Von all den Gerüchten, die durch die NBA tingeln, wo man in fast jeder Stadt ständig das Gefühl hat, das die betreffende Mannschaft umgebaut werden sollte oder wenigstens noch einen guten Mann als Verstärkung braucht, ist dies das beste: Die Golden State Warriors und Chris Webber reden über eine Reunion. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Der Mann, der Mitte der neunziger Jahre im Handstreich eine Playoff-Mannschaft ruinierte und dem damals schon extrem wagemutigen Don Nelson den Job kostete, soll an seinen alten Arbeitsplatz zurückkehren? Warum nicht? Dann darf man zwar annehmen, dass in Webber eine gewisse Maso-Masse blubbert. Aber das muss ja Nelson nicht stören. Vorausgesetzt, der inzwischen 34jährige rennt auf seinen schlabbrigen Knien noch schnell genug nach vorne und beim Gegenangriff wieder zurück.
Ehe irgendjemand die Geschichte dementiert, wollen wir rasch zurückblenden in jene Zeit vor der Rookie-Salary-Cap, in der der Nachwuchs aus dem College mit Ansprüchen in die Liga kam, die geradezu grotesk waren. Webber hatte gerade mit Michigan ("Fab Five") eine gute Show abgezogen und Erwartungen geweckt (genauso wie seine Nebenleute Jalen Rose und Juwan Howard, die wie er später diese Erwartungen komplett enttäuschten, aber ihren Ruf blendend in enorme Verträge ummünzen konnten). Und Nelson hatte sich total in den Forward verguckt. So sehr, dass er den Orlando Magic, die ihn dank ihrer Position in der Draft, gezogen hatten, folgendes zum Tausch offerierte: Penny Hardaway und die völlig überkandidelte Zahl von drei Erst-Runden-Draft-Picks. Dann kam der nächste Fehler: Webber erhielt einen 15-Jahres-Vertrag und eine Garantie von damals unerhört üppigen 74 Millionen Dollar.
Die Sache hatte einen Haken. Webber konnte bereits nach einem Jahr Ultimaten stellen. Und weil ihm die Regieanweisungen von Nelson nicht gefielen, er aber glaubte, er sei bereits ein großer Star, kam es zu einer Trennung. Nelson bekam im Tausch mit den Washington Bullets (heute Wizards) seine drei Picks wieder, aber auch einen schwächeren Spieler: Tom Gugliotta. Die Golden State Warriors schafften danach nie wieder die Playoffs. Erst im letzten Frühjahr gelang ihnen dieses eigentlich mediokre Arbeitsziel - im ersten Jahr nach der Rückkehr von Don Nelson.
Die Episode kostete dem genialisch veranlagten Trainer viel von seiner Reputation und war indirekt für sein kurioses Scheitern in New York verantwortlich, wo sich Patrick Ewing mit ihm rieb und durchsetzte. Nelson verlor den Posten gegen Ende der regulären Saison bei einem Zwischenstand von 34:25 Siegen (man möge das mit der Arbeit von Isiah Thomas vergleichen, der das Geld mit beiden Händen aus dem Fenster wirft, rein gar nichts zustande bekommt und noch immer die Knicks coacht).
Angeblich haben sich die beiden Streithammel inzwischen versöhnt. Möglich. Irgendetwas sagt einem, dass Nelson mit dem Manöver mehr vor hat als eine alte Scharte auszuwetzen und den generösen Großvater raushängen zu lassen. Mehr als nur anzudeuten, dass die beiden damals zusammen etwas auf die Beine hätten stellen können. Aber das wird er uns nicht sagen. Nellie-Ball ist eine Wissenschaft für sich.
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