Die Berichterstattung um den Rechtsstreit zwischen dem Deutschen Tennisbund (DTB) und der ATP, die die Turniere der Profis organisiert, verzichtete weitgehend auf ein weitreichendes Detail. Die Klage, die letzte Woche in Wilmington im Bundesstaat Delaware bei der untersten Instanz der amerikanischen Bundesgerichtsbarkeit eingereicht wurde, zielt auf die Weichteile des internationalen Spitzensports. Denn ob in der Welt von Mister Ecclestone oder im Ligasport, nicht zu reden von Blatters Schweizer Sportverein mit dem poetischen Namen FIFA - überall existieren inzwischen Monopole mit enormem Machtanspruch und wirtschaftlichen Druckmitteln, deren Diktatur gewöhnlich von den Beteiligten akzeptiert wird, obwohl sie fast allerorten zumindest gegen den Geist der kartellrechtlichen Bestimmungen verstoßen.
Die Anwälte der Deutschen haben sich in ihrem Kampf für das Hamburger Turnier schlauerweise das amerikanische Kartell- und Wettbewerbsrecht genauer angeschaut (und sicher auch die dazugehörige Sammlung an Präzedenzentscheidungen im Sportbereich) und auf einmal erkannt, dass sie da einen richtig attraktiven Hebel in die Hand bekommen. Die ATP ähnele, so zitiert die Nachrichtenagentur Bloomberg aus der Klageschrift, einem "illegalen Kartell". "Die ATP übt auf künstliche Weise eine Kontrolle über die Zahl der Tennisprofis und der Tennnisturnier aus. Sie hat das getan, um eine bevorzugte Kategorie von Turnieren zu etablieren, in denen die ATP als Miteigentümer ein beachtliches wirtschaftliches Interesse hat, während sie alle anderen ATP-Mitglieds-Turniere auf einen nicht so populären Status reduziert."
Zu den taktischen Entscheidungen des DTB gehört das Anrufen eines Gerichts in Delaware, was ziemlich weit weg vom Standort der ATP liegt, die in Ponte Vedra in Florida residiert. Das hat seinen Grund. Die Bundesrichter in dem zweitkleinsten Bundesstaat der USA sind in wirtschaftsrechtlichen Streitfragen besser geschult und sehr viel kaltherziger gegenüber Unternehmen eingestellt als in den meisten anderen Distrikten. Der letzte Tycoon, der das zu spüren bekam, war der ehemalige Disney-Chef Michael Eisner, der von den Aktionären der Firma verklagt wurde, die seine extrem teure Personalpolitik anprangern wollten. Eisner gewann zwar den Prozess (weil er gegen kein Gesetz verstoßen hatte), verlor aber jede Menge an Glaubwürdigkeit, was den Mythos der Unternehmerpersönlichkeit auf Hutgröße zusammenklopfte.
Die ATP hat sich zu der Klage noch nicht geäußert und wird sicher als erstes beantragen, dass der Fall abgewiesen oder zumindest an einem anderen Ort verhandelt wird. Das Geplänkel wird allerdings teuer. Am Ende wird vermutlich entscheidend für den Verlauf der Angelegenheit sein, wer mehr Geld bei diesem Showdown verliert: der Tennisbund oder die ATP
1 Kommentar:
...Wenn es am Geld hängt dürfte die ATP gewinnen - oder sollte sogar?
Es wäre für den deutschen Tennissport nicht wirklich zuträglich, wenn die größten Investitionen der letzten Jahren ein überteuertes, überflüssiges Stadiondach und Prozesskosten sind (Und das für ein Turnier!) während im Nachwuchsbereich offenbar kein Geld für ein nachhaltiges, nationales Förderkonzept besteht
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