23. März 2009

Geschichten vom Waschlappen

Vor ein paar Tagen stand eine ziemliche brave Geschichte in der New York Times aus Vail, wo ein Reporter der Zeitung Baseballprofi Alex Rodriguez kurz nach seiner Hüftoperation in einem Restaurant abgepasst hatte. Der höchstbezahlte Sportler Amerikas war nicht erfreut, dem Medienmann über den Weg zu laufen. Vail, das Skisportmekka in Colorado, in dem die Stadtplaner gezielt für ein Alpen-Styling gesorgt haben, liegt weit vom Schuss. Er muss gehofft haben, endlich mal seine Ruhe zu haben.

Aber das wird dem Third Baseman der New York Yankees auch weiterhin nicht vergönnt sein. Nachdem er vor ein paar Wochen zu Beginn des Spring Training in Florida eingestehen musste, dass er mehrere Jahre lang Anabolika genommen hatte, wurde jetzt bekannt, dass er lange Kunde eines Prostituiertenrings war. Eine Firma, die vor einem Jahr in den Schlagzeilen war, als bekannt wurde, das auch der Gouverneur des Staates New York sich dort mit jungen Frauen versorgte. Elliot Spitzer trat von seinem Amt zurück.

Die Verwicklung in Prostitution ist gewöhnlich nicht mehr als ein PR-Dilemma, auch wenn sie im Staat New York theoretisch strafbar ist. Denn die Staatsanwälte jagen gewöhlich nur hinter den Frauen her. Es genügt ihnen, wenn sie die männlichen Kunden auf andere Art bestrafen: zum Beispiel durch öffentliche Bloßstellung. Wozu unter anderem auch der simple Sachverhalt gehört: ein Mann, der für Sex bezahlen muss, wirkt immer gleich wie jemand, der auf andere Art bei Frauen nicht zum Zug kommt. Also wie ein Waschlappen.

A-Rod, inzwischen zu A-Roid umgetauft, kann offensichtlich gar nichts richtig machen. Denn ebenfalls dieser Tage kam die Männerzeitschrift Details mit einer Bildstrecke heraus, die Rodriguez als extrem eitlen Gockel zeigt. Okay eitel für das Publikum des Magazins, zu dem jede Menge schwule Männer gehören. Aber nicht okay für die traditionelle Baseballanhängerschaft, die ihre Bewusstseinsspaltungen und ihre romantischen Vorstellungen von den traditionellen Werten und dem Image der Matadoren des Spiels nicht überwinden kann. Schon gar nicht bei einem Spieler, der so viel Geld verdient und dafür trotz zahlreicher guter Nebenleute so wenige World-Series-Erfolge vorweisen kann, nämlich zero. Eine Verarsche in der neuen Late Night Show with Jimmy Fallon folgte auf dem Fuße.

Wie sich das alles auf seine Produktivität und sein Arbeitsverhältnis bei den New York Yankees auswirkt, lässt sich nicht prophezeien. Rund um die Sportart Baseball herrschte schon immer ein erstaunliches Maß an Toleranz, anders etwa als beim Basketball, so schon ein kürzeres folgenloses Handgemenge auf dem Platz zwischen Spielern oder auch mit Zuschauern im Publikum für dramatische Reaktionen sorgt. Eine der Gründe für den Unterschied in der Rezeption dürfte sein, dass im Basketball vor allem Schwarze spielen. Im Baseball hingegen sind die Profis fast allesamt Weiße.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Gewagte These, dass die (meist weißen) Baseballer bei Verfehlungen gnädiger behandelt werden als die (meist schwarzen) Basketballer.

Rassismus?

Wie wäre es mit einer viel harmloseren Erklärung? Schwere Fouls oder gar Prügeleien werden seit jeher im einst körperlosen, akademisch geprägten Basketball anders gesehen als im ehemaligen Arbeiter-/Männersport Baseball.

Oder würden Sie behaupten, dass in Deutschland Prügeleien im Eishockey (ausschließlich Weiße) wesentlich weniger hart bestraft werden als im Fußball (immer öfter Schwarze), weil im Fußball mehr Schwarze spielen?

Jürgen Kalwa hat gesagt…

Ich kann das mit der von Ihnen angebotenen "harmloseren Erklärung" bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Aber das erklärt nicht das zweierlei Maß, dass die Öffentlichkeit an den Tag legt, wenn man mal das Ausmaß der Prügeleien und der Verletzungen mit einer sportjuristischen Elle misst. Das Eishockey außerhalb von Nordamerika würde ich übrigens nicht mit dem in Europa in einen Topf werfen, wenn es um die Bewertung von Schlägereien geht. Im internationalen Eishockey wird sehr viel restriktiver gepfiffen. Und das Publikum ist nicht halb so blutrünstig wie hier bei uns.