21. Mai 2007

Wir kaufen uns einen Fußball-Club - auf englische Art

Als früher Leser von Wallrafs Unerwünschten Reportagen habe ich mich lange gefragt, weshalb Arbeitnehmer nicht den berichteten Missbrauch abschütteln und ihr Unternehmen übernehmen. Besonders wenn ein schlecht wirtschaftender Besitzer dabei noch ein gutes Geschäft machen würde. Das müssen sich in zunehmendem Maße auch die Fans englischer Teams fragen, die erleben, wie sich Männer mit ganz viel Geld aus fernen Ländern ihre Clubs unter den Nagel reißen und anschließend mit Ihnen, den Fans, Monopoly spielen. Im Fall von Manchester United war die Abwehrhaltung zwar besonders stark, aber auch besonders vergeblich. Die Glazer-Familie aus Florida sitzt heute am Drücker. Und wer ihnen das nicht gönnt hat nur eine Möglichkeit: seine Loyalität an eine andere Mannschaft verschenken. Ich würde mich nicht wundern, wenn just aus dieser Abwendung von ManU eine neue Initiative hervorgeht, bei der sich tausende von Fans mit kleinsten Beiträgen zusammentun und sich ihren Club kaufen. Das Fundament ist bereits gelegt und nennt sich My Football Club, eine Organisation auf der Suche nach 50.000 Menschen, die jeder 35 Pfund einzahlen, um eine Kaufkraft von mehr als 1 Million Pfund an den Start zu bringen. Hochglanz kann man dafür nicht kaufen. Tradition allerdings schon. Angeblich hatte die Gruppe 15 Clubs im Auge, darunter Leeds United, das gerade aus der Premier League abgestiegen ist und im Herzen der englischen Fußballgeschichte sitzt - der Industriezone Manchester-Sheffield-Leeds. Ich weiß nicht, was Wallraf dieser Tage treibt. Er geht ja gerne in den Untergrund. Aber wäre das nicht mal eine Reportage wert? Ziemlich erwünscht wäre es auf alle Fälle (via Sportsbiz).

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ein paar zusätzliche Infos:
Wallraf schreibt jetzt fürs neue, alte "Zeit Magazin" und ist in die Rolle eines Arbeitnehmers in einer prekären Arbeitsssituation geschlüpft (in diesem Fall: Call Center). Ich habe den Artikel noch nicht gelsen, aber er liegt neben mir und wartet aufs gelesen werden.

Leeds ist sogar aus der zweiten Liga abgestigen und so weit ich weiss in die Insolvenz gegangen (also gut zur übernahme geeignet).

Und die von dir beschriebenen Organisationen existieren auch unter dem namen Supporters Club (habe ich zumindest so in Erinnerung, könnten aber auch anders heissen). Das System der übernahme durch die Fans wird in dem sehr guten Buch "Harder, better, faster, stronger" (Die geheime Geschichte des englischen Fusball) von Rafael Honigstein beschrieben.

Ansonsten kann man den Club ja auch noch neu gründen, wie es die Fans von ManU schon gemacht haben, oder aber jene von Salzburg.

Auf jeden Fall sehr gute Arbeit, wie immer, und eine interessante themenauswahl.