Es gehört schon ein bisschen Grütze dazu, sich ein Statistik-Risiko-Modell zu basteln, dass sich auf solche Entscheidungen eines Head Coaches in einem Football-Spiel anwenden lässt wie die vor einem Fourth Down: Schicke ich den Punter raus oder probiere ich einen Spielzug mit meiner normalen Angriffsformation? Die Lage ist klar. Bei einem Punt gebe ich den Ball an den Gegner ab. Aber der startet den Gegenangriff im Regelfall von einer schlechteren Position aus. Bei einem klassischen Spielzug - sagen wir, der Running Back erhält den Ball - kann ich einen First Down herausholen und in Ballbesitz bleiben, riskiere jedoch für den Fall, dass das nicht klappt, einen Gegenangriff, bei dem der Gegner an Ort und Stelle den Ball übernimmt - ein Nachteil.
Zwei Burschen aus dem Backgammon-Milieu - Frank Frigo und Chuck Bower - haben das Problem computer-analystisch in den Griff bekommen und das Resultat ZEUS genannt. Es zeigt auf, dass Football-Trainer trotz aller an den Tag gelegten Machoallüren viel zu viel Angst vorm Risiko haben (weil ihre Angst davor, ihren Job zu verlieren, größer ist als ihre Bereitschaft, dem Spiel ihren Stempel aufzudrücken). In vielen Fällen verlieren sie dann zwar das Match, aber nicht ihre Reputation, weil das Publikum und das Umfeld darauf konditioniert sind, ähnlich zu denken.
Das Problem betrifft nicht nur Fourth Downs, sondern auch Two-Point-Conversions, Onside Kicks und andere entscheidungsträchtige Situationen. Was das alles mit dem Super Bowl zu tun hat? Frigo und Bower haben im letzten Jahr die Begegnung der Pittsburgh Steelers gegen die Seattle Seahawks analysiert. Das Resultat, das den Seahawks eine ganze Reihe von kritischen Fehlentscheidungen bescheinigt, ist nicht ganz leicht zu verstehen. Deshalb empfiehlt sich das Einlesen in die Materie über das Interview auf dem Blog Gelf Magazine mit den beiden Protagonisten. Nicht schlecht ist darüber hinaus die Lektüre des Esquire-Artikels zum Thema, die Wikipedia-Zusammenfassung und natürlich die Webseite der beiden. Plus: dieses Video auf der Seite von physicist.org. Kleine Vorwarnung: Gelegentliche Zuschauer eines Footballspiels werden von der Betrachtung nicht viel haben (das wären rund 450 000 der ARD-Zuschauer, die Super Bowl XL verfolgt haben). Demgegenüber werden Kenner der Sportart dieser Facette sehr viel abgewinnen können. Denn im Grunde ist Football das Manager-Spiel schlechthin - mit allen möglichen geplanten und möglichst gut kaschierten Konzepten. Wenn aber die Manager (sprich die Head Coaches) selbst nicht mal begreifen, was sie tun, dann wird es doch erst richtig interessant. Nicht wahr?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen