11. Juli 2009

Yahoo hält ESPN in Schach

Manche Völker hören dieser Tage laute und vernehmliche Signale. Zum Beispiel die Leute von Sparty and Friends, wo man sich sehr aufmerksam mit der Arbeitsleistung der Sportreporter der Internetplattformen Yahoo und ESPN beschäftigt. Das Kriterium, das dort für eine Analyse zu Grunde gelegt wird, ist nicht Intelligenz, Schreibstil oder die Attitüde gegenüber Sport und Stars. Es sind die guten alten Journalisten-Tugenden Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit. Das sind übrigens zwei Eigenschaften, die in der Hetze des Medienalltags stets im Konflikt zueinander stehen. Wer schneller sein will als die Konkurrenz, wird bei der Genauigkeit der Information rasch mal fünf gerade sein lassen, weil er sich nicht die Zeit nimmt, das Gehörte von mehreren Quellen bestätigen zu lassen. Wer Wert auf akkurates Berichten legt und nicht verlacht werden will, weil er zu früh am Abzug war, landet im Rennen um die Breaking-News-Ehre schnell auf dem zweiten Platz.

Im Internet, dieser rasanten Infoschleuder, verdient der rasende Reporter meistens trotzdem mehr an Lorbeeren. Denn da draußen wartet eine große hungrige Masse am Computer, inzwischen längst auf den Nachrichtenempfang über Feeds und ähnliche Automatismen eingestellt. Wer da zuerst kommt, erhält mehr Clicks. Wer mehr Clicks bekommt, gewinnt bei der Werbekundschaft.

ESPN war da bislang aufgrund seiner Struktur einfach immer im Vorteil. Der Sender kann sich aufgrund seiner ertragreichen zahlreichen anderen Plattformen – Fernsehen, Radio, Magazin – ein Heer von Zuträgern leisten, die fast alle von der gleichen Scoop-Mentalität beseelt sind. Das Unternehmen hat in den letzten Jahren fleißig profilierte Schreiber und sogar Blogger von draußen eingekauft und dabei immer wieder signalisiert: Wir sind groß und mächtig und wir wollen das auch bleiben. Auf der Strecke geblieben bei diesen aggressiven Manövern ist die Konkurrenz von Sports Illustrated, die einst den Goldstandard im Sportjournalismus darstellte – und zwar vor allem, weil sie nicht auf das schnelle Geschäft setzte, sondern auf das ausführliche und nachdenkliche Programm. Die Marke Sports Illustrated ist so gut wie verbrannt, trotz zahlreicher Ankäufe von guten Journalisten. Aus dem Magazin wurde nie eine Anlaufadresse im Internet, was angesichts der enormen Aktivtität im Hause Disney langsam zu einem richtigen Problem geworden sein dürfte.

Bei Yahoo hat man dagegen keine Stunde geschlafen, sondern an einem Anspruch gebastelt, der angesichts der schwachen Stellung gegenüber dem Google-News-Konkurrenten geradezu erstaunlich ist. Die Logik war simpel: Als schlichter Aggregator à la Google kann man sich im Sport nicht profilieren. Da braucht man eigene Arbeitsbienen, eigenständige Themensetzung und muss denn auch oft genug vor allen anderen die Nachricht haben – exklusiv. Die durch diese Überlegungen entstandene Konstruktion reicht nicht, um den standhaften Erfolg zu erklären. Bei Sparty deutete ein Kommentator an, was auch wichtig ist: Leser nicht zu nerven und zu überfordern. Das Angebot muss übersichtlich serviert werden. Und es bringt nicht viel, jedem Nachrichtenpups ein Video einzuspielen, das der Nutzer erst mal abstellen muss, wenn er genervt ist. Die Fantasy-Sports-Komponente kommt dazu. Yahoo gilt hier als führend. Bei der hier verlinkten Messung aus dem Mai dieses Jahres steht zwar ESPN ganz oben, aber wenn man die frei nachfolgenden Yahoo-Werte zusammenrechnet, kann man erkennen, wer stärker ist.

ESPN hat bestimmt nicht die Absicht, die Hände in den Schoß zu legen. So wurde neulich ein regionales Konzept angeschoben, um ähnlich wie eine Tageszeitung mit ihrem Lokalteil eine Dienstleistungsebene einzuziehen, die neue Nutzer ansprechen könnte.

1 Kommentar:

Sascha hat gesagt…

Da wird Yahoo sich aber mal wieder freuen, dass sie auch noch ab und an führend in irgendetwas sind. Früher war das ja an der Tagesordnung, aber dieser Tage hört man das doch eher selten. Die haben im Prinzip glaube ich nach wie vor in allen Bereichen größtes Potential, aber schaffen es einfach nicht, dieses in eine stimmige zukunftsfähige Strategie zu verpacken, die man den Leuten verkaufen kann.