17. September 2007

Notre Dame: Weis weiß nicht weiter


Wir sollten mal über Notre Dame reden. Über den Klang des Namens im amerikanischen College-Football und das Wrack, das daraus geworden ist und wie hässlich es sich dieser Tage bei näherem Ansehen gestaltet. Drei Spiele, drei Niederlagen, kein einziger Touchdown der Offensive Line. Aber ein dicker fetter Fernsehvertrag mit NBC, der noch bis 2010 dem Team als einzigem in den USA exklusive Lizenzeinnahmen garantiert, aber immer mehr an Wert für den Sender verliert, weil die Zuschauerzahlen von seit 1993 (6,2 Millionen Haushalte waren im Schnitt eingeschaltet) auf unter 3 Millionen gefallen sind und weiter sinken werden.

Sagte jemand dick und fett? Angesichts des Sechs-Jahres-Vertrages über 2 Millionen Dollar im Jahr, den Trainer Charlie Weis bekam, als man ihn von den New England Patriots weglotste, sicher kein so falscher Eindruck. Der war in der NFL Offensive Coordinator und ersetzte in Notre Dame einen Trainer, der gefeuert wurde, weil er in seiner letzten Saison eine 6:5-Bilanz aufwies. So hoch waren mal die Ansprüche. In seinen zwei ersten Jahren kam Weis auf Saisonleistungen von 9:2 respektive 10:2. Damit löste er die anfänglichen Erwartungen ein.

Und jetzt das. Wenn ein Deutscher Papst werden kann, warum soll dann nicht eine katholische Universität in den USA beim Footballspiel ins Schleudern kommen? Nichts ist mehr so wie es war. Nicht mal der Mythos vom Touchdown Jesus zieht, der direkt hinterm Stadion an der Wand hängt (siehe Bild). Nicht der Glaube daran, dass eine Mannschaft, die mehr amerikanische Collegemeisterschaften gewonnen hat als jede andere (elf) und sieben Heisman-Trophy-Gewinner hervorgebracht hat, quasi durch Handauflegen die Gegner bezwingt. The Fighting Irish, so der Spitzname, waren sicher mal etwas Besonderes, besonders zu jener Zeit, als College-Football noch dem Profi-Football den Rang ablief und Geschichten über Spieler wie über die Four Horsemen die Runde machten:
"Outlined against a blue-gray October sky, the Four Horsemen rode again. In dramatic lore they are known as famine, pestilence, destruction and death. These are only aliases. Their real names are: Stuhldreher, Miller, Crowley and Layden. They formed the crest of the South Bend cyclone before which another fighting Army team was swept over the precipice at the Polo Grounds this afternoon as 55,000 spectators peered down upon the bewildering panorama spread out upon the green plain below."
So schrieb der Sportjournalist Grantland Rice anno 1924. Epigonen von heute können diese Passage auswendig herunterbeten.

In Notre Dame, was in einer kleinen Stadt namens South Bend/Indiana direkt an der Grenze zu Michigan liegt, haben sie solche Reverenz stets genossen und poliert. So tragen die Spieler nicht nur goldene Helme, sondern bekommen sie jede Woche von fleißigen Kommilitonen frisch lackiert, damit sie im herbstlichen Sonnenlicht so grell glänzen wie nur möglich. Vor jedem Spiel geht die Mannschaft zur einer Messe in der Sacred Heart Basilika, nach der Fans Spalier auf dem Weg zum Stadion stehen, durch das die Spieler marschieren. Nun muss Weis wohl woanders hinpilgern, um himmlischen Ratschluss der Qualitätsstufe extrastark zu finden. Ein lautes plärriges Hosianna, das wusste schon Alois Hingerl, der Münchner im Himmel, reicht nicht. Und dieses Video von seinem legendären Vorgänger Knut Rockne, einem der mitreißendsten Motivatoren, den es im US-Sport je gab, das hat er sicher auch schon hundertmal angeschaut.

Keine Kommentare: