8. Dezember 2007

Pittsburgh oder Patsburgh?

Die Neigung amerikanischer Medien, vorab die Chancen einer Mannschaft bei einem Footballspiel auszuloten, funktioniert nach dem gleichen Schema. Das ist jenes, mit dem sie sich auch mit Basketball und Baseball beschäftigen. Man kratzt alles mögliche an Datenmaterial zusammen und tut so, als ob eine Footballsaison tatsächlich eine statistische Aussagekraft hat. Das sehen nicht mal Leute so, die sich wahnsinnig gerne aus fachlicher Sicht mit Zahlen und Wahrscheinlichkeitsberechnungen herummühen. Die NFL bietet einfach nicht genug an Stoff, um kümmerliche Quantitäten in Qualitäten umzudenken.

Aber was soll's? Sagen die Unersättlichen. Heute ist Samstag. Und morgen spielen die Pittsburgh Steelers gegen die New England Patriots. Und so müssen angeblich folgende Infos auf den Tisch: Die Steelers sind die Nummer eins in total defense und Nummer 2 gegen das Laufspiel. Aber niemand rechnet dieses merkwürdige Spiel gegen die Miami Dolphins auf durchweichten Rasen heraus, das mit dem Fußballresultat von 3:0 gewonnen wurde. Kassieren die Steelers in dem Match ihren Saisondurchschnitt von 15 Punkten, sieht die Bilanz nur noch halb so gut aus. Wer sich anschaut, gegen wen die Mannschaft bisher angetreten ist, stellt fest: Fast alles waren Schlapptüten vom Format der New York Jets (und gegen die hat man noch verloren). Der einzige Gegner von Belang bisher: die Seattle Seahawks (die hat man allerdings glatt abgefertigt). Mit anderen Worten: Wer behauptet, die Steelers hätten eine Superverteidigung, der träumt.

Mit dem Angriff sieht es nicht minder relativ aus. Aber da das Team im ersten Jahr von Ben Roethlisberger den Super Bowl gewonnen hat und Hines Ward immer noch von der Partie ist, wittern einige: Pittsburgh ist gefährlich. Das sind vermutlich die gleichen, die in den letzten beiden Wochen erlebt haben, wie New England gegen die Philadelphia Eagles und gegen die Baltimore Ravens ausgesehen hat. Und die jetzt schlussfolgern, wenn solche Teams einen Gegner an den Rand der Niederlage bringen können, der zuvor jeden Gegner aus den Angeln gehoben hat, dann müssen das auch die Steelers fertig bringen.

Nichts gegen die Wunschvorstellungen von Leuten, die darauf hoffen, dass die Patriots nicht ungeschlagen davon kommen. Da bislang nur eine Mannschaft eine Saison mit sauberer Weste absolviert hat - die Miami Dolphins anno 1972 - darf man davon ausgehen, dass selbst die besten Teams immer für einen Patzer gut sind. Aber das passiert eher selten gegen starke Gegner, weil dann meistens die Konzentration stimmt, sondern eher gegen Schwache, wenn Überheblichkeit einsetzt. Ist Pittsburgh stark oder schwach? Ich tippe mal, die Patriots fühlen sich herausgefordert. Erst recht nach dieser Provokation von Steelers-Verteidiger Anthony Smith: "Ja ich kann einen Sieg garantieren."

Zu den gröbsten Fehleinschätzungen der letzten beiden Wochen gehört, dass die Patriots in der Verteidigung schwächer geworden sein sollen. Der schärfsten und am besten koordinierten und schnellste Defense der Liga geht gegen Ende der Saison die Puste aus, obwohl sie vom besten Defensive Coordinator der Liga, einem gewissen Bill Belichick betreut werden? Wie wär's mit einer ganz anderen Erklärung: Die Eagles und Ravens verstehen es besser als die meisten Mannschaften, ihre Angriffsspielzüge zu kaschieren. Und beide hatten Quarterbacks im Einsatz, deren Tendenzen die Patriots mangels unmittelbarer Erfahrung nicht annähernd so gut vorab ausgelotet hatten. Roethlisberger kennt man aus dem Effeff.

Also setzen die Wetter auch auf New England - und zwar auf einen Sieg mit mindestens 10,5 Punkten Vorsprung, was man bei einem Point Spread von 48 auf 29:19 umrechnen kann (unter Verzicht auf den Dezimalstellen-Nullfünfer, der ja ohnehin nur aus mathematischen Gründen existiert). Der übertragende Sender CBS setzt allerdings noch immer auf Spannung. Weshalb man sich dort die Hände reibt über die Ansetzung. Nach Angaben von allesaussersport bringt NASN die Begegnung live (ab 22 Uhr deutscher Zeit).

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Dem gibt es leider (aus Sicht eines Steelers-Fans) nicht viel hinzuzufuegen - ausser vielleicht, dass das Spiel in Foxborough stattfindet und Willie Parker sich erhofft, auf einem 'optimalen' Untergrund ein Superspiel abliefern zu koennen - ohne 'rubber arm sleeves' und ohne fumble ;)

Anonym hat gesagt…

Auf dem NASN-Schedule wird die zweite Sonntagspartie schon in der ganzen Saison für 22:00h ausgewiesen. Die Übertragung begann aber nie früher als zu der auf NFL.com ausgewiesenen Zeit. Für Steelers-Patriots wäre das heute 4:15pm. Die Übertragung auf NASN wird also 22:15h beginnen (oder später, wenn Cowboys-Lions länger dauern sollte). Wer also um 22:00h einsteigt, könnte sich also ggf. seine Cowboys-Lions Aufzeichnung verderben. :-)

Anonym hat gesagt…

sehr gut analysiert - und auch deine einschätzung bezüglich reggie bush, vor der saison war wohl richtig. ich hatte damals deinen sachverstand in frage gestellt und muss mich nun dafür entschuldigen. stecker macht gerade einen sehr viel solideren eindruck gegen die falcons als bush während der ganzen saison machte...