7. Oktober 2006

New York Yankees stehen vor dem Aus

Es ist nicht ganz leicht zu beschreiben, wie Kenny Rogers am Freitagabend in Detroit den New York Yankees ganz langsam, aber beharrlich die Nadelstreifen aus den Trikots gezogen hat. Denn sein Vokabular an Curve Balls wirkt erst in der Zeitlupenwiederholung im Fernsehen und mit Hilfe einer neuen, vom Computer aufbereiteten optischen Hilfe so richtig genial. Dem 41jährigen Pitcher lief jahrelang der Ruf hinterher, dass er gegen die Yankees vor allem mental einknickt. Er habe zu viel Respekt vor einer beeindruckenden Garde an Battern wie Derek Jeter, Jason Giambi, Alex Rodriguez (wenn er mal in Form ist), der Japaner Matsui etc., hieß es. Der Bann ist gebrochen. Und so gewannen die Detroit Tigers das dritte Spiel gegen die Yankees mit 6:0 und gingen in der auf maximal fünf Begegnungen ausgelegten American League Division Series mit 2:1 in Führung. Sie können bereits heute im vierten Vergleich den Sack zumachen. Ihre Chancen stehen blendend. Auch statistisch gesehen. Die Mannschaften, die in den Bestof-Five-Playoff-Serien mit 2:1 in Führung gehen, kommen in drei von vier Fällen eine Runde weiter.

Für Nicht-Baseball-Kenner: Rogers pitcht im Rahmen einer Vier-Pitcher-Rotation. Das heißt: Sollten die Yankees doch noch die Series gewinnen, werden wir ihn in diesem Jahr nicht mehr sehen. Kommen die Tigers weiter, dürfte er gegen die bereits qualifizierten Oakland A's zweimal zum Einsatz kommen. Denn die American League Championchip Series (ALCS) ist ein Best-of-Seven-Programm.

Übrigens: Vor einem Jahr gab es nur Schlechtes über Rogers zu schreiben. Hier ein Ausschnitt aus meinem Bericht aus Anlass des All-Star-Spiels in der FAZ vom 15. Juli 2005:

Es gehört nur sehr wenig Kraft dazu, einem Mann vom Fernsehen die Kamera von der Schulter zu reißen und sie mit Füßen zu treten. Was man vor allem braucht, ist schlechte Laune und das Gefühl, dass man sich als hochbezahlter Profisportler stets sehr viel mehr herausnehmen darf als jeder andere Sterbliche. Das muss auch der amerikanische Baseballspieler Kenny Rogers vor ein paar Wochen gedacht haben, als er kurz entschlossen vor einem Spiel gleich zwei Kameraleute attackierte, von denen sich einer anschließend in die Notfallaufnahme des örtlichen Krankenhauses begeben musste.

Rogers, der vierzigjährige Linkshänder, ist wie ein kleiner Vulkan. Nur zehn Tage vor dieser Attacke hatte er aus lauter Wut mit seiner rechten Hand auf einen Plastikeimer gehauen, als er vom Trainer der Texas Rangers ausgewechselt wurde, und sich dabei einen Knochen gebrochen. Aber er ist auch ein Feigling. Als er zum All-Star-Spiel in Detroit eintraf und von einer riesigen Menge von Journalisten umringt wurde, die ihn zu dem Zwischenfall befragen wollten, wich er einer Antwort aus. Gleichzeitig schien er jedoch seine Rolle zu genießen. Denn eigentlich ist Rogers für zwanzig Spiele gesperrt und muss eine Buße von 50 000 Dollar bezahlen.

Aber da ihn die Kollegen in die All-Star-Mannschaft der American League gewählt hatten, er die Strafe angefochten hatte und die Entscheidung über seine Berufung aussteht, ließen ihn die Baseball-Oberen mitspielen. Sein kurzer Auftritt auf dem Spielfeld im Match gegen die National League hätte seine Mannschaft beinahe die Partie gekostet, weil er Andrew Jones einen Home Run gestattete. Aber er verdarb niemandem die Stimmung. Der Klassiker in der Mitte der Baseball-Saison (die American League gewann 7:5 gegen die National League), zu dem jedes Jahr die besten Profis zusammenkommen, ist nun mal eine sportlich und sportpolitisch bedeutungslose Veranstaltung.

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