Es gehört zu meinen liebsten Nebenbeschäftigungen, wenigstens mit einem Auge die scheinbar abseitigen Entwicklungslinien beim Sport zu verfolgen. Warum? Ganz einfach. Wer möchte schon aufgrund eines irgendwo im Hirn verankerten Autopiloten, der einen ständig auf den Konsum von Live-Ereignissen, Resultatsinformationen, Aufsteigerkarrieren und Promi-Geschichten zusteuert, die Hintergründe aus dem Blick verlieren?
Bei manchen Sportarten ist das schwieriger, weil ihre innere Dynamik und Betriebsamkeit auf derartigen Touren dreht, dass man einmal Luft holt und hat schon den entscheidenden Moment verpasst. Das ist zum Beispiel ein zentraler Aspekt der Leichtathletik, der auch auf Dauer ihren medialen Untergang besorgen wird. 100 Meter in Neunkommairgendwas. Wusch und das war's. Wer soll sich dafür begeistern, außer es fallen Weltrekorde am laufenden Band? Vermutlich wurde gerade deshalb das Doping-Thema in der Leichtathletik zu einem Dauerton im Medientheater (ehe der Radsport in Europa aus eine Reihe von Gründen diese Rolle übernahm). Da war einfach zu wenig Eigentliches, während die Muskulatur der Top-Athleten immer massiver und die Zeiten immer besser wurden. Morgen dazu in der FAZ ein neuer Name. Und danach sicher noch mehr.
Im Vergleich zu den Rasanz-Sportarten befindet man sich bei Golf eher im entgegengesetzten Extrembereich. Man könnte einschlafen. So langsam geht da die Post ab. Obwohl für den Zuschauer bei einem Turnier, der fleißig mit einem Spieler mitwandert, kommt am Ende eine hübsche Bilanz heraus. Man läuft da gut und gerne seine fünf bis sechs Kilometer und hat das Gefühl, etwas für seine Gesundheit getan zu haben.
Golf ist ein Strategiespiel. Dies und das Tempo verleitet die Berichterstatter dazu, sich auf den Aspekt zu konzentrieren, wieso ein Spieler an einer bestimmten Stelle einen bestimmten Schlag versucht hat und wieso der gelungen (oder nicht gelungen) ist. Das führt auf eine paar Umwegen zu der Ikonografie eines Tiger Woods, dem offensichtlich häufiger als der Konkurrenz bei fast jedem Schlag das gelingt, was er sich vorgenommen hat. Der Mann zeigt in solchen Momenten Kompetenz. Und Nerven. Und Kampfgeist. Und darüber will man alles wissen.
Was aber ist mit der Fabrik, die die Schläger herstellt? Und die Bälle? Spielt die keine Rolle? Offensichtlich nicht. Das interessiert die wenigsten. Selbst an einem Tag, an dem beim Masters in Augusta vor der entscheidenden Runde ein Nike-Spieler auf Platz eins liegt (Trevor Immelman, Südafrika), ein Nike-Spieler auf Platz vier (Paul Casey, England), ein Nike-Spieler auf Platz fünf (Tiger Woods, USA), ein Nike-Spieler auf Platz sechs (Stewart Cink, USA). Nike gehört zu den relativen Newcomern im Equipment-Segment und hat nur mit sehr wenigen Spielern Verträge. Haben die nicht nur den besten Golfer der Welt, sondern auch den besten Ingenieur? Wer erklärt mir so etwas? (Einschub: Ein kompletter Schlägersatz wie ihn die Profis spielen, kostet wohl 3600 Dollar, weit mehr als die Ausstattung, wie sie im Laden den Amateuren angeboten wird.)
Dabei sind es doch gerade solche Geschichten, die einem die Bedingungen des professionellen Sports von heute so viel näher bringen. Genauso wie jener Artikel über die relativ schlechten Resultate von professionellen Golfern, wenn Tiger Woods im Teilnehmerfeld ist. Der Beitrag für die FAZ war vor ein paar Tagen bereits in der gedruckten Ausgabe erschienen. Man kann ihn jetzt online nachlesen.
1 Kommentar:
Kurzer Kommentar zum "Einschub: Ein kompletter Schlägersatz wie ihn die Profis spielen, kostet wohl 3600 Dollar, weit mehr als die Ausstattung, wie sie im Laden den Amateuren angeboten wird."
Das stimmt so nicht. Der Link fuehrt zu einer australischen Seite, es geht also um 3600 australische Dollar. Umgerechnet etwa 2100 Euro. Das ist als Preis fuer einen Komplettsatz (inkl. Driver, Fairwayhoelzer, Eisen, Wedges und Putter) absolut marktueblich. Billiger wird's auch fuer Amateure nicht. Golf ist leider ein teurer Sport, auch fuer Normalsterbliche...
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