in der ersten Reihe, tritt er ab. Aus dem Raum. Ohne sich umzudrehen. Elin war nicht zu sehen.

Zusammenfassende Gedanken und Beobachtungen (während die Kommentatoren auf allen Kanälen ihren Senf verbreiten): Das moderne Medientheater verlangt nach solchen Auftritten, bei denen die Akteure mit den Strippen spielen, die ihnen die Öffentlichkeit bietet. Mehr als zehn Kanäle in den USA schalteten live auf. Die zwei Neuigkeiten, die Woods anzubieten hat: Zum ersten Mal hat er seine religiöse Affinität offiziell angesprochen. Er ist Buddhist, was ihn in einem von einer extremen, aufs Christentum und die Bibel fixierten Land zu einer kleinen Minderheit macht. Es muss ihm schwer gefallen sein, dass zuzugeben. Es gibt keine Entscheidung darüber, wann er wieder an den Turnieren der PGA Tour teilnehmen wird. Keine Ankündigung darüber, ob er schon beim Masters im April in Augusta wieder antreten will.

P.S. Die oben erwähnte Entschuldigungs-Expertin heißt Lauren Bloom. Ihr Buch trägt den Titel The Art of the Apology. Sie gab Tiger Woods für seine Erklärung die Note A-. Das entspricht in den USA der Note 1-.

Und weil das Internet so ergiebig ist, gibt es hier mit etwas Verspätung den Mitschnitt von dem Woods-Auftritt. 15 Minuten.

11. Februar 2010

Die Luft entweicht dem Soufflé à la Forbes

Die einzige Institution, die versucht, der interessierten amerikanischen Öffentlichkeit Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse von Ligen und Clubs zu geben, ist die Redaktion des Magazins Forbes. Das Blatt ist hinreichend bekannt als Festung neoliberaler Weltsicht. Man könnte sie auch Hurra-Kapitalisten nennen. Denn alles andere als pure Gier als Steuermechanismus der Marktwirtschaft ist ihnen suspekt. Forbes hat einen guten Ruf, weil man ihnen zutraut, dass ihre Listen und Zahlen, wenn sie schon nicht auf Einsicht in die Bücher beruhen, so doch auf vertrauenswürdiger Einschätzung einer Reihe von Datenmaterial. Was solche Kalkulationen wirklich wert sein können, stellt sich dieser Tage heraus. Bei den St. Louis Rams, wo 60 Prozent der Anteile den Besitzer wechseln werden. Und wo man als Bewertungsmaßstab für die 100 Prozent auf eine Ziffer zwischen 725 und 750 Millionen Dollar kam. Erst wenige Monate vorher hatte Forbes den Gesamtwert der Rams auf 913 Millionen Dollar geschätzt.

Die Fehlkalkulation ist nicht exorbitant, aber sicher symptomatisch. Denn man darf angesichts solcher Abweichungen davon ausgehen, dass auch die anderen Clubs in der NFL von der Zeitschrift nicht marktgerecht eingestuft worden sind, sondern zu hoch. Das wiederum ist kein wirkliches Problem, allenfalls für die Spielergewerkschaft, die in der Auseinandersetzung um einen neuen Tarifvertrag solche Nachrichten natürlich überhaupt nicht gerne hört. Der Marktwert der Clubs ist nur eine indirekte Größe, um den wirtschaftlichen Gesundheitszustand der Liga zu ermitteln. Aber in der NFL, in der man geradezu sozialistische Verhältnisse pflegt und alle Fernseheinnahmen und den Merchandising-Topf brüderlich teilt, wäre ein fallender Trend bei den Marktwerten zumindest ein Zeichen: für sinkende Gewinne. Laut Forbes machten im letzten Herbst angeblich nur zwei Clubs Minus: Die Seattle Seahawks und die Oakland Raiders. Die Rams-Eigentümer verdienten hingegen angeblich ganz ordentlich Geld. Was auch an den Mietkonditionen für die Arena liegen kann, die die Rams für so gut wie gar keine Miete nutzen können.

Sportlich hat der Club nicht viel zu bieten. Im Rückblick wirken die Jahre um die Jahrtausendwende mit einem Super-Bowl-Erfolg und einer Finalteilnahme wie ein kurzes Feuerwerk in einer langen Tages Reise in die Nacht. In der letzten Saison produzierte man das Super-Resultat von einem Sieg und 15 Niederlagen. Bis 2014 muss das Team auf jeden Fall noch in St. Louis bleiben. Wenn dann die Stadt die Halle nicht ordentlich aufpeppelt, darf man woandershin umziehen. Die Rams waren einst in Cleveland, wurden dann nach Los Angeles umgetopft und erlebten einen der kurioseren Besitzerwechsel im amerikanischen Sport. Sie wurden von ihrem damaligen Eigentümer Robert Irsay gegen die Baltimore Colts eingetauscht, die einem gewissen Carroll Rosenbloom gehörten. Rosenblooms Witwe Georgia Frontiere übernahm nach dessen Tod den Laden und sorgte für den Ortswechsel in ihre Heimatstadt. Ihren Stiefsohn hatte sie schon vorher aus der Machthierarchie der Mannschaft ausgehebelt. Das Umzugsmodell hatte sie bei Irsay abgeschaut, der die Colts Mitte der achtziger Jahre in einer berüchtigten Nacht- und Nebelaktion nach Indianapolis verfrachtete.

Sohn Rosenbloom macht immerhin jetzt Kasse. Nur nicht ganz soviel wie man bei Forbes angenommen hatte.

10. Februar 2010

Vonns Verletzung könnte Olympia-Start verhindern

Lindsay Vonn signalisiert Schmerz-Alarm. Die Amerikanerin hat sich neulich im Training in Österreich bei einem Sturz am Schienbein verletzt. Sie weiß nicht mal, ob sie in Whistler starten kann. Das wäre eine der größten Pannen im Vermarktungstheater dieser Olympischen Spiele. Die Dominanz der Pisten-Lindsay hat in den USA Hoffnungen geschürt, dass sie reichlich Edelmetall gewinnen wird. Die Nachrichten in der New York Times klingen ahnungsvoll und düster.

7. Februar 2010

Wenn Buddy das noch erlebt hätte

Erste Einstimmung auf heute abend: Ein Text in der FAZ über das Partyprogramm der Fans der New Orleans Saints, die zum ersten Mal in der Geschichte des Clubs den Super Bowl erreicht haben und wenn es nach den Simulationen einer Reihe von Videospielen auch das Spiel gegen die Indianapolis Colts gewinnen wird. Zu dem ausführlichen Bericht von dieser Stelle noch ein paar Links zu einer wichtigen Figur: dem vor ein paar Jahren verstorbenen Sportreporter Bernard Diliberto, genannt Buddy D., der das alles nicht mehr erlebt hat:
sein Wikipedia-Eintrag
• die Seite von Buddy's Broads, die sein Gedenken hochhalten
Go Saints:

Die Idee, ein derart altes Videospiel mit den Informationen von Anfang der Saison zu füttern, wurde von pwncastpodcast.com umgesetzt.Wer den Ausgang der Begegnung wissen will, sollte sie sich bis zum Schluß anschauen.

Nachtrag: Eine weitere Einstimmung auf das Match zwischen den Colts und den Saints: eine Geschichte über Peyton Manning, der nach einem Sieg heute in Miami voraussichtlich von den den meisten Football-Experten in den USA zum besten Quarterback aller Zeiten ernannt wird. (Der Text aus der FAS wurde vor kurzem online gestellt). Seine Qualitäten sind unbestritten. Was ihm an Charisma auf dem Platz fehlt, macht er in seinen Auftritten in den Werbespots wett. Hier ist eine Seite mit einer wirklich guten Auswahl. Darunter solchen, die beweisen, dass der Mann nicht nur Humor hat, sondern bereit ist, auf die sanfte Tour die gesamte Fankultur rund um die NFL zu karikieren. In der Kollektion fehlt übrigens der ESPN-Sportscenter-Spot, in dem die beiden Manning-Söhne so tun, als seien sie sieben Jahre alt und mit ihren Eltern auf einer Besichtigung des Senders unterwegs. Das Video darüber, was bei dem Projekt hinter den Kulissen ablief:

6. Februar 2010

NBA-Tarifvertrag: Clubbesitzer wollen Einschnitte

NBA Commissioner David Stern hat der Spielergewerkschaft zum Auftakt der Tarifverhandlungen einen Vorschlag unterbreitet, der ziemliche konsequente Einschnitte vorsieht. Alle Spieler sollen weniger verdienen. Am meisten verzichten sollen die Top-Stars. Die Salary Cap, die zur Zeit nicht wirklich die Gehälter deckelt, soll wie zuletzt in der NFL und inzwischen auch in der NHL eine absolute unverrückbare Oberkante sein. Die Luxussteuer, die sparsamen Teams zufließt, soll auf die Müllhalde. Richtig spannend wird es noch nicht sofort. Erst 2011 geht's richtig zur Sache zwischen beiden Seiten.

Äpfel und Birnen

Es gibt Leute, die können es nicht lassen, Äpfel und Birnen zu vergleichen. Oder wie man hierzulande sagt: apples and oranges. Der Anlass liegt auf der Hand. Sonntag ist Super Bowl und die NFL läuft wie immer mit breit gespreizter Brust herum und versucht dem amerikanischen Publikum die vermeintliche Bedeutung des Events als Einschaltquotenknüller von absolutem Weltformat anzudrehen.

Natürlich ist das übertrieben. Aber diese Übertreibung liegt in einer Preisklasse wie die Bezeichnung von NBA-Champions oder Baseball-World-Series-Siegern als "World Champion". Das kleine Karo wird ja nicht größer nur weil jemand behauptet, es sei groß. Aber den Leuten von der NFL vorzurechnen, dass sie fernsehmäßig mit dem Super Bowl hinter Fußballendspielen bei der WM, der EM und nun auch in der Champions League hinterherhinkt, ist dann doch etwas schräg. Schließlich konkurrieren die Football- und die Fußball-Profis nie direkt miteinander. Des einen Gewinn ist keineswegs des anderen Verlust. Auch dann nicht, wenn man der NFL vorrechnet, dass sie mit ihrem Football-Produkt in neuen Märkten wie China nicht mit Fußball und Basketball mithalten kann. Das mag als Hinweis an die Verantwortlichen der National Football League taugen, mit ihren kleinen Brötchen nicht so anzugeben. Aber genug Butter ist auf diesen Brötchen allemal. Das erkennt man nicht zuletzt an den Werbeeinnahmen, die der übertragende Sender hereinverdient. Trotzdem: Wer sich für das Thema interessiert, sollte sich mit diesem Artikel auf cnn.com beschäftigen.

Hier ein paar Infos aus dem Text:
• Seit dem Jahr 2003 hat der Super Bowl einen Zuschauerzuwachs in absoluten Zahlen von 7 Prozent zu verzeichnen.
Forbes hat den Markenwert ausgerechnet und mit anderen Sportereignissen verglichen (auch das Äpfel- und Birnenmus, aber sei's drum): 1. Super Bowl 420 Mio. Dollar. 2. Olympische Sommerspiele 230 Mio. Dollar, Fußball-WM 120 Mio. Dollar, Fußball-EM 110 Mio. Dollar, Baseball World Series 106 Millionen Dollar.
• American Football hat angeblich 83 unterschiedliche Strafen im Regelwerk verankert. Fußball kennt angeblich 17 unterschiedliche Fouls (So steht das in dem Artikel, gemeint sind wohl die 17 Regeln, mit denen das Spiel auskommt).

5. Februar 2010

Zeit für ein paar Häppchen zum Super Bowl

Hier eine Salatplatte zum Super Bowl zwischen den Indianapolis Colts und den New Orleans Saints (Sonntag in Miami, live ab 23.35 Uhr in der ARD, Kommentatoren Andres Witte, Dirk Forberg, Moderation Rolf Scholt):

Tony Dungy prophezeit überlegenen Sieg seines Ex-Clubs.

• Die beiden Videospiele EA Team und Madden sehen es anders: Beide tippen auf einen knappen Erfolg für die Saints. Die Madden-Vorhersagen sind besonders aufschlussreich. Ihre Super-Bowl-Simulationen liegen in fünf von sechs Fällen richtig.

• Wir dürfen aus gegebenem Anlass auf einen Beitrag von Ende Dezember verweisen. Eine Anlayse der Treffgenauigkeit von Quarterback Drew Brees (mit Video). Mal abgesehen von dem schrägen Vergleich mit den Bogenschützen. Unterm Strich bleibt zumindest eines: Der Mann ist extrem präzise.

• Da Super-Bowl-Ringe so prestigeträchtig sind, lotet diese Geschichte von Mike Wise in der Washington Post eine gewisse emotionale Tiefe aus. Die Hauptperson: ein ehemaliger Redskins-Spieler, der auf die schiefe Bahn kam. Die Nebenperson, der Mann, der dafür sorgte, dass der Ring dabei nicht in den Gully kullerte und weggespült wurde.

• Übrigens: Samstag in der gedruckten Ausgabe der FAZ: ein Porträt der New Orleans Saints, die fast 40 Jahre lang in der NFL nichts zu bestellen hatten, aber sich trotzdem nicht unterkriegen ließen. Big Easy nahm es locker. Jetzt allerdings wird's ernst.

• Jason Whitlock denkt schon eine Ecke weiter: an den anstehenden Tarifstreit zwischen der Liga und der Spielergewerkschaft und dass es vermutlich keine Aussperrung geben wird. Warum auch? Die NFL-Profis sind die härtesten Typen, wenn es darum geht, auf dem Spielfeld ihre Knochen hinzuhalten. Aber die schwächsten, wenn es um Arbeitskämpfe geht. Die werden schon keinen Streik ausrufen – aus lauter Angst, dass er in sich zusammenbricht. Da können die Liga-Fürsten auf die sanfte Tour arbeiten. Was besser fürs Bild in der Öffentlichkeit ist. Allerdings hat der neue Gewerkschaftschef schon mal die Trommel in die Hand genommen und artikuliert lauthals seine Befürchtungen in Sachen Aussperrung. Interessantes Detail in diesem Beitrag: Die NFL hat Fernsehverträge, die ihr die üblichen Einnahmen garantieren, selbst wenn die Spiele einem Arbeitskampf zum Opfer fallen. Dieses Faktum zeigt, welche Macht die Liga gegenüber den TV-Sendern entwickelt hat. Keine andere Sportinstitution, abgesehen vielleicht vom IOC, könnte solche Vereinbarungen durchsetzen. Die Leute von den Sendern würden wohl eher nur leicht lachen, wenn sie mit derartigen Forderungen konfrontiert würden.

3. Februar 2010

Jetzt kommt's raus: US-Nationalteam hatte eine Terry-Affäre

Kann schon sein, dass solche Geschichten wie die mit John Terry in England nur hin und wieder vorkommen. Aber wenn sie ruchbar werden und die halbe Welt laut über mögliche Konsequenzen für den Spieler und das Team nachdenkt, dann fällt dem einen oder anderen schon mal eine Anekdote mit ähnlichen Facetten ein. In diesem Fall: die amerikanische Nationalmannschaft vor der WM 1998 in Frankreich, die kurz zuvor einen ihrer erfahrensten Spielgestalter zu Hause ließ und bei den Gruppenspielen (unter anderem dank einer Niederlage gegen Deutschland, aber auch gegen den Iran) sang- und klanglos herausgekegelt wurde. Beteiligt waren: John Harkes und Eric Wynalda, um dessen Gattin sich der Erstgenannte wohl mit Erfolg bemüht hatte. Als Trainer Steve Sampson (Bild) von der Sache erfuhr, regelte er das Problem in aller Stille und ummäntelte die Entscheidung gegen Harkes. Vermutlich hätte sich damals auch niemand in den USA wirklich für die wahren Gründe interessiert. Die Neugier der Medien auf die Mannschaft hielt sich damals wirklich in Grenzen. Aus Anlass der Terry-Affäre allerdings ergehen sich nun ein paar Beteiligte in Vergangenheitsbewältigung. Am meisten interessiert sich der damals nach der WM wegen Erfolglosigkeit geschasste Trainer Steve Sampson für die Aufklärung. Wir sollten das versuchten Revisionismus nennen. Denn so kann der einstige Coach den Eindruck erwecken, dass seine Mannschaft damals ohne diesen Zwischenfall viel besser gespielt hätte.

Nun ja, tatsächlich hatte er eine antiquierte Vorstellung davon, wie man mit den wenigen Mitteln, die ihm zur Verfügung standen, Tore produzieren kann. Sampson wurde damals als "Hütchensetzer" verspottet (die ausführliche Geschichte über ihn und seine Ambitionen aus dem Vorfeld der WM kann man über dieses Stichwort im FAZ-Archiv aufstöbern). Heute gilt er nicht mal als gut genug, um ein Major League Soccer-Team zu betreuen.