19. September 2007

Ende mit nett: Kirilenko hat keine Lust mehr in Utah

Dass Andrej Kirilenko und seine Frau nicht nach Salt Lake City gehören und er nicht in das stilistische Gefüge der Utah Jazz passt, ist nicht schwer zu erkennen. Aber dass der Russe das auch so einschätzt und daraus Konsequenzen ziehen will, hätte man dann doch nicht erwarten dürfen. Denn anders als der durchschnittliche Amerikaner, der selbstbewusst nach einem Trade verlangt, sobald ihm etwas nicht passt, geben sich die Europäer in der NBA eher pflichtbewusst und anpassungsfähig und wirken deshalb meistens so, als hätten sie keine rechte Vorstellung von der eigenen Bedeutung und Qualität. Sie verhalten sich wie gute Gäste auf Besuch bei fremden Familien. Was einer der Gründe (wenn auch sicher nicht der entscheidende) dafür ist, weshalb die Liga-Bosse seit ein paar Jahren so gerne Nachwuchs aus dem Ausland draften.

Nun hat Kirilenko einem Bericht der Salt Lake Tribune zufolge folgendes gesagt: "Ich habe oft darüber nachgedacht und bin zu der Entscheidung gekommen: Ich will die Utah Jazz verlassen." Das klang sogar noch nett (man kann ja zum Abschied auch leise "Servus" sagen). Offensichtlich hat er das Ansinnen schon vor Wochen der Clubleitung mitgeteilt und nicht erst nach der Europameisterschaft in Spanien, wo er zum wertvollsten Spieler des Turniers ernannt wurde. Aber der offizielle Weg hatte offensichtlich keine Wirkung, weshalb er die öffentliche Erklärung nachschob. Das erhöht den Druck. Denn jetzt wissen die 29 anderen Teams in der NBA, dass einer vielseitigsten Basketballer der Liga (wenn nicht DER vielseitigste) zu haben ist.

Das Tauziehen wird sicher noch ein bisschen anhalten. Womöglich wird Kirilenko das Trainingslager aussitzen, das in ein paar Wochen beginnt und es riskieren, dass man ihn in Salt Lake City als undankbar oder gierig beschimpft. Er bekommt schließlich mit 13,7 Millionen Dollar pro Saion ein überdurchschnittliches Gehalt. Aber das sollte alles nur Geplänkel sein. Während dessen werden die Jazz-Oberen die Angebote sortieren, die ihnen auf den Tisch flattern werden. Zum Beispiel aus Chicago, wo man viel offerieren kann und wo ein Typ wie Kirilenko sofort Wirkung zeigen würde.

Die besondere Qualität dieser Entwicklung besteht jedoch in etwas anderem. Kirilenkos Vorgehensweise wird den guten Europäern wie Nowitzki oder Gasol hoffentlich ein leuchtendes Beispiel sein, dass es an der Zeit ist, ihr sportliches Schicksal mal in die eigenen Hände zu nehmen und Mannschaften und Clubs den Laufpass zu geben, bei denen man das große Ziel nicht erreichen wird, weil immer irgendetwas gerade nicht richtig funktioniert. Obwohl: dass Dirk eine solche Forderung stellt, vermag man sich gar nicht auszumalen. Er tut seit Jahren so, als sei es nach guter alter Nibelungstreue seine verdammte Pflicht und Schuldigkeit zu beweisen, dass er in Dallas einen Titel holen kann - mit einem Team ohne Leute von der Leistungsstufe Steve Nash und Michael Finley.
Blick zurück: Und wir dachten schon, Kirilenko werde einfach brav an seinen Arbeitsplatz zurückkehren...

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