13. Juli 2009

Grüße aus Vancouver: Ski unheil

Die arme Richterin, die in Kanada über die Aufnahme der Skispringerinnen in das Olympiaprogramm entscheiden sollte, hat sich so salomonisch wie möglich aus der Sache herauslaviert. Ja, sagte sie, wenn Frauen in Sportarten nicht zu den Spielen zugelassen werden, die Männer aber doch, sei das durchaus Diskriminierung. Aber nein, sagte sie, daran könne sie nichts ändern. Das sei die Angelegenheit des IOC.

Wie nicht anders zu erwarten, hat diese Entscheidung den üblichen Mitleidseffekt gehabt. "Enttäuschung pur und Angst um die erhoffte große Zukunft des Frauen-Skispringens" lautete die Einstiegszeile im dpa-Bericht über die Entscheidung, in dem dann bequemerweise nur zwei Seiten zu Wort kamen: die betroffene Sportlergruppe und die gute Lauri Ann Fenlon. So als hätten die Gegner eines solchen Zwangseingriffs von außen überhaupt keine Argumente. Oder als handele es sich bei den Planern von Olympischen Winterspielen um "eine rückständige Herrenrunde", wie Benedikt Voigt im Tagesspiegel und auf Zeit Online schreibt, der damit jedweden Einwand gegen das Begehr der Frauentruppe grosso modo diskreditiert. Das Spektrum der herbeigeredeten Political correctness ist weit gefächert. So befand die österreichischen Zeitung Die Presse, dass Frauen schon allein deshalb auf Olympianiveau mitmachen sollen dürfen: "Sie trainieren so hart wie ihre männlichen Kollegen". Da fängt man dann doch an zu schmunzeln und denkt: Ja, wenn das so ist, dass Leistung nicht zählt, sondern Eifer, warum werden dann nicht die Dartwerfer und Murmelmeister zugelassen? Die trainieren vermutlich auch ganz hart.

Es war zu erwarten, dass bei einem solchen Thema erst mal alle alten Faltenröcke laut rascheln und anders als damals in der Blechtrommel von Günter Grass auf dem kaschubischen Kartoffelacker nichts Bedeutendes herauskommt. Zumal die Fokussierung auf "Mann gegen Frau" (so die Überschrift in Die Presse) einfacher ist als die Auseinandersetzung mit einer viel wichtigeren Frage: Wie kommt es, dass ein ordentliches kanadisches Gericht erklärt, keine rechtliche Entscheidungshoheit zu besitzen, um auf der Basis kanadischen Rechts die Veranstalterorganisation von Olympischen Spielen zu rechtsverbindlichem Verhalten zu zwingen? Wenn das Schule macht, dann ist das ein Armutszeugnis erster Güte für das Rechtsempfinden in Kanada und dem Rest der Welt. Wo steht geschrieben, dass der IOC so etwas wie eine diplomatische Vertretung mit exterritorialen Rechten ist? Darf der IOC also auch gegen die Korruptions- und Steuergesetze des Ausrichterlandes verstoßen, ohne mit Sanktionen rechnen zu müssen? Können jetzt Sportler aus fremden Ländern ohne Pass einreisen? Können sich Sportler dopen und das unter Meineid abstreiten, ohne dass sich dafür der Staatsanwalt in Vancouver interessiert?

Es wäre gut, wenn die Skispringerinnen Berufung gegen dieses Urteil einlegen würden. Denn tatsächlich ist Frau Fenlons Supreme Court nicht die höchste gerichtliche Instanz in der Provinz, wie das bedauerlicherweise aus den Berichten in den deutschsprachigen Organen herausklingt, wo man von "Oberstes Gericht" spricht. Es gibt im Instanzenzug des Rechtsstaats noch eine höhere Stufe: den Appeals Court. Die Causa könnte also noch eine Runde lang weiter ausgefochten werden und dann auch ganz anders ausgehen. Für die Sportler und für das Recht des Veranstalterlandes, das bei Olympischen Spielen seine Gesetze gelten und keine anderen.

1 Kommentar:

Olaf hat gesagt…

[quote]Für die Sportler und für das Recht des Veranstalterlandes, das bei Olympischen Spielen seine Gesetze gelten und keine anderen.[/quote]
Sweet dreams
;)