6. März 2009

Wenn Münchhausen Baseball gespielt hätte

Es gibt Millionen, die sich an komplett erfundenen Geschichten ergötzen, weil ihnen einfach egal ist, ob die beschriebenen Umstände stimmen oder nicht. Hauptsache die Dramaturgie macht Sinn. Ganze Literaturgattungen wie der Kriminalroman konnten auf diese Weise zum Dauerbrenner werden. Nicht zu vergessen die Märchenkategorie der Gebrüder Grimm.

Es gibt aber vermutlich fast ebenso viele, die immer wissen wollen, wie's wirklich wahr. Die wollen in einem Buch die Realität abgebildet haben. Egal ob es um Schlüsselloch-Geschichten aus dem Alltag der Reichen und Berühmten geht. Oder um das kuriose abenteuerliche Dasein von ganz gewöhnlichen Menschen irgendwo an einer Wegbiegung der Gesellschaft. Weil es diesen Markt gibt, können Bücher wie Odd Man Out entstehen und es bis auf die unteren Ränge der Bestsellerlisten schaffen. Besonders dann, wenn die Ingrediznien verlockend klingen.

In diesem Fall geht es um einen erfolglosen jungen Baseball-Pitcher, der in der Rookie-Welt der vielschichtigen Liga-Strukturen amerikanischer Clubs in Utah anheuert, scheitert, um am Ende lieber Medizin zu studieren. Sein Name: Matt McCarthy. Er lebt inzwischen in New York und macht seinen Facharzt. Sein Problem mit seinem Buch: Zuviele Details, besonders die saftigen und spannenden sind nach Recherchen von zwei New-York-Times-Reportern frei erfunden oder nicht in der behaupteten Version abgelaufen. Was unter anderem den Eindruck verstärkt, dass da jemand, der ganz offensichtlich des Schreibens mächtig ist, ganz gut wusste, wie man die Memoiren eines eher profanen Alltags mit ein paar guten dramaturgischen Überlegungen auf ein spannenderes Niveau hochkitzelt.

Nichts gegen frei erfinden – solange man das deutlich auf den Buchdeckel schreibt. Aber wenn man das unterlässt und so tut, als basiere das Manuskript auf wahren Begebenheiten, riskiert man seinen Ruf. Man wird dann nicht als Erfinder gelobt, sondern als Lügner gescholten.

1 Kommentar:

Jürgen Kalwa hat gesagt…

Das kam heute über die E-Mail-Pipeline. Ein Kommentar, den ich gerne weiter gebe. Die Erklärung für diesen Umweg steht mit drin.

"Hallo Herr Kalwa,
wollte gerne zu Ihrem Blogeintrag einen Kommentar hinterlassen, habe aber leider kein google/blogger Konto. Eventuell koennen Sie den Kommentar ja reinpfriemeln - oder natuerlich weglassen.
Bin jedenfalls froh wieder von Ihnen lesen zu koennen.
MfG
Olaf Orywall



Kommentar:
Habe das Buch - nachdem ich den Vorabdruck in der SI gelesen hatte - gekauft und gelesen. Als weitestgehend Unwissender in Sachen Baseball fand ich Buch sehr unterhaltsam und lehrreich - vor allem was das Minor League System an sich angeht. Schade dass jetzt wohl einiges anders ist als beschrieben (weil da immer die Frage bleibt: Was stimmt denn jetzt). Da bleibt nur die Hoffnung, dass mein jetziges Buch (The Yankee Years) naeher an der Wahrheit ist."