Es gibt erstaunlich wenige Online-Medien, die die verblüffende Karriere von Martin Kaymer verfolgen, der am Sonntag in dem Amphitheater des 18. Lochs des Arlandasad Golf Clubs außerhalb von Stockholm bei den Scandinavian Masters seinen ersten Sieg auf der European Tour weggeschenkt hat. (Kaymer: "I was a little nervous at the 18th," he told reporters. "But, as with the Wales Open, I'll take the positives." (Reuters) Dabei hätte man allen Grund, bei diesem 22jährigen Senkrechtstarter am Ball zu bleiben. Nicht nur, weil Golf eine ordentliche Basis im deutschen Sportalltag hat und weil sich um diese Basis im Erfolgsfall rasch eine Entourage an Neugierigen schart, was man am Beispiel der Karriere von Bernhard Langer sehr gut nachvollziehen kann. Sondern weil wir ein selten gutes Bewegungstalent zu sehen bekommen, dessen sportlicher Horizont noch lange nicht abgeschritten ist. Nach dem erstaunlichen Entwicklungsprung im letzten Jahr, als er locker eine ganze Leistungskategorie übersprang und auf der Top-Tour landete, machte er auch in dieser Saison überdurchschnittliche Fortschritte. Musste man sich am Anfang noch Sorgen machen, dass er die Tourkarte für 2008 schafft, weil er mehrere Cuts verpasste, darf man sich jetzt fragen: Wann gewinnt er den ersten Pott?
Ich habe ihn am Samstag auf der dritten Runde in der Live-Übertragung auf dem amerikanischen Golf Channel ausführlich verfolgt (am Sonntag musste ich im Rahmen unserer Clubmeisterschaft selbst ans Werk und konnte nicht zuschauen) und sah einen Burschen, den gar nichts aus der Ruhe brachte und der sich auch aus den - seltenen - schwierigen Situationen mit der Abgeklärtheit eines erfahrenen Tour-Profis herauslavierte. Die englischen Fernsehreporter üben noch die richtige Aussprache seines Namens (sie sagen gerne "Käimer"). Noch ein paar Wochen und sie werden es hinbekommen.
Der nächste Sprung wird ihm vor allem dann gelingen, wenn er sich dazu entschließt, einen erfahrenen Caddie fest anzuheuern. Kaymer hat bislang meistens einer jener Männer genommen, die sich weniger betuchte Profis am Turnierort an die Seite holen können. „Die tragen deine Tasche, putzen deine Schläger, sagen aber kaum etwas“, klagt Kaymer, „dafür sind sie aber auch nicht so teuer.“ Exakt dieser Umstand wird einem Golfer im entscheidenen Moment eines Turnieres rasch zum Nachteil. Das Manko ist größer als jene von vielen Sportjournalisten gerne insinuierte Nervösität (...doch am letzten Loch versagten dem jungen Deutschen die Nerven und er musste sich mit dem zweiten Platz zufrieden geben (sportal). Ein guter Caddie ist nicht nur einer talentierter Psychologe und Beruhigungsfaktor. Er ist eine wichtige Informationsquelle, ein Partner im Dialog, ein Berater.
Es wäre gut, wenn Kaymer einen Teil des 2007 verdienten Geldes (bislang 445.236 Euro) dazu nutzen würde, um es in einen Caddie zu investieren. Genauso wie es gut war, dass er sich von dem improvisiert wirkenden Ärmelaufnäher getrennt hat, mit dem er bis vor kurzem noch gespielt hat. Wer mehr Fernsehzeit bekommt, sollte von Kopf bis Fuß gut aussehen.
Soviel zu Kaymer. Aber wer redet eigentlich mal endlich über Bettina Hauert? Sie wurde am Wochenende für den Solheim-Cup nominiert, dem Gegenstück des Ryder-Cup der Männer, nachdem sie bei der Wales Ladies Championchip der Ladies European Tour (LET) den zweiten Platz belegt hatte. Die LET hat nicht ganz den Qualitätsstandard der LPGA in den USA, in der die besten Golferinnen der Welt spielen. Aber sie produziert hinreichend an Talenten, um den Amerikanerinnen beim Solheim-Cup das Fell überzuziehen. Der Kontinentalwettkampf findet in diesem Jahr vom 14. bis 16. September im Halmstad Golfklubb in Schweden statt. Die Europäerinnen hatten den letzten Vergleich vor zwei Jahren in Crooked Stick/Indiana zwar verloren, aber hatten durchaus Chancen auf einen Sieg.
Nun also mit Bettina Hauert, der zweiten deutschen Teilnehmerin in der Geschichte des Wettbewerbs, die momentan auf der Geldrangliste der LET mit 183,458. Euro aus 14 Turnieren auf Platz zwei liegt. Erstaunlich. Wirklich erstaunlich.
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