8. Juli 2007

Wirtschaften à la NFL: Der deutsche Steuerzahler soll bezahlen

Vielleicht wäre ein Ende mit Gejammer für die deutschen Footballfans besser als ein Gejammer ohne Ende. Denn die National Football League ist wirklich kein guter Partner in Sachen Loyalität. Das abrupte Ende des Unternehmens "NFL Europa" hat gezeigt, wie man in New York das Interesse von tausenden in der einzigen wirklichen Hochburg der Sportart außerhalb der USA bewertet: als unbedeutend. Und wie man den deutschen Steuerzahler einstuft, der die großen Stadien finanziert und mit dem Kauf von Eintrittskarten am Laufen hält, wissen wir jetzt auch: Das ist der nützliche Idiot, der der Liga das Stadion gefälligst kostenlos zu überlassen hat. Immer nach dem Motto: Wir sind der mächtigste und umsatzträchtigste Sportbetrieb der Welt. Wenn wir kommen, wollen wir nicht nur den roten Teppich, sondern auch alle Einnahmen. Und obendrein bitte auch die Reise- und Unterbringungkosten für die anreisenden NFL-Teams und die Repräsentanten der Liga. Das ist uns der deutsche Steuerzahler schuldig, weil wir ihm die Gnade unseres hohen Besuch erweisen.

Nichts anderes als diese imperiale Haltung muss man aus dem Bericht in der Frankfurter Neuen Presse herauslesen (via allesaussersport), der beschreibt, wie man in Frankfurt auf das Aus der Galaxy und die Hoffnungen auf ein NFL-Match in der Stadt reagiert hat. Es kann schon sein, dass man - im Unterschied zu Mainhattan - in anderen deutschen Städten mit Football-Tradition derart unanständige Anträge der NFL nicht gleich und geradewegs zurückweist. Es wird immer wieder Lokalpolitiker mit Profilneurose geben, die das finanzielle Raison d'être eines Stadions (die Refinanzierung durch den Bau entstandener enormer öffentlicher Ausgaben) selbst in Zeiten hoher Staatsverschuldung ignorieren. Aber so viele Städte kommen für ein NFL-Match auf deutschem Boden aufgrund logistischer Fragen gar nicht in Frage. Die Flugverkehrsanbindung von Städten wie Hamburg oder Berlin an die USA ist undiskutabel.

Frankfurt hingegen bleibt deshalb der einzige sinnvolle Austragungsort. Gut, dass man sich dort nicht in die Tasche fassen lässt. Die NFL wird erst dann bereit sein, sich von ihrem hohen Ross abzuseilen, wenn sie erkennt, dass niemand ihre Forderungen akzeptiert. Und wenn nicht, soll sie doch nach China gehen oder nach Japan, in das Land des amtierenden Football-Weltmeisters und Ausrichters der am Samstag begonnenen WM. Dort ist man vielleicht so subaltern drauf und gibt der Liga, was sie will.

A propos: Die Japaner haben im Auftaktspiel der WM die Franzosen mit 48:0 abgeledert. Die Deutschen legten in der anderen Vorrundengruppe ebenfalls vor: mit einem 35:2 über Südkorea. Die USA tritt am Dienstag zu ihrem ersten WM-Spiel überhaupt an und spielt am Donnerstag gegen Deutschland. In der Montagausgabe der FAZ (Print) wird eine Betrachtung von dieser Warte aus zum Thema "Amerikaner erstmals bei der Football-WM" erscheinen. Sollte sie online gehen, wird sie verlinkt.

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wie sieht das Aufgebot der USA aus? Nicht ein NFL Spieler oder?

Jürgen Kalwa hat gesagt…

Alles Leute, die bis zum letzten Herbst College-Football gespielt haben und keinen Profivertrag erhalten haben. Ein interessanter Spezialfall ist Jason Hoffschneider, der im April aus North Dakota zu den Hamburg Blue Devils in die German Football League gewechselt war.

Anonym hat gesagt…

35:2 - blöde Frage, aber wie geht das? 2? Two Point Conversion kann´s ja nicht sein. Kan mich unwissenden mal jmd aufklären? :-)

Anonym hat gesagt…

Safety. Der Gegner wird mit Ballbesitz in seiner eigenen Endzone zu Boden gebracht. (Oder der Punter läuft nach hinten aus der Endzone raus etc...)

Anonym hat gesagt…

Hallo Herr Kalwa,

da ich mich sonst immer als Negativkritiker betätige möchte ich dieses Mal auch mal positiv tätig werden.

Leider, leider ist es so, wie in ihrem Beitrag beschrieben. Bereits mit der Verkündung von London als erstem europäischen Spielort der NFL in Europa hat man den Supportern der NFLE in Deutschland und Holland ins Gesicht geschlagen. Mit der Einstellung der NFLE folgte der sprichwörtliche "Tritt in den Hintern".

Nicht nur der mangelnde Support für ihren europäischen Ableger sondern auch die reichlich fragwürdige Gestaltung desselben muß ich persönlich der NFL negativ ankreiden.

In den letzten Jahren war ich wahrlich kein Supporter der NFLE mehr aber die massiven Fehler, die letztlich zum Scheitern führten, wurden fast vollständig in den Staaten gemacht.

Nun versucht die NFL mit ihrer letzten Patrone doch noch Kohle aus den europäischen Taschen zu leiern.

Mir bleibt nur zu hoffen, dass sich keine Dummen finden, die den NFL Verantwortlichen mit Geldern deutscher Steuerzahler die Taschen füllen, aber es wird wohl nur eine Hoffnung bleiben. Die Dummheit stirbt auch und gerade in Deutschland leider nicht aus.

Meine Zeit als Footballfan ist nach 20 Jahren nun endgültig vorbei. Tampa Bay, Düsseldorf Rhein Fire und auch die deutsche Amateurliga sind nun, nach langer Leidenszeit, endgültig Geschichte. Für mich persönlich ist das sehr bedauerlich, denn American Football ist und bleibt eine facettenreiche, strategische und taktisch anspruchsvolle Sportart.

Wenigstens muß ich mir beim heimischen Fußballteam keine Gedanken machen, dass ein Amerikaner die Lust verliert und den Club dichtmacht. Noch nicht!

Anonym hat gesagt…

Danke für die Info - wieder was gelernt :-)

Geht auch ein zu 1?

Jürgen Kalwa hat gesagt…

@nils: "Zu 1" geht nicht. Einen Punkt bekommt man nur in einer einzigen Situation: wenn man den "Kick after" verwandelt. Um den versuchen zu können, muss man aber erst einmal einen Touchdown erzielt haben (sechs Punkte).