22. März 2009

Geht auf die Galle

Kai Pahl von allesaussersport, der unter dem Namen dogfood bloggt, hat notgedrungen seinen Laden schließen müssen, weil ihm die Ärzte dringend eine Operation an der Galle nahegelegt haben. Von den Untersuchungen im Krankenhaus hat er noch fleißig Twitter-Meldungen abgesetzt. Die bislang letzte von gestern lautete: "In den nächsten Minuten geht es unters Messer. Good-Bye Samstag, Gold-bye Galle." Nun warten wir auf die nächste – hoffentlich gute – Nachricht. Und das nicht nur, weil damit die Aussicht auf eine schnelle Gesundung verbunden ist. Wenn Kai nicht bloggt, fehlt im deutschen Medienwald eine wichtige Stimme. Das betrifft zuerst einmal die pure Qualität seiner Arbeit, aber ebenso die enormen Quantitäten, die er fast täglich bewältigt. So wickelte er zuletzt ein riesiges Pensum zum College-Basketball ab, für das sich in Deutschland eine erstaunliche Menge an Sportkonsumenten interessieren.

Eine solche Leistung nötigt mir jedes Mal sehr viel Bewunderung ab, weil ich abschätzen kann, wieviel Wissen und Energie man braucht, um so etwas auf die Beine zu stellen. In der Kommentarspalte von allesaussersport hat sich aber zuletzt eine Diskussion entwickelt, die den Eindruck erzeugt, dass selbst intensive Leser des Blogs kaum zu schätzen wissen, was ihnen da mit steter Regelmäßigkeit serviert wird. Kostenlos serviert wird, wohlgemerkt. Da wurden lautstark und in einem seltsam kessen Ton Bemühungen von anderen Informationsdienstleistern schlecht gemacht, nur weil sie womöglich eines Tages durch ihre Arbeit ein bisschen Geld verdienen könnten.

Das Internet verdirbt demnach nicht nur die Preise, sondern womöglich auch die Sitten. Der Anspruch, den eine lautstarke Gruppe von Konsumenten vor sich her trägt: dass sie nur lupenreine Idealisten unterstützen wollen. Der Rest wird als "kommerziell" eingestuft und geschmäht.

Mich erinnert diese Haltung an Debatten aus der Zeit, als die ersten Stadtillustrierten aufkamen und einigermaßen Auflagen erzielten. Es ist die elende Diskussion aus dem Umfeld der taz, deren Mitarbeiter sich für die gute Sache jahrelang extrem selbst ausgebeutet haben. Damals wurde von den Lesern am Ende zwar dann doch der jeweilige Copy-Preis bezahlt (was blieb den Usern auch anders übrig, wenn sie die Infos haben wollten?). Aber das Gegrummel über Anzeigenpreise und angebliche und tatsächliche Profite war nicht zu überhören. Und die Leute, die mit viel Engagement und so manchem Risiko die Blätter auf die Beine gestellt hatten und Arbeitsplätze für junge Journalisten und andere Kreative schufen, befanden sich in einem ständigen Rechtfertigungsnotstand. Man nahm ihnen übel, dass sie mit ihren Projekten Geld verdienen wollten.

Die Crux an der Sache ist gar nicht mal, dass es Menschen mit hohen Ansprüchen an den Rest der Welt gibt (hoffentlich lösen sie den auch immer ein, wenn sie selbst an der Reihe sind). Sondern dass da viel zu vieles durcheinander geht. So gehört zu den beliebten unterschwelligen Schmähworten der Begriff des "Geschäftsmodells". Das klingt gut, führt aber im Fall der Medien auf eine völlig falsche Fährte. Medien sind nicht von ungefähr Teil des Grundrechtskonzepts in der Verfassung und werden nicht von ungefähr in eigenen Gesetzen (Pressegesetze, Telemediengesetz, nicht zu vergessen das Urheberrecht) besonders definiert und gesellschaftlich eingeordnet. Sie sind nämlich zuerst einmal überhaupt kein Geschäft, weil Information (und Meinung), genauso wie Wasser und Luft, zu den unerlässlichen Lebensmitteln gehört. Wer an der Arbeit der Medien zuerst einmal nur den wirtschaftlichen Aspekt sieht und nicht deren Aufgabe und Rolle im gesellschaftlichen Kräftespiel, ist ganz bestimmt kein Idealist, sondern entweder ein rettungsloser Zyniker oder ein Wirrkopf.

Kai Pahl, der für seine imposante Bloggerarbeit keinen Pfennig bekommt, war übrigens angesichts des Niveaus der Kommentare zu diesem Thema reichlich ungehalten, was nicht nur an dem Zustand seiner Galle gelegen haben kann. Er deutete an, dass er angesichts solcher Meinungen in einer Situation, in dem womöglich er selbst wegen der von ihm publizierten Informationen oder Ansichten von Machtkartell-Typen aus Verbänden oder Industrie juristisch unter Druck käme, seinen Blog einfach schließen würde. In den nächsten Tagen haben seine Leser Zeit, sich schon mal auszumalen, was ihnen fehlt, wenn es allesaussersport nicht mehr gibt.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

omg

ein Internetleben ohne dogfood geht nicht!

Anonym hat gesagt…

Schließe mich dem Vorredner an ! Denn Sreensport würde ich sehr vermissen und auch die tollen Stories.

Anonym hat gesagt…

Kann mich auch nur anschliessen. allesaussersport ist ein hervorragender Blog, auf dessen Lektüre ich mich stets freu.
Ich wünsche dogfood gute Besserung!