Vor einem Jahr hatten wir das schon mal so ähnlich. Da stand Greg Norman am Sonntagmorgen am ersten Abschlag der British Open, nachdem er drei Tage lang locker und gekonnt gespielt hatte. Er lag in Führung und wirkte wie jemand, dem man das Unwahrscheinliche zutrauen konnte. Im hohen Alter jenseits der 50 noch einmal alles zu zeigen und alles zu geben und ein bedeutendes Turnier zu gewinnen. Daraus wurde nichts. Andere waren zäher, konzentrierter, präziser.
In diesem Jahr heißt der Frührentner, der mit einem Schlag Vorsprung auf Leute, die halb so alt sind wie er, die letzten 18 Löcher attackiert, Tom Watson. Der wird in zwei Monaten 60 Jahre alt und kann bei einem solchen Turnier nur deshalb mitmachen, weil ihm als ehemaligem Champion bis in dieses hohe Alter das automatische Startrecht zusteht. Fünfmal hat er allein die British Open gewonnen, darunter eine denkwürdige direkte Auseinandersetzung gegen Jack Nicklaus hier in Turnberry. Watson brauchte vor kurzem ein neues Hüftgelenk und läuft auch damit ziemlich eckig über den Platz. Das Gesicht verrät einen Grübler, der ganz offensichtlich nicht aufgehört hat, über das Golfspiel und seinen eigenen Schwung nachzudenken. Sein Rezept besteht aus stoischer Ruhe, einem akkuraten und kontrollierten Abschlag, dem auch der Seitenwind nichts anhat und der Fähigkeit, auf diesen nur leicht ondulierten Grüns den Ball auch aus der Distanz im Loch zu versenken.
Als er heute vom amerikanischen Fernsehen interviewt wurde, ließ er durchblicken, dass er nicht einfach nur Golf spielt. Er setzt einen Plan um, den er sich für die letzten 36 Löcher überlegt hat. Einen Tag vor der Entscheidung hatte er das Gefühl, genau das erreicht zu haben, was er sich ausgemalt hatte. Mehr verriet er nicht. Weshalb wir morgen zuschauen müssen, wenn wir wissen wollen, wie das mit dem Plan ausgeht. Nur soviel ist klar. Von hinten wird sich kaum jemand auf diesem Parcours mit einer niedrigen Schlagzahl nach vorne arbeiten können. Dazu ist Turnberry zu schwer. Der einzige Gegner, den Watson wirklich in Schach halten muss, ist er selbst.
Martin Kaymer kann sich allerdings sicher noch einen besseren Platz erspielen. Auch nach den acht Bogeys von heute und einer 74er Runde, durch die er auf den 27. Platz zurückfiel. Vom zehnten Rang ist er nur zwei Schläge entfernt.
Tom Watson gibt zusammen mit Werbepartner Cadillac hin und wieder Unterricht. Hier sind seine Ausführungen dazu, wie er das Geheimnis des Golfschwungs gelöst hat.
Das Publikum lacht, wenn er sagt, er habe das das Geheimnis 1992 geknackt. Kein Wunder, denn damals hatte er bereits die beste Zeit hinter sich.
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