11. Mai 2007

Overkill an der 17

Von allen Sportarten, die es in den USA bis in die oberen Ränge des Einschaltquotentabelle geschafft haben, ist Golf vermutlich die kurioseste. Im Mittelpunkt steht ein klitzekleiner Ball, der sich beim Abschlag an den meisten Bahnen fast einen halben Kilometer vom Zielpunkt entfernt befindet - einem kleinen Loch. Das Spieltempo ist so langsam wie ein Gletscher in den Alpen. Die taktischen Entscheidungen der Hauptpersonen - welchen Schläger sie warum nehmen, wohin sie zielen - bleiben dem Betrachter verborgen (unter anderen auch deshalb, weil ein Golfprofi im Turnier kein Interesse daran hat, seinen Gegnern/Mitspielern wichtige Informationen zukommen zu lassen). Und die erhabenen Worte der zahllosen Reporter, die die ziemlich leere Tonspur (manchmal hört man Vogelgezwitscher) mit ihren ständigen Beobachtungen und Einschätzungen vollquatschen, reichern das allgemeine Rätselraten der interessierten Zuschauer nur an. Antworten auf offene Fragen geben sie nur selten.

Obwohl praktizierender Golfer, Autor einer Tiger-Woods-Biographie und häufig mit dem Thema Golf befasst (wer sich für den 2005 produzierten Dokumentarfilm über die fast hundertjährige Geschichte meines Golfclubs interessiert und mehr wissen möchte, möge sich melden): Der Erfolg von Golf als Fernsehsportart bleibt ein Mysterium. Denn der begann lange vor Tiger Woods, der als neue Galionsfigur die bereits vorhandene enorme Popularität zwar weiter gesteigert hat, aber auf den bereits ziemlich komfortabel ausgebauten Wegen von Leuten namens Jack Nicklaus und Arnold Palmer und Greg Norman losmarschieren konnte.

Man muss davon ausgehen, dass sich ein Fernsehsender wie NBC Sorgen macht, dass das alles auch so bleibt. Sonst würden sie nicht bei der Players Championship in Florida, die seit Donnerstag läuft und gerne als fünftes Major hochgelobt wird, elf Kameras installiert haben, die nur ein einziges Loch im Auge haben: das 17. mit dem inzwischen berühmten Inselgrün. Ich hatte noch nicht die Ehre, das Original zu spielen, sondern nur die Möglichkeit, eine ziemliche perfekte Kopie auf einem Platz in Dallas, der nur aus nachgebauten berühmten Bahnen besteht ("Tour 18"). Ich kenne also das Problem aus Sicht des Spielers, das den Schlag über rund 120 Meter je nach Windverhältnissen zu einem ziemlich riskanten Unternehmen macht. Obendrein liegt die Aufgabe den Turnierteilnehmern kurz vor Schluss der Runde im Weg, was den Kitzel zumindest am Sonntag bei der letzten Runde erhöht. Denn wenn der Ball im Wasser landet, bedeutet das fast immer eine 5 auf der Scorekarte (das Loch ist ein Par 3). Das kann einem die besten Chancen auf einen Sieg oder eine gute Platzierung rauben.

Aber aus Sicht der Zuschauer? Ist das bereits die Essenz der Faszination Golf? Dass ein Ball im Wasser landen kann anstatt auf dem trockenen Grün? Auf dem TPC in Sawgrass hat man ebenso wie auf anderen Golfplätzen der Welt eine ganze Menge an Wasserlöchern zu bewältigen. Die 17 bietet nur mehr Nass und weniger Land. Reicht das bereits aus? Wahrscheinlich liegt der Erfolg dieser einst sehr innovativen Idee von Architekt Pete Dye einfach nur daran, dass die Aufgabe so überschaubar und verständlich zugleich ist. Und dass man beim Bau des Platzes dafür gesorgt hat, dass eine Art Amphitheater entsteht und ein enormes Publikum auf den Rängen das Geschen verfolgt. Die sorgen für Atmosphäre. Die wollen etwas erleben. Die sind wirklich ganz nah dabei.

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