Football der amerikanischen Provinienz wirkt oft wie das Treiben in Pamplona. Ein paar Stiere, die blind durch die Gegend laufen. Eine Schar von Verrückten, die herausfinden wollen, ob sie reaktionschnell genug sind, um nicht totgetrampelt zu werden. Und eine Faszination aus dem Blickwinkel der Medien, die Leuten, die in ihren weichen Sesseln die Kanäle abzappen diese Mischung aus Neugier und Kopfschütteln besorgen, die beim Kampf um die Quote so wichtig ist.
Wie jede Metapher ist auch diese schief. Denn Football bietet doch noch etwas mehr: zum Beispiel Diskussionsstoff zur Taktik und Strategie einzelner Teams. Beispiel gefällig? Selten gab es eine derartige Debatte wie die um die Frage: Wohin kickt man den Ball, wenn ein gewisser Devin Hester auf der anderen Seite steht? Seit Sonntagabend sagen fast alle Kommentatoren übereinstimmend: Bloß nicht Richtung Hester. Denn der mutmaßlich beste Punt- und Kick-Returner aller Zeiten hat am Sonntagabend mit Macht zugeschlagen und im Alleingang gleich zwei Touchdowns erzielt. Keine Frage: Seine zwölf Punkte (und die beiden aus den Point-After-Versuchen) waren der entscheidende Grund dafür, dass die Chicago Bears überhaupt die Verlängerung erreichen konnte, in der sie die eindeutig besseren Denver Broncos mit einem Field Goal abfertigten.
Hesters Laufstärke und seine Reflexe sind nur schwer einzuzäunen. Im letzten Super Bowl hatte er nach 14 Sekunden seine Mannschaft in Führung gebracht. Wer das Match gewann, wissen wir: Die Indianapolis Colts. Und zwar verdient. Mit anderen Worten: Dass Hester eine Gefahr darstellt, ist unbestritten. Aber er spielt bei einem Team, dass nur selten die Früchte seiner Arbeit erntet. Mit noch ganz anderen Worten: Wer eine Phobie vor Hester entwickelt, hat ohnehin gegen Chicago nichts zu bestellen. Dazu kommt: Hester verliert gerne den Ball. Und das tat er auch gegen die Broncos. Allerdings scheint eine Ansicht dieses Puzzles eher abwegig. Es gibt Leute, die sich auf die statistische Dimension der Hester-Sprints eingeschossen haben und aus dem eher dürftigen Datenmaterial zu der Schlussfolgerung kommen, dass man ruhig in seine Richtung kicken soll. Im Schnitt holt Hester nur fünf Yards an Field Position heraus. Wer anfängt, ihn bewusst zu vermeiden, macht sich hingegen das Leben schwer. Es gibt keine Kicker, die das Ei zielsicher genug und kurz vor der gegnerischen Endzone ins Aus befördern können. Das Spiel mag ja Football heißen. Aber das heißt nicht, dass die Leute, die vor allem mit ihrem Fuß arbeiten, einen Mann wie Hester ausschalten können.
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