Vor ein paar Tagen kam aus Südafrika die Meldung über einen schweren Autounfall. Solche Nachrichten wirken auf viele Menschen bestürzend, nicht nur auf jemanden wie unsereins, der ebenfalls oft in fremden Landen unterwegs ist. Die einzige nachvollziehbare Kerninformation, die der Text enthielt, lautete, dass es sich bei den Betroffenen um vier Sportjournalisten handle, die auf dem Weg zum Fußballspiel der USA gegen Spanien waren. Deutsche Sportjournalisten wohlgemerkt. Denn über andere berichtet dpa vermutlich gar nicht.
Dass zunächst keine Namen mitgeliefert wurden, konnte man noch verstehen. Es ist schließlich nicht immer ganz leicht, vor Ort etwas zu recherchieren. Die Nachricht von heute allerdings ist traurig und bizarr zugleich: "Nach dem schweren Unfall von vier deutschen Sportjournalisten in Südafrika ist einer der Verunglückten am Montag gestorben. Das teilte die deutsche Botschaft in Pretoria mit." Aber wieder wurde kein Name genannt, nachdem in einer vorausgegangenen Depesche zumindest dieser scheinbar pietätvolle Hinweis eingehäkelt worden war: "Nähere Angaben wurden zum Schutz der Privatsphäre der Opfer nicht gemacht."
Deutlicher kann man gar nicht zeigen, dass man keinen Respekt vor dem Schicksal von Menschen hat. Was sind das für Meldungen, in denen die Opfer nicht genannt werden, aber das Mitgefühl der Oligarchen abgefeiert wird? Worin besteht da die Verhältnismäßigkeit? Weshalb hat man keine Zeit und keinen Platz für eine kurze Würdigung des verstorbenen Journalisten und einen Abriss seiner Karrierestationen? Er war schließlich nicht irgendjemand, sondern der ehemalige Ressortleiter des Berliner Tagesspiegel Wolfgang Jost. Ein Mann mit Profil: Er hat nach meinen Recherchen mindestens an einem Buch mitgeschrieben. Macht das zuviel Arbeit, das herauszufinden und es in knappen, klugen Worten zu formulieren? Ist es zuviel verlangt, zu recherchieren und festzustellen, dass der Verband der deutschen Sportjournalisten einen Spendenfonds für die Hinterbliebenen des Freiberuflers einrichten will? Soll das alles ungenannt bleiben, um eine nicht näher begründete Privatsphäre zu schützen?
Normalerweise nicht. Solche Informationen werden bei Menschen aus anderen beruflichen Sphären tagtäglich publiziert. In kleinen und in großen Blättern. Ausgerechnet bei einem Journalisten spielt man Omertà? Der Tagesspiegel sah das zum Glück anders.
Es geht übrigens auch auf diese Weise. Hier die Reuters-Meldung aus Südafrika.
Nachtrag am 1. Juli: Vor wenigen Minuten wurde bei SpOn eine Geschichte gepostet, die Informationen über den Unfall und die medizinische Versorgung der Opfer liefert. Wolfgang Jost hatte selbst die Risiken seiner Reise in Südafrika in einem Beitrag kurz vor dem Unfall für die Augsburger Allgemeine thematisiert. Sie spricht zudem Ereignisse detailliert an, die zeigen, dass im "kriminellsten Land der Erde" (Jost) Journalisten nicht nur im Straßenverkehr hochgradig gefährdet sind. Die Allgemeine hat es übrigens fertig gebracht, diesen Text grußlos mit der schon angesprochenen ersten dpa-Meldung über den Unfall zu verlinken. Mehr war wohl nicht drin, um den Lesern der Online-Ausgabe dieser Zeitung die traurige Nachricht zu bringen, dass der Mitarbeiter des Blattes und Autor jener ahnungsvollen Zeilen in der Ausübung seines Berufs tödlich verunglückt war.
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