9. Juni 2009

Auf eigenem dünnen Eis

Wenn man durch dieses ständige Psycho-Gerede von Motivation und Emotion und Willenskraft pieksen will, durch das in Mannschaftssportarten dank der Trainer, der Medien und über Eck auch dank der geistig oft ziemlich ausgelaugten Spieler dauernd ein Nebel aus Erklärungsmustern erzeugt wird, die gar nichts erklären, schon gar nicht den Erfolg einer Mannschaft, steht man bei den Analyseversuchen rasch ziemlich allein da. Statistische Informationen können bei der Auswertung einzelner Aspekte durchaus helfen, besonders wenn sie mit jener Akribie betrieben wird wie das in Amerika von Professoren wie David Berri angegangen wird. Aber spätestens in einer Playoff-Serie sind solche Betrachtungen nicht mehr besonders hilfreich, weil sie nur funktionieren und Trendaussagen erlauben, wenn man möglichst viele Zahlen einspeist. In einer Best-of-Seven-Serie ist das Fundament eher dünn. Und selbst wenn man eine gesamte Playoff-Leistung zu Rate zieht, wie sich das in diesen Tagen aus Anlass des Stanley-Cup-Finales anbietet, bleibt man auf dünnem Eis. Die Basisdaten aus fünfzehn, sechzehn, siebzehn Spielen können nicht so einfach verallgemeinert werden. Trotzdem verdienen sie Beachtung. Und deshalb ist diese aktuelle Geschichte auf der Webseite des kanadischen Fernsehsenders TSN empfehlenswert. Sie deutet an, dass bei Eishockey auf dem derzeitigen sehr hohen Niveau wie zwischen den Detroit Red Wings und den Pittsburgh Penguins und mit einer geringeren Zahl an Unterbrechungen eine Auffälligkeit nicht vom Tisch zu fegen ist: Zuhause spielen sie besser, auswärts hingegen schlechter. Wer das mit den üblichen Fisimatenten erklären will – Stimmung und Lautstärke des Publikums, Reisestress der Auswärtsmannschaft – der ignoriert auf eigene Gefahr wie lakonisch Profis heutzutage ihrer Arbeit nachgehen und wie unbeeindruckt sie von Dingen sind, mit denen sie jeden Tag umgehen. Ich muss da immer an die beknackten Zuschauer bei Basketballspielen denken, die bei Freiwürfen des angereisten Gegners in der Blickachse des betreffendern Spielers hinter dem Korb sitzen und herumturnen und mit Gegenständen wedeln. Nichts von dem beeinflusst den Werfer, aber kein Zuschauer würde die Hoffnung aufgeben, dass es etwas bringt.

Im Eishockey dagegen gibt es eine Besonderheit, die sich auswirken kann: Die Heimmannschaft hat das Recht bei einer Unterbrechung des Spiels ihre fünf Spieler erst dann aufs Eis zu schicken, wenn das Auswärtsteam komplett ausgewechselt hat. Mit anderen Worten: Anders als in anderen Sportarten, kann der Trainer ganz konkret auf sogenannte Match-Ups achten und sich ständig Gedanken darüber machen, wen er gegen wen bringen will. Ein guter Trainer wird diese Regel konsequent und mit Nachhaltigkeit für sich ausschlachten. Aber er wird natürlich nicht während einer Meisterschaft öffentlich zugeben, wie gut (oder wie schlecht) es ihm gelingt. Statt dessen wird er das Ganze eher vernebeln wollen. So wie Penguins-Coach Dan Bylsma, der am Montag sagte: "Ich glaube nicht, dass es die Match-Ups sind. Ich denke, wir reden über zwei Mannschaften, die hart und mit talentierten Spielern arbeiten. Das ist ausgeglichen genug, um einen Heim-Eis-Vorteil zu produzieren."

Wenn wir das Thema etwas klarer und bewusst versimpelt anpacken wollen, kommen wir zu folgendem Resultat: Spiel sechs heute abend geht an Pittsburgh. Spiel sieben (wieder in der Joe Louis Arena in Detroit) an die Red Wings. Es sei denn Bylsma findet bei Sydney Crosby endlich den Knopf zum Einschalten.

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