13. Dezember 2007

Warten auf den Chor der Mea-Culpa-Artisten

Der Mitchell Report ist draußen und hat umfassend dokumentiert, dass Amerikas Baseball-Profis sich nicht die Bohne dafür interessieren, dass Doping Sportbetrug ist und auf Kosten der eigenen Gesundheit gehen kann. Leute, die im Schnitt mehr als 3 Millionen Dollar pro Jahr brutto verdienen und offensichtlich von der Furcht geplagt werden, dass diese formidable Geldquelle versiegen könnte, wenn sie nicht genug Leistung bringen. Man kann die Namen der in dem Report genannten und als Doper verdächtigten Spieler in dieser Liste nachlesen. Den ganzen Bericht kann man als pdf-Datei bei The Smoking Gun herunterladen.

Eine erste oberflächliche Lektüre bringt folgendes zutage: Nicht erwähnt werden zum Beispiel solche Leistungsträger wie Albert Pujols von den St. Louis Cardinals und Sammi Sosa, einst der Rivale von Mark McGwire, der ebenfalls nicht erwähnt wird. Das hat womöglich damit zu tun, dass er schon eine Weile nicht mehr spielt. Dass Namen fehlen, bedeutet nicht, dass diese Spieler nie etwas mit Doping zu tun hatten. Es bedeutet, dass niemand Herrn Mitchell über sie en detail etwas erzählt hat. Denn das Hauptmaterial für den Bericht kommt aus vier Quellen: den Aussagen von Lieferant Kirk Radomski sowie einem Mann, der bei den Yankees mit der Fixe herumhantierte. Dazu hatte Mitchell Einblick in die Aktenlage der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Albany, die mehrere Dealernetze ausgehoben hat und die Unterlagen aus dem BALCO-Skandal. Ab morgen werden wir dann zwei Geräusche vernehmen: den Chor der Mea-Culpa-Artisten, die öffentlich dem Teufelszeug abschwören und versprechen, nie wieder etwas ähnliches zu tun. Und das rhythmische Stakkato der Dementi(a)-Fraktion, deren musiktheoretisches Feingefühl uns alle auf eine harte Probe stellen wird. Der Krach wird ohrenbetäubend sein.

5 Kommentare:

Philipp Würfel hat gesagt…

Ich denke, der Report wird nur außerhalb vom Baseball große Aufmerksamkeit bekommen. Fans und Insider wußten über die nun genannten Namen doch schon seit einiger Zeit bescheid und sollten nicht so sehr überrascht sein.

Das nun mit Roger Clemens und Barry Bonds die beiden besten Spieler dieser Ära darin aufgeführt sind, ist schon ein wenig krass, kam aber auch nicht unerwartet. Bei Bonds war es klar. Clemens' Name fiel schon damals, als man Jason Grimsleys Haus durchsuchte.

Wichtig ist nun, das die Vorschläge für ein verbessertes Testsystem umgesetzt werden. Man kann an den letzten 20 Jahren sowieso nichts mehr ändern.

Anonym hat gesagt…

Wird es etwa der größte Dopingsandal nach dem Fuentesskandal und der DDR Doper, den die Welt je gesehen hat?

Jürgen Kalwa hat gesagt…

@marcel graf: Das kommt darauf an, wie man "groß" definiert. Die Zahl der geouteten Spieler ist enorm. Der PR-Schaden für die Liga jedoch eher gering. Der Profiradsport verliert Sponsoren und Fernsehverträge. Baseball hatte im letzten Jahr einen neuen Zuschauerrekord. Der Stich geht vor allem ins Herz der Baseball-Puristen, die immer so tun, als sei das Spiel eine Art von Religion - eilig und unverdorben. Aber damit werden die Amerikaner sich auch noch fertig. Das Geschäft muss schließlich weitergehen.

Philipp Würfel hat gesagt…

@marcel graf: Es ist ähnlich einzuschätzen. Aber ein Großteil der Dinge, die darin stehen sind schon seit einigen Jahren bekannt und nichts Neues. Es ist quasi nur eine Zusammenfassung.

Es gibt einen Unterschied zu Fuentes und Co.: Der Bericht wurde öffentlich zugänglich gemacht, während in Europa vieles nur gerüchteweise in Zeitungen herauskommt.

Jürgen Kalwa hat gesagt…

Korrektur zu meinem Kommentar. Es muss heißen: "...heilig und unverdorben. Aber damit werden die Amerikaner sicher auch noch fertig...."