23. Juli 2007

NBA-Wettskandal: Ein Name und mehr Indizien

Inzwischen gibt es weitere Indizien dafür, dass an dem Wettskandal in der NBA etwas dran ist. Die Liga hat bestätigt, dass der Schiedsrichter, gegen den ermittelt wird, Tim Donaghy heißt. Der hat sich einen Anwalt genommen und wird in dieser Woche zum Verhör beim FBI antreten. Des weiteren wurde bekannt, dass Donaghys Name bei einer Abhöraktion gegen Mitglieder einer Mafia-Organisation in Philadelphia auftauchte. Der 40jährige Donaghy lebte bis vor kurzem noch in Philadelphia, wohnt jetzt in Florida und kündigte in der letzten Woche nach 13 Jahren angesichts der Vorwürfe seinen Job. Die Gerüchteküche brodelt. Er soll angeblich selbst von einer erheblichen Wettleidenschaft geplagt sein und Schulden haben. Die Analyse seiner Pfeifleistung ergibt, dass er schon immer zu den merkwürdigen Fällen gehörte. Aber: Eindeutige Hinweise auf Manipulationsversuche hat offensichtlich noch keiner aus dem legalen Zweig des Wettgeschäfts ausmachen können.

Da muss nichts heißen. Denn die Experten haben als Ausgangsmaterial nur die Quoten und sogenannten Point Spreads von Wetten aus Las Vegas, wo man sehr genau über die legalen Aktivitäten wacht. Sehr viel wahrscheinlicher wäre, dass man den Referee dazu benutzt hat, so zu pfeifen, dass sich sein Verhalten bei illegalen Wettabschlüsse um große Summen auswirkt.

Ich habe in einer Geschichte für die heutige Ausgabe der FAZ das amerikanische Wettsystem ein wenig erklärt:
Im Basketball wie in vielen anderen Mannschaftsportarten auch wird in den USA während der monatelangen regulären Saison anders als im deutschen Fußball-Toto kaum auf Sieg oder Niederlage gesetzt. Die populärste Wette ist die auf die Punktedifferenz (“Point Spread”), mit der der Favorit gewinnen wird. Dieses Schema ist besonders anfällig für geschickte und schwer nachweisbare Manipulationen. Das gilt insbesondere für eine Sportart wie Basketball, in der die Punktzahl pro Begegnung hoch ist, die Leistung einiger weniger Mitwirkender sich jedoch relativ stark auf das Resultat auswirkt, während das Spieltempo den Blick auf einzelne Aktionen verwischt. Der klassische Betrugsfall ist das sogenannte “Point Shaving”, bei dem ein oder mehrere Spieler der stärkeren Mannschaft bewusst Korbwürfe knapp verziehen oder den Ball vertändeln, um die eigene Punktausbeute zu reduzieren, ohne jedoch dabei den Sieg zu riskieren.

Kaum jemand hatte bisher für möglich gehalten, dass sich gut verdienende NBA-Profis mit ihren Millionengehältern zu derartigen Manipulationen anwerben lassen. Allenfalls Collegespieler, die kein Geld verdienen, schienen in Gefahr. Schiedsrichter galten ebenfalls als unverdächtig. In der NBA erhalten die Unparteiischen pro Saison je nach Erfahrung und Einsatzumfang zwischen 90.000 und 225.000 Dollar. Obendrein wird jedes Match von drei Referees gepfiffen, und zwar in ständig wechselnden Kombinationen.

Während eines Spiels kann sich die einzelne Schiedrichterleistung jedoch durchaus entscheidend niederschlagen: Je mehr Freiwürfe einer Mannschaft zuerkannt werden, desto größer ist ihre Chance, ihr Punktekonto aufzubessern. Gleichzeitig werden Spieler, die zahlreiche persönliche Fouls verbucht haben, von ihren Trainern au
s dem Spiel genommen. Sobald Leistungträger betroffen sind, kann eine Partie rasch kippen.
Solange es aber keine Informationen darüber gibt, ob und, wenn ja, wie manipuliert wurde, bleibt alles reine Spekulation. Die NBA-Spitze ist allerdings übers Wochenende hellwach geworden. Das Gerücht, dass Spiele verschaukelt werden, kratzt am Lack des Milliardenunternehmens.

Nachtrag: Eine erste Auffälligkeit wurde inzwischen dokumentiert: Donaghy ist Mr. Whistle.

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